Christian Handel: Die Nacht der Königinnen

Alix ist zwar eine Adelige, aber eher ein Wildfang. Das wird ihr noch zugutekommen. Erst einmal ist sie aber eingeladen. Denn der (verhasste) König möchte eine Braut. Zu diesem Anlass gibt er – wie in jedem guten Märchen – ein Fest und lädt die Adelstöchter des Königreiches im heiratsfähigen Alter dazu ein. „Einladen“ ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck, denn weigern kann man sich so gut wie nicht – eine blitzschnelle Heirat mit irgendwem oder der Gang ins Kloster böte sich noch als Ausweg an. Alix reist also in die Stadt und wird von einer Verwandten auf die Festlichkeiten vorbereitet. Schon am Ende des ersten Abends läuft es ganz anders als geplant. Die Mädchen dürfen nicht nach Hause zurück, sondern ihre Sachen wurden bereits ins Schloss geholt und sie bekommen je zu zweit ein Zimmer – und nein, natürlich seien sie keine Gefangenen. Trotz Konkurrenz werden erste Freundschaften geschlossen, was nicht ganz so schwer ist, wie es sich anhört, weil ja eigentlich die Wenigsten den (verhassten) König heiraten möchten.

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Brandon Sanderson: Weit über der smaragdgrünen See

Tress ist ein ganz gewöhnliches Mädchen, das auf einer Felseninsel inmitten des smaragdgrünen Ozeans lebt. Sie ist ganz sicher keine Heldin. Sie ist Fensterputzerin. Sie sammelt Tassen und backt Pasteten. Aber als ihre große Liebe Charlie, der Sohn des Herzogs, von einer Reise nicht zurückkehrt, macht Tress sich auf die gefährliche Fahrt über die Meere, um ihn zu suchen.

Nachdem sie sich von der Insel schmuggeln konnte – denn niemand darf den kargen Salzfels verlassen – fangen die Probleme erst richtig an. Denn das Meer ist kein normales Meer, wie wir es kennen, sondern besteht aus magischen Sporen, die von den Monden herabfallen und bei Kontakt mit Wasser tödlich werden können.

Ausgerechnet hier wird Tress dann auch noch von Piraten abgefangen und ihr Abenteuer nimmt seinen Lauf.

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Tim Berger: Ein Häppchen Mord

Das Cover hat mich neugierig gemacht. Der Teller Spaghetti mit Tomatensauce, in dem senkrecht ein Messer steckt, rundum (Blut?)- dunkelrote Spritzer.

Blutrünstig ist dieser unterhaltsame, leichte Krimi allerdings überhaupt nicht. Gemordet wird hier mit Gift. Angeblich lässt diese Methode ja auf eine Frau als Täterin schließen, aber man soll ja keine voreiligen Schlüsse ziehen, schon gar nicht als Leser. Die einzig relevanten Frauen hier haben auch eigentlich überhaupt kein Motiv – sie würden sich nur selber schaden. Weder Gina, die Seniorchefin im „Salento“ noch Donatella, ihre Kellnerin, würden ja wohl einen Gast vergiften und so dem Ansehen der Trattoria Schaden zufügen. Und Camilla, Inhaberin und Küchenchefin im veganen Nobelrestaurant „Camilla’s“ hätte ja wohl schon überhaupt kein Interesse daran, ihren guten Ruf aufs Spiel zu setzen und den angestrebten ersten Stern, mit einem Giftmord leichtfertig aufzugeben. Pikantes Detail: in beiden Restaurants verstirbt am selben Abend und zur gleichen Zeit ein Gast, nachdem er Salsicce gegessen hatte.

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Julja Linhof: Krummes Holz

Inzwischen ist Georg volljährig und verlässt das Internat, das die letzten fünf Jahre sein Zuhause war. Es war eine Zeit der Abstinenz von seinem Vater Georg, seiner Schwester Malene, der Großmutter Agnes und von Leander, dem Sohn des Hofverwalters. Georgs Ziel ist der elterliche Hof. Er trägt den Namen Krummes Holz und steht unter anderem für den nicht so ertragreichen Boden.

Schon vor Monaten hat Malene ihn gebeten, zurückzukommen, weil sie seine Hilfe braucht. Und kaum ist er angekommen, prallen Fremdheit und Vertrautes aufeinander. Der abgewirtschaftete Betrieb, die Abwesenheit des Vaters und eine demente Großmutter passen nicht zu einer Heimkehr, die ein Willkommen widerspiegeln sollte. Ohne darauf vorbereitet zu sein, spürt Georg die Narben auf seiner Seele. Sie wollen aufbrechen, während er krampfhaft versucht, sie mit Macht zusammenhalten.

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Jan Schomburg: Die Möglichkeit eines Wunders

München, Fin de Siècle:  Kultur und Wissenschaft sind im Umbruch. Von moderner Kunst bis zur Eroberung des Luftraumes schwankt die Gesellschaft zwischen Ratio und Aberglaube. In einer sich immer schneller entwickelnden Welt sucht die vermögende Oberschicht Zuflucht im Okkultismus. Geister, Ektoplasma, schwebende Gegenstände …  dank moderner Gerätschaften kann man vieles davon nun „nachweisen“, aber genauso gut fälschen.

Mitten im Geschehen befindet sich der später titulierte „Geisterbaron“ Albert von Schrenk-Notzing, der sich zeitlebens über diesen Spitznamen geärgert hat. Schließlich will der therapeutische Hypnotiseur, Arzt und Forscher übersinnliche Phänomene rein wissenschaftlich ergründen. Ihn interessiert die Kraft des Geistes und der Seele (dank Sigmund Freud zusehends in Mode kommend!). Kann der Mensch durch bloße Willenskraft Dinge in Bewegung setzen? Ist er fähig, Visionen oder Geister zu empfangen, wenn sein „Ich“ mittels Hypnose außer Kraft gesetzt wurde?

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George Saunders: Tag der Befreiung

Der US-Amerikaner George Saunders (Jahrgang 1958) erhielt 2017 für seinen Debütroman „Lincoln im Bardo“ den Man Booker Prize. Auch sein letztes Buch „Bei Regen im Teich schwimmen“ aus dem Jahr 2022 über die Geschichten russischer Schriftsteller wurde ein Bestseller. Am 13. März 2024 erschienen nun im Luchterhand Literaturverlag neun neue Stories von Saunders unter dem Titel „Tag der Befreiung“. Frank Heibert übersetzte sie aus dem amerikanischen Englisch.

Befreiung ist nicht gleich Freiheit

Die titelgebende Geschichte „Tag der Befreiung“ ist die längste und auch verstörendste Story in diesem Buch. Saunders erzählt von Menschen, die ihrer Identität beraubt wurden, künstlich mit Wissen versorgt werden und zum „Künden“ an Wänden fixiert werden. Wenn sie sprechen, ohne dass es ihnen erlaubt ist, riskieren sie eine Strafe.

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Mary Beth Keane: Sieben Tage einer Ehe

Szenen einer Ehe: Emotionaler, aber etwas zäh erzählter Roman

Ein Ehepaar mit unerfülltem Kinderwunsch ist das Zentrale in diesem ruhig und einfühlsam geschriebenen Roman. Sprachlich reicht er an die früheren Werke der Autorin heran, dabei ist er jedoch irgendwie ein wenig leblos.

Malcolm, Barkeeper und damit in seinem Traumberuf tätig, hat sich vor einer Weile seinen größten Wunsch erfüllt und eine Bar als Eigentümer übernommen. Jess, überbeschäftigte Anwältin, wartet hingegen seit Jahren auf die Erfüllung ihres größten Wunsches, ein Kind.

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David James Poissant: Sommerhaus am See

Wer auf psychologisch glaubhafte und gut durchdachte Familiendramen steht – so wie sie etwa Jonathan Franzen oder Richard Ford bis zur Perfektion beherrschen -, der sollte sich einen neuen Namen auf seine Leseliste nehmen: David James Poissant. Der Amerikaner seziert in seinem Debütroman „Sommerhaus am See“ sechs Menschen, die ein gemeinsames Wochenende in einem Ferienhaus verbringen.

Da gibt‘s etwa den aggressiven Säufer, der sich seine Sucht nicht eingestehen will, den homosexuellen Drogenabhängigen, der die häufigen Seitensprünge seines Partners nicht verkraftet, oder die Schwangere, die ihr Kind behalten will, obwohl sie mit ihrem Partner vereinbart hat, kinderlos zu bleiben.

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Cleo Konrad: Tödlicher Podcast

Nina ist Putzkraft. Aber eine ganz besondere. Sie sucht sich ihre Kunden aus und ist für sie alle mehr als nur die Putzfrau. Sie ist Seelentrösterin, Helferin in der Not und vieles mehr. Dabei hört sie den Podcast „Verbrechen Berlin“ von Malu. Eines Tages sucht diese eine Putzkraft und Nina bewirbt sich. Sie wird genommen und ist überglücklich. Aber bei Malu ist nicht alles so, wie es zu sein scheint und die beiden Frauen haben mehr gemeinsam, als der Leser sich am Anfang vorstellen kann. Weiter möchte ich den Inhalt nicht spoilern.

Das Buch beginnt mit der Transkription zu einer Podcast-Folge, dann stellt Nina sich vor. Alleinerziehende Mutter einer fast erwachsenen Tochter, sie spricht in der Ich-Form und wie wir am Ende wissen, ist sie zwar gesprächig, erzählt aber nur das, was sie will.

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Eva Reichl: Lügendorf

Nach „Todesdorf“ und „Rachedorf“ liegt nun mit „Lügendorf“ der dritte Band der Thriller-Serie rund um die Protagonistin Diana Heller vor. Diese kehrt zurück in ihr Heimatdorf. Sie kauft und renoviert ein altes Haus. Bei einem Spaziergang entlang des Dorfbaches machen spielende Kinder sie auf menschliche Knochen aufmerksam. Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um die sterblichen Überreste von Stefanie Sipenthaler handelt, die vor vierzehn Jahren verschwunden ist.

Steffi hat der Clique rund um Diana angehört. Jemand hat ihr den Kopf eingeschlagen. Nora, damals Steffis beste Freundin und jetzt Dianas beste Freundin, gerät ins Fadenkreuz der Ermittler. Die Handlung entwickelt sich in endlosen Dialogen. Was ist vor vierzehn Jahren passiert? Wer hat was gemacht, gesehen oder verabsäumt? Mit einem Mal gibt jemand Diana KO-Tropfen in ihre offen daheim herumstehende Weinflasche und sie wacht im Wald auf. Natürlich kann sie sich an nichts erinnern.

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