Julian Barnes: Elizabeth Finch

Neil, ein Student, der sich bereits in seinen 30ern befindet, ist völlig fasziniert von seiner Professorin Elizabeth Finch. Sie ist nicht nur eine Dozentin alter Schule, sondern „antiquierter Schule“, wie es einmal im Buch heißt. Sie trägt festes Schuhwerk und redet druckreif und ausgesprochen geist- und kenntnisreich über das Altertum.

Ihre Studenten sind ihr entweder vollkommen hörig, wie Neil, oder lehnen sie rundheraus ab.

Elizabeth Finchs besonderes Interesse gilt der Heiligen Ursula, die angeblich im 4. Jahrhundert gemeinsam mit 11.000 Jungfrauen bei Köln hingerichtet worden ist, und dem letzten heidnischen Kaiser Roms, Julian Apostata. Der hat ebenfalls im 4. Jahrhundert versucht, das Christentum zurückzudrängen. Sie stellt Fragen wie: Wie hätte sich die Welt entwickelt, wenn ihm das gelungen wäre?

Wer sich auf dieses Buch einlässt, sollte ein gewisses Grundinteresse an solchen Themen, aber auch an philosophischen und religiösen Fragestellungen allgemein haben. Weiterlesen

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John Burnside: So etwas wie Glück

John Burnside, geboren 1955, gehört zu den profiliertesten schottischen Autoren. In seiner Storysammlung „So etwas wie Glück“ hat er zwölf Geschichten zusammengestellt, die allesamt vom Gegenteil dessen handeln, was der Titel besagt: In ihnen geht es ausgesprochen unglücklich zu und sie haben allesamt eine melancholisch-traurige Grundstimmung.

Gleich in der ersten Geschichte, „Die Kälte draußen“, geht es um einen todkranken Mann, der so gerne noch einmal seine Tochter sehen möchte, die in Übersee wohnt. Doch seine gefühlskalte Frau weiß das zu verhindern. Auch hier ist der Titel ironisch gemeint. Es müsste „Die Kälte drinnen“ heißen. Weiterlesen

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Cormac McCarthy: Der Passagier

Der 1933 geborene US-amerikanische Pulitzer-Preisträger Cormac McCarthy ist in Deutschland besonders durch seinen Bestseller „Die Straße“ (2006) bekannt. Auch die Romanvorlage zum Kinofilm „No Country for Old Men“ stammt von ihm.

Sein neuestes Werk ist ein inhaltlich zusammenhängender Doppelroman. Teil eins, „Der Passagier“, beginnt mit einem Bergungstaucher namens Western, der in einem Flugzeug auf dem Meeresgrund neun Leichen entdeckt. Es fehlen der zehnte Passagier sowie der Flugschreiber. Bald darauf wird Western von geheimnisvollen Männern verfolgt und muss fliehen.

„Der Passagier“ ist alles andere als leichte Kost. Der Roman wirkt wie Stückwerk, in dem sich eine Szene an die andere reiht, ohne dass sich ein Gesamtzusammenhang erkennen ließe. Weiterlesen

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C. K. McDonnell: This Charming Man

„This Charming Man“ ist der zweite Band der Stranger-Times-Romane des Iren Caimh McDonnell, eines preisgekrönten Stand-up-Comedians und Autors.

Die Stranger Times, eine fiktive wöchentlich erscheinende Zeitung, befasst sich mit allem Unerklärlichen: Geister-Erscheinungen, Ufo-Sichtungen und etwas Derartigem. Regelmäßig wird das skurrile Redaktions-Team dabei selbst in dämonische Machenschaften hineingezogen.

Wer sich diesem zweiten Band zuwendet, sollte unbedingt zuerst Band 1 gelesen haben – andernfalls könnte die Lektüre zu Verständnisproblemen führen, da sich vieles auf den Inhalt des ersten Bandes bezieht.

Und wie in Band 1 ist es vor allem Redaktionsleiter Banecroft, der mit seiner völlig hemmungslosen und ungehobelten Art wieder für eine ganze Reihe von Lachern sorgt. Weiterlesen

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Harald Jähner: Höhenrausch: Das kurze Leben zwischen den Kriegen

Wer schon immer mal wissen wollte, wie es eigentlich genau beim Kapp-Putsch, dem Spartakus-Aufstand oder Hitlers Weg zur Macht zuging, dem sei hiermit ein hochinteressantes Sachbuch empfohlen: „Höhenrausch – das kurze Leben zwischen den Kriegen“ des ehemaligen Feuilletonchefs der Berliner Zeitung, Harald Jähner.

Doch es geht in diesem Buch über die Weimarer Republik keinesfalls nur um Politik. Wir erfahren, wie der „Shimmy“ die Tanzwelt revolutionierte oder wie es im berühmten Berliner Vergnügungstempel „Moka Efti“ zuging, den Fernsehzuschauer schon aus der Serie „Babylon Berlin“ kennen könnten – oder wie der Tonfilm nach anfänglichen Schwierigkeiten dann doch das Kino eroberte.

Auch der Rolle der Frau, dem Arbeitsleben in den Großraumbüros, der Hyperinflation und der Weltwirtschaftskrise sind einige Kapitel gewidmet. Weiterlesen

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Miqui Otero: Simón

Aus Spanien kommt ein Roman, der von einem Jungen handelt, der in Barcelona aufwächst. Seine Familie inklusive Onkel und Tante betreiben eine Kneipe, die so etwas wie das Zuhause für den Titelhelden Simón ist. Es ist herrlich, wie Autor Miqui Otero das sinnbefreite Gerede der Stammgäste beschreibt.

Simón, der unter dem plötzlichen Weggang seines Cousins leidet, wird zum jungen Mann, lässt sich zum Koch ausbilden und lernt ganz unterschiedliche Frauen kennen. Die Beschreibungen dieser manchmal turbulent verlaufenden Liebschaften nehmen einen breiten Raum ein.

Er geht auf Reisen, probiert Drogen und erlebt unterhaltsame Abenteuer. Weiterlesen

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Amor Towles: Lincoln Highway

Überraschend, nachdenklich, witzig, manchmal sogar geradezu weise – all das ist der unbedingt lesenswerte neue Roman des 1964 geborenen Amerikaners Amor Towles. „Lincoln Highway“ heißt er.

Vier Jungs, drei von ihnen waren zuvor in einer Besserungsanstalt, machen sich in einem alten Studebaker auf den Weg in eine vermeintlich bessere Zukunft: Zwei wollen in Kalifornien ihre verschollene Mutter wiederfinden, zwei erhoffen sich durch einen Abstecher in New York einen dicken Batzen Geld.

Von Anfang an läuft ihre Reise alles andere als geplant. Unsere Helden stolpern von der einen in die andere Misere. Sie lernen etwa einen Pater kennen, der wenig ehrenhaft handelt – oder Ulysses, der sich als eine Art Widergänger seines Namensvetters aus dem alten Griechenland entpuppt. Weiterlesen

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Jay Kristoff: Das Reich der Vampire: A Tale of Blood and Darkness

Für alle Vampir-, Horror- und Dark-Fantasy-Fans ist dieses Buch ein Ereignis: düster, blutrünstig und in einer brachialen, modernen Sprache geschrieben, die eins zu eins zum Inhalt passt.

Der Australier Jay Kristoff, neuer Star am Genre-Himmel, erzählt seine apokalyptische Geschichte, die auf drei 1000-Seiten-Bände angelegt ist, in zwei Erzählsträngen: Vor 27 Jahren ist die Sonne unter- und seither nicht mehr aufgegangen. In der mittelalterlichen Welt, in der die Geschichte angesiedelt ist, hat das zur Folge, dass sich die Vampire immer weiter ausbreiten. Einzige Hoffnung sind die „Silberwächter“, Halbvampire, die sich dem Bösen entgegenstemmen.

Einer von ihnen ist Gabriel de Léon, aus dessen Sicht der Roman erzählt ist. In Handlungsstrang eins ist er ein Jüngling, der langsam zum Silberwächter wird. Handlungsstrang zwei spielt viele Jahre später. Gabriel hat viele Schlachten geschlagen und schwere Schicksalsschläge erlitten. Sein Ziel ist es, den König der Vampire zu erledigen. Weiterlesen

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David Mitchell: Utopia Avenue

Rockfans werden dieses Buch lieben. Es handelt von einer fiktiven Rockband namens „Utopia Avenue“, die im England der 60er-Jahre langsam aus dem Nichts aufsteigt und schließlich die Charts erobert. Nach mäßig erfolgreichen Anfängen in kleinen Clubs in Soho findet das kurze Dasein der Band ihren Höhepunkt in einer rauschhaften Amerika-Tournee.

Der britische Autor David Mitchell, geboren 1969, beschreibt das alles auf 750 Seiten derart authentisch und glaubwürdig, dass man immer wieder versucht ist, bei YouTube oder Spotify nach Musik von Utopia Avenue zu suchen.

Da ist Bassist Dean mit seinem gestörten Verhältnis zum Vater. Er ist dauerpleite und im Grunde obdachlos. Da sind Folksängerin und Pianistin Elf mit ihrem verkorksten Männergeschmack und Drummer Griff, der einen schweren Autounfall verarbeiten muss. Der geniale Gitarrist Jasper mit psychischen Problemen macht die Band komplett. Weiterlesen

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Peter Cameron: Was geschieht in der Nacht

Ein namentlich nicht näher benanntes Ehepaar reist mit dem Zug in ein Kaff im verschneiten europäischen Norden, um ein Kind aus einem Waisenhaus abzuholen, das die beiden adoptieren wollen.

Von Anfang an geht alles schief. Das Paar steigt an einem vollkommen verlassenen Bahnhof falsch aus und weiß kaum ins Hotel zu kommen.

Peter Camerons „Was geschieht in der Nacht“ ist ein seltsamer Roman. Die Handlung weist einige Kapriolen auf, die nur schwer nachzuvollziehen sind.

So ist das Verhältnis des Paars von einem permanenten Streit geprägt. Auch erweist sich die todkranke Frau als extrem wankelmütig, was ihre Motivation zur Adoption des Babys angeht. Ein aufdringlicher Geschäftsmann, ein Barkeeper und eine alternde Schauspielerin, die im selben Hotel wie das Paar logieren, spielen ebenso ominöse Nebenrollen wie ein Wunderheiler. Weiterlesen

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