Christiane Wünsche: Es bleibt doch in der Familie

Erbschaftsstreitigkeiten und die Suche nach der eigenen Identität sind die beiden großen Themen, die die Autorin in ihrem berührenden Familienroman aufgreift. Sehr einfühlsam, eindrucksvoll und in einem sehr ansprechenden Stil.

„… sie verfluchte sich selbst, über der Erbschaftsgeschichte aus dem Blick verloren zu haben, was das Leben eigentlich ausmachte: die Bindung, ja die Liebe zu denen, die ihr nahestanden.“ Das ist sicher einer der zentralen Sätze in diesem Roman mitten aus dem Leben. Wer schon einmal etwas geerbt hat, was mit anderen geteilt werden musste, kennt bestimmt die Erfahrung, dass Neid, Missgunst, Eifersucht und vor allem eigene Interessen viel kaputt machen können. So manche Familie ist über das Erben zerbrochen. Dass man auch wieder zusammenfinden kann, wird hier anschaulich dargestellt.

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Alexandra Benedict:  Das tödliche Christmas Game

Seichter, unspannender Krimi voller Sentimentalität

Ein neuer Weihnachtskrimi aus der Feder der britischen Autorin. Deren ersten Weihnachtsroman „Mord im Christmas Express“ ich ganz wunderbar fand, da hatte alles gestimmt, Setting, Spannung, Plot, Figuren, Auflösung.

Leider hat das Ganze dann schon beim folgenden Band „Das mörderische Christmas Puzzle“ nicht mehr so hundertprozentig funktioniert, obwohl dort zumindest die Protagonistin wirklich gelungen gezeichnet war.

Nun also, pünktlich zur entsprechenden Jahreszeit, ein neuer Roman. Der mich allerdings so gar nicht erfreuen konnte. Dafür waren der Stil zu sentimental, die Figuren zu flach, die Spannung so gut wie nicht vorhanden und der Krimiplot mühsam und unnötig verwickelt konstruiert.

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David Szalay: Was nicht gesagt werden kann

David Szalays Roman Flesh – in deutscher Übersetzung erschienen unter dem Titel Was nicht gesagt werden kann – ist ein stilles, eigentümliches Werk, das sich um eine Hauptfigur dreht, die ebenso schwer fassbar wie verstörend faszinierend wirkt. Szalay, 1974 in Kanada geboren und seit Jahren als einer der präzisesten Beobachter unserer Gegenwart geschätzt, steht mit diesem Buch auf der Shortlist des Booker Prize.

Ein Held wider Willen
Protagonist István ist ein Mann, der Gesprächen ausweicht und Worte meist nur als Echo zurückgibt. „Ob es mir gut geht?“ fragt er, wenn man ihn selbst danach fragt. Auf knapp 400 Seiten wiederholt sich dieses Muster – irritierend, lakonisch oder subtil entlarvend, je nach Lesart. Szalay zeichnet damit das Bild eines Getriebenen, der kaum handelt, sondern reagiert, hinnimmt, was andere für ihn entscheiden, und in Bahnen gerät, die nicht die seinen sind.

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Eva-Maria Bast: Das Orangenblütenversprechen

Der Bau der Eisenbahnlinie von Soller nach Palma, Anfang des 20. Jahrhunderts bildet den Rahmen dieses emotionalen Familienromans um eine mutige junge Frau, die sich über viele Widerstände und alle Konventionen ihrer Zeit hinwegsetzt, um die Existenz der Orangenbauern in der Region Soller zu sichern. Ohne diese Eisenbahnlinie ist deren Existenz bedroht. Die Transportwege, entweder über den Coll de Soller, einen kurvigen, engen Gebirgspass oder über den Seeweg, waren risikoreich und wetterabhängig, damit auf Dauer kaum rentabel. Die Bahnlinie sollte den Transport erleichtern und die Wirtschaft von Soller ankurbeln. Doch der Bau drohte zunächst zu scheitern, weil es an Investoren mangelte, die bereit waren, den sehr teuren Bau mit vielen Tunneln zu finanzieren, aber auch die Widerstände der Händler in Palma groß waren. Maria kämpft um die Existenz der Plantagen, um die Zukunft der eigenen Familie und ihrer Freunde. Sie kämpft für ihre Region und scheut sich nicht, einflussreiche Männer persönlich aufzusuchen, um ihnen ihr Anliegen zu unterbreiten und sie um ihre Unterstützung zu bitten.

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Piper Rayne: The one I left behind

Ben Noughton ist der Golden Boy seiner Familie. Doch nach dem Ende seiner Footballkarriere steht der Ex-NFL-Spieler an einem Scheideweg. Obwohl zu Hause seine Brüder und die Ranch auf ihn warten, fällt ihm die Rückkehr in die alte Heimat nicht leicht. Als er mit siebzehn die Kleinstadt in Nebraska verließ, ließ er auch seine erste Liebe Gillian zurück. Diese reagiert alles andere als erfreut, als sich ausgerechnet Ben als neuer Footballcoach ihres Sohnes entpuppt. Die alleinerziehende Mutter würde ihrem Exfreund am liebsten aus dem Weg gehen – zu sehr reißt seine Gegenwart alte Wunden auf. Doch Ben ist entschlossen, alles zu tun, damit ihre Liebe eine zweite Chance bekommt.

Es gibt viele Charaktere, doch keiner von ihnen ist wirklich tiefgründig oder konnte mich besonders berühren. Stattdessen wirken sie alle recht oberflächlich, und ich fand keinen Zugang zu ihnen – genauso wenig wie zur Geschichte selbst. Auch diese blieb flach, vorhersehbar und bot kaum Überraschungen. Immer wieder wird zwar betont, wie harmonisch die Beziehung der beiden sei, doch gespürt habe ich davon nicht viel. Tiefgehende Gespräche fehlen fast völlig; stattdessen dreht sich vieles nur um das Körperliche. Vielleicht habe ich mich deshalb auch nie wirklich wohl mit dem Buch gefühlt.

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Caryl Lewis: Wilder Honig

Caryl Lewis (Jahrgang 1978) lebt in Wales, sie ist Autorin und Dramaturgin. Für die BBC schreibt sie Drehbücher. Ihr Roman „Wilder Honig“ ist am 13. September 2025 in einer Übersetzung von Monika Köpfer bei Klett-Cotta erschienen.

„Wilder Honig“ ist eine Geschichte von Bienen und Menschen

Im Buch lernen wir zuerst Hannah kennen, deren Ehemann John gerade verstorben ist. Hannah lebt in ihrem Elternhaus in dem kleinen walisischen Ort Berllan-Deg, den sie noch nie verlassen hat. John war Linguist und Imker. Sein Leben bestand aus Büchern und Bienen. Er hinterlässt Hannah elf Briefe. Hannahs Haus ist von einem alten Obstbaumgarten umgeben, der zusehends verwildert. Zu Johns Beerdigung besucht Hannahs jüngere Schwester Sadie sie in Berllan-Deg. Die Schwestern haben sich lange nicht mehr gesehen. Hannah zieht sich in ihrer Trauer zurück, Sadie ordnet Johns Nachlass und lebt sich nur langsam wieder in ihrem alten Zuhause ein. Johns Testament enthüllt, dass er eine Tochter hat. Hannah, die sich vergeblich ein Kind gewünscht hat, ist entsetzt. Sie fühlt sich um ihre Liebe und ihr Leben mit John betrogen. Trotzdem will Hannah die junge Frau namens Megan kennenlernen. Also reist Megan auf Einladung von Sadie nach Berllan-Deg. Hannah empfängt sie kühl. Sadie hat nach der Trennung von ihrem Mann endlich zu sich selbst gefunden und sich eingestanden, dass sie Frauen liebt. Allerdings hat sie ihre Freundin Anne vor den Kopf gestossen und wurde von ihr verlassen.

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Ian Raine: Save My Drowning Dreams

Adair versus Amelie.
Ein Workaholic, der sich selbst im Weg steht und nicht über seine Probleme spricht. Eine Filmstudentin, die unter einem Schicksalsschlag leidet. Die Protagonist*innen aus „Save My Drowning Dreams“ von Ian Rain sind komplette Gegensätze. Dieser Gegensatz spielt von Anfang an die Hauptrolle und bildet den roten Faden des New-Adult-Romans.

Weitere Themen, die der Autor meiner Meinung nach gleichwertig in die Geschichte eingeflochten hat, sind Sonne, Kleinstadt, Freundschaft, persönliche Träume und der eigene Lebensweg. Besonders das Kleinstadtfeeling hat mich schnell gepackt und wurde realitätsnah beschrieben – ich habe mich als Leserin dort sofort wohlgefühlt. Außerdem vermittelte mir der Roman ein angenehmes Urlaubsgefühl, das sich hoffentlich auch für einen der Protagonisten eingestellt hat. Ein zentrales Thema ist zudem die mentale Gesundheit und die Frage, warum bestimmte Dinge offener angesprochen werden sollten.

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Josi Wismar: Fractured Fates

„Liebe muss mehr sein als nur die Wahl zwischen Vernunft und Gefühl.“ (~Fractured Fates)

Isabelle bleiben drei Monate, um zu beweisen, dass ihre Schwester Vee unschuldig ist, und herauszufinden, wer wirklich hinter dem Mord an Maxwell Davenport – dem einflussreichen Sprössling der Londoner High Society – steckt. Als Holly begibt sie sich in eine Welt, in der Macht und Geld alles bestimmen. Dort trifft sie auf Carter, den Bruder von Max – ihr perfekter Zugang zu der Familie, die Vee vernichten will. Je näher sie ihm kommt, desto schwieriger wird es für Holly, zwischen vorgetäuschten Gefühlen und echter Zuneigung zu unterscheiden. Zwischen Lügen, Verrat und Liebe muss Holly sich fragen, was sie bereit ist zu opfern. Vor allem, wenn die Wahrheit tödlich ist.

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Julie Caplin: Das kleine Zuhause in Prag

Wenn Sie schon einmal in Prag gewesen sind, werden Sie dem Zauber dieser Stadt sicher rasch wieder verfallen. Wenn Sie Prag noch nicht kennen, werden Sie sicher bald mal hinfahren wollen. Das ist irgendwie das Geheimnis dieser „romantic escapes“-Reihe –, die Lust, die Orte des Geschehens auch selber mal zu besuchen. Egal ob Kroatien, Frankreich, Italien, Paris, Tokio, Brooklyn oder eben Prag. In jedem dieser Wohlfühl-Romane schafft es Julie Caplin, die Atmosphäre, das Wesen, den Reiz einer Stadt oder Region einzufangen und den / die Leser dafür einzunehmen. In einen Sessel kuscheln oder auf dem Sofa lang machen und sich einfach mal mitnehmen lassen oder wegträumen. Mehr wird nicht verlangt.

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Jojo Moyes: Ein ganz besonderer Ort

Eher enttäuschend – dröge und sentimentale Geschichte, neu aufgelegt

Es kommt immer wieder vor – und immer wieder zeigt sich, dass es nicht unbedingt eine gute Idee ist. Die Neuauflage älterer, wenig erfolgreicher Romane, sobald eine Autorin berühmt ist und alle ihre Bücher gekauft werden, ob gut oder schlecht.

Diese Neuerscheinung war zuerst 2004 unter dem Titel „Suzannas Coffee-Shop“ herausgekommen. Die damals titelgebende Suzanna soll, auch laut Klappentext, die Protagonistin des Romans sein. Leider – ein absolutes No Go in einem Roman – tritt die Figur erst auf Seite 85 (!) zum ersten Mal auf.

Vorher muss man sich durch etliche Seiten arbeiten, die aus verschiedenen Perspektiven geschrieben sind, ohne dass man erfährt, in welcher Beziehung die auftretenden Personen zu der angeblichen Protagonistin stehen.

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