Jason Rekulak: Schlafenszeit

Fesselnder, paranormaler Mysterythriller mit Suchtfaktor – kritisch beleuchtet!

Follow the white rabbit …

Da es innerhalb dieses Genres ein ganz schönes Auf und Ab gibt und dieser Thriller gehypt wird, musste ich natürlich schauen: Was steckt dahinter?

Mallory stand kurz vor einem Sportstipendium, als eine Tragödie ihr Leben zerstörte und sie in die OxyContin-Abhängigkeit trieb. Nach 18 Monaten Abstinenz wagt sie jetzt einen Neuanfang und nimmt einen neuen Job als Kindermädchen für den fünfjährigen Teddy in einem wohlhabenden Vorort an.

Ja, „Schlafenszeit“ ist ein Pageturner, doch mir fehlte der ultimative Drive, der mich so richtig an den Seiten kleben lässt.

Unter dem Lob von Stephen King prangt auf dem Cover: „Albträume erwachen, wenn diese Tür sich schließt“.

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Haruki Murakami: Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

Murakamis 641-Seiten-Roman gliedert sich in drei Teile, in denen die Grenzen von Realität und Traum zunehmend verschwimmen.

Im ersten Teil erinnert sich der Ich-Erzähler, ein namenloser Mittvierziger, an seine ebenfalls namenlose Jugendliebe. Er spricht sie direkt an, als würde sie ihm gegenübersitzen, dabei liegt ihre gemeinsame Geschichte fast dreißig Jahre zurück. Damals erzählte sie ihm von einer fiktiven Stadt, in die sie sich manchmal flüchten würde, einen paradiesischen Ort, an den man nur käme, wenn man seinen Schatten hinter sich ließe. Durch eine Mauer wäre man vom Rest der Welt getrennt, während die Schatten im Grenzgebiet verweilen würden. Da sie ohne ihren Besitzer nicht lange überleben konnten, musste man rechtzeitig zurückkehren. Mit dem Tod hätte man sich gegen die reale Welt entschieden und dürfte auf ewig in der Traumstadt leben.

Schon bald war dem Erzähler klargestellt, dass das Mädchen an die Existenz der Stadt glaubte, und er folgte ihren Gedanken. Gemeinsam erschaffen sie sich eine Parallelwelt, in der sie für immer zusammen sein könnten. Aber als der schwer verliebte Junge die Mauer zwischen Realität und Traum durchbrach, seinen Schatten beim Wachmann der Zwischenwelten zurückließ, um für immer mit seiner großen Liebe zusammen zu sein, erkannte sie ihn nicht und wirkte seltsam unbeteiligt.

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Helene Bockhorst: Der Supergaul

Und es ist doch ein Pferderoman und eine Liebesgeschichte und ein Krimi und …

Bei dieser Geschichte, die die für ihre Kurzgeschichten mehrfach ausgezeichnete Autorin hier erzählt, weiß man manchmal nicht, ob man lachen soll oder den Kopf schütteln.

Berenice nennt sich selbst Tierkommunikatorin und kann – angeblich – insbesondere mit Pferden sprechen. Oder vielmehr deren Gedanken lesen. Das lässt sie sich gut entlohnen von all jenen Pferdebesitzern, die sich um ihre Tiere sorgen und nicht mehr weiter wissen, wenn das Pferd nicht mehr laufen möchte, nichts mehr frisst oder ansonsten irgendwie bockig ist oder traurig guckt oder ähnliches.

Natürlich ist das alles irgendwie Betrug, was ihr der örtliche Tierarzt auch ständig unter die Nase reibt. Und genauso natürlich ist es dieser Tierarzt, der Berenice ständig im Kopf herumgeht, weil er nun mal sehr gut aussieht und sehr nett und sympathisch ist.

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Kiersten White: Das Dunkle in mir: Die Eroberer-Trilogie 01

Willkommen in Siebenbürgen Mitte des 15. Jahrhunderts. Das Osmanische Reich mit dem in Edirne regierenden Sultan Murad II hat seine Macht bis weit den Nord-Osten ausgedehnt. Auch die Walachei, damals unter der Herrschaft Vlad Draculs, steht unter der Aufsicht des Osmanischen Reiches.

Im Mittelpunkt der Ereignisse steht ein Geschwisterpaar – Kinder von Vlad Dracul. Da wäre zum einen der jüngste Sohn Radu, ein körperlich schwacher Geistesmensch, der sich später dem islamischen Glauben zuwendet. Und seine ältere Schwester Dragwyla, wahrlich keine Schönheit, aber brutal, stark, effizient, intelligent und mit ihrer Rolle, aus politischen Gründen verheiratet zu werden, absolut nicht einverstanden.

Als Vlad Dracul vor der Machtübernahme seines älteren Sohnes zum Sultan flieht, werden seine beiden Kinder, wie es Usus ist, für die Unterstützung des Osmanen bei der Rückeroberung der Herrschaft, als Geiseln im Reich zurückbehalten. Sie lernen Mehmet, den Sohn des Sultans kennen, reisen mit diesem in die von ihm regierte Stadt Amasya. Hier lernt die junge Frau von den Janitscharen das Kämpfen, die Brutalität des Herrschens hat ihr vorher bereits der Sultan an seinem Hof demonstriert. Innerlich wird sie getrieben von dem unbändigen Wunsch nach Rache und Freiheit – so beginnt ein steiniger, schmerzhafter Weg, auf dem sie bestialischer sein muss, als ihre Gegner, um letztlich zu obsiegen …

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Jan Beinßen: Der Sommermordclub

Die Mitglieder des Mordclubs sind wieder einmal zum Urlaub zusammengekommen. Der Mordclub, das ist eine Gruppe Senioren, die früher im polizeilichen Dienst Verbrecher verfolgt haben und nun ihren Ruhestand genießen wollen. Und wo ginge das besser, als in einer Villa an der Amalfiküste? Als eine Bekannte sie einlädt, macht die Gruppe sich auf Zeit am Pool und Dolce Vita gefasst – bis in eben diesem Pool eine Leiche schwimmt und alles danach aussieht, als wolle jemand die Ex-Ermittler aus dem Weg räumen.

Die ehemaligen Profis müssen selbst ans Werk, nachdem die Polizei alles als Unfall abtut. Wer könnte es auf sie abgesehen haben? Die Liste der Verdächtigen wird sehr, sehr lang und die Zeit rennt, denn es bleibt nicht bei diesem ersten Anschlag …

Nach „Der Wintermordclub“ treffen wir unsere Lieblingsermittler in Rente nun auch im zweiten Band wieder. Wer gerade eine Lektüre für den Sommerurlaub (eventuell ja auch nach Italien?) sucht, braucht aber kein Vorwissen; die Ermittler werden zu Beginn alle noch einmal vorgestellt und die Geschichte baut nur bedingt auf den bisherigen Ereignissen auf.

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Julia Phillips: Cascadia

Sam, die Protagonistin, lebt gemeinsam mit ihrer Schwester Elena und ihrer Mutter auf der Insel San Juan im Nordwesten der Vereinigten Staaten von Amerika. Die genaue geografische Lage der Insel samt Fährpassage ist am Buchbeginn auf einem Landkartenausschnitt British Columbias zu ersehen, was für den Textinhalt interessant und aufschlussreich ist.

Die schwer erkrankte Mutter der beiden jungen Frauen liegt die meiste Zeit im Bett und muss sich von ihren Töchtern versorgen lassen.

Die jüngere Schwester Sam arbeitet auf einer Fähre. Dort ist sie mit reichen Urlaubern konfrontiert, deren Allüren sie immer wieder frustrieren, da sie selbst ein ganz anderes, armseligeres Leben führen muss und wie ihre Schwester nie genügend Geld zur Verfügung hat. Die ältere Elena arbeitet in einem Golfclub. Beiden Mädchen blieb es trotz Highschoolabschluss verwehrt, einen lukrativeren, besseren Job zu bekommen. Doch Elena und Sam haben einen gemeinsamen Plan. Solange die Mutter noch lebt, ist es für die Töchter eine Ehrensache, deren Versorgung weiter zu leisten. Sobald ihre Mutter gestorben ist, wollen sie das Haus, das einst die Großmutter für die Familie erbauen ließ, um dadurch den Grundstein für eine abgesicherte Existenz in der Mitte der Gesellschaft zu legen, verkaufen. Sie erträumen sich, später irgendwo auf dem Festland zu leben, um dort mit dem Erlös des Hauses endlich ein besseres Leben führen zu können.

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Parker S. Huntington: Darling Venom

Am Valentinstag steigt Charlotte nachts auf das Dach ihrer High School und ist bereit, alles zu beenden. Doch da begegnet ihr an der Stelle der Außenseiter Kellan. Unter andern Umständen hätten sie bestimmt nie miteinander gesprochen, aber in der Nacht ist alles anders, sie schließen einen Pakt: Jedes Jahr am selben Tag, zur selben Zeit, am selben Ort werden sie sich treffen. Kellan verlangt von Charlotte allerdings, dass sie ihn außerhalb dieser Treffen nicht anspricht. In den darauffolgenden Jahren werden ihre Gespräche immer intimer und die Verbindung zwischen ihnen stärker. Bis Charlotte gegen das Versprechen verstößt und fortan mit den Konsequenzen leben muss. Vier Jahre später trifft sie auf Kellans Bruder Tate. Können sie gemeinsam einen Weg aus dem Dunkel finden? 

Der Klappentext sprach mich hier definitiv mehr an als das Cover, denn das fand ich nicht gut gewählt. Den Inhalt des Buches allerdings fand ich gut, die Geschichte ist voller wunderbarer Menschen. Aber hierbei geht es um viel mehr als die typischen BookTokRomancen, die sonst auf der Plattform immer so gehypte sind. Es ist ein Buch voller Trauer, Verlust, Depressionen und vor allem geht es viel um die psychische Gesundheit, die man auch nie außer Acht lassen sollte. Aber auch viele andere Themen spielen eine Rolle, so ist es zwar breit gefächert, aber die Seiten fliegen beim Lesen nur so dahin. Denn auch der Schreibstil ist sehr passend und die Autorin weiß, wie man sich ausdrückt, um die Leser emotional abzuholen.

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Charlotte Roth: Die Stauffenbergs: Eine große Liebe in Zeiten des Krieges

Es ist ein bisschen, wie wenn man in einem Buch die letzte Seite zuerst liest.

Man kennt den Ausgang der Geschichte ja und weiß, es ist kein Happy End! Insofern ist dieser biografische Roman von Anfang an bedrückend. Das missglückte Attentat auf Hitler, am 20. Juli 1944, jährt sich zum 80. Mal, das Erscheinungsdatum des Buches ist also sicher nicht zufällig gewählt. Vielleicht sollte man im Geschichtsunterricht durchaus auch mal solche Bücher einsetzen, statt nur trockener Daten, Fakten und Namen, die sich die Wenigsten merken können oder wollen. Das ein oder andere „Geschichtsbuch“ dieser Art würde vielleicht einiges zum besseren Verständnis beitragen. Auch wenn die Autorin betont, dass die Handlungen ihres Romans fiktiv sind, dass der Roman vor allem eine Liebesgeschichte sei, orientiert sie sich doch eng an den historischen Personen und Ereignissen. Sie hatte nicht den Anspruch, eine Biographie zu schreiben, wohl aber den Wunsch, durch Erfundenes Wahres sichtbarer zu machen. Ich finde, dieser Wunsch wurde ihr erfüllt. Charlotte Roth erzählt uns eine wunderschöne und tieftraurige Liebesgeschichte. Die Geschichte von Nina, Tochter des fränkischen Generalkonsuls und einer baltischen Freifrau. Ihre Familie lebt in Bamberg.

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Moritz Heger: Die Zeit der Zikaden

Moritz Heger (Jahrgang 1971) ist Gymnasiallehrer und Jugendtheatermacher in Stuttgart. Er schreibt Theaterstücke und literarische Texte. 2008 erschien sein Roman „In den Schnee“ und 2021 „Aus der Mitte des Sees“. Am 26. Juni 2024 veröffentlichte der Diogenes Verlag „Die Zeit der Zikaden“.

Auszeit im „Land, wo die Zitronen blühen“

Moritz Heger hat sich für seinen dritten Roman „Die Zeit der Zikaden“ ein Setting ausgedacht, das zwei ältere Menschen an den Wendepunkten ihres Lebens beschreibt.

Die eine, Frau Mattmann, geht als Lehrerin in Pension. Der andere, Johann, braucht von seiner Arbeit als Bestatter eine Auszeit. Alex Mattmann hat sich ein Tinyhaus auf Rädern bauen lassen und will auf Reisen gehen. Johann hat ein altes Steinhaus (Rustico) in Italien geerbt und will dort malen. Das Haus gehörte einst Johanns Onkel, dem Maler Renat. Alex und Johann lernen sich auf der Hochzeit von Alexs ehemaliger Schülerin Wibke mit Johans Sohn Dominik kennen. Irgendwann lädt Johann Alex nach Ligurien ein. Und sie fährt mit ihrem Tinyhaus hin und stellt es in seinem Garten ab. Johanns Frau Marion scheint das nicht zu stören. Zwischen Alex und Johann entwickelt sich langsam und vorsichtig eine Beziehung. Beide sind im Aufbruch zu etwas Neuem oder wenigstens Anderem in ihrem Leben.  Und dann taucht Johanns Tochter Nora im Rustico auf.

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Monika Helfer: Der Stoff

Der Residenz Verlag publiziert seit einigen Jahren die Reihe „Dinge des Lebens“. Verschiedene Autorenbeschreiben darin ihre Verbindung zu scheinbar alltäglichen Gegenständen. Die hübschen Büchlein tragen Titel wie „Das Buch“, „Die Kamera“ oder „Der Schlüssel“. Von der österreichischen Autorin Monika Helfer liegt nun „Der Stoff“ vor. Helfer legt darin in Textminiaturen ihre Beziehung zu Stoffen dar. Wie eine bunte Patchwork-Decke muten ihre unterschiedlich langen Textstücke an. Dabei gibt die Autorin auch einen Einblick in ihr Leben und sie skizziert, wie sie, die begeisterte Näherin, ihr Leben lang Textilien begleitet haben. Es geht um „Haut und Hülle“, „Die Magie der Stoffe“ oder„genähte Erinnerungen“. Einen Satz findet man dabei immer wieder: „Ist der Mensch arm, wird der Stoff billig sein, ist er noch ärmer, sind es Lumpen, mit denen er sich bedeckt. Ein reicher Mensch zeigt sich im Feinen.“

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