Seichter, unspannender Krimi voller Sentimentalität
Ein neuer Weihnachtskrimi aus der Feder der britischen Autorin. Deren ersten Weihnachtsroman „Mord im Christmas Express“ ich ganz wunderbar fand, da hatte alles gestimmt, Setting, Spannung, Plot, Figuren, Auflösung.
Leider hat das Ganze dann schon beim folgenden Band „Das mörderische Christmas Puzzle“ nicht mehr so hundertprozentig funktioniert, obwohl dort zumindest die Protagonistin wirklich gelungen gezeichnet war.
Nun also, pünktlich zur entsprechenden Jahreszeit, ein neuer Roman. Der mich allerdings so gar nicht erfreuen konnte. Dafür waren der Stil zu sentimental, die Figuren zu flach, die Spannung so gut wie nicht vorhanden und der Krimiplot mühsam und unnötig verwickelt konstruiert.
Hauptfigur ist Lily, eine junge Frau, nach dem Tod ihrer Mutter aufgewachsen bei ihrer Tante, zusammen mit deren Kindern Sara und Gray. Die Familie lebte in einem großen Landhaus, welches Lily aber seit vielen Jahren nicht mehr besucht hat, so wie sie auch den Kontakt zu allen anderen Familienmitgliedern abgebrochen hatte. Doch nun bittet sie ihre inzwischen verstorbene Tante in einem hinterlassenen Brief, für dieses Weihnachtsfest wieder nach Hause zu kommen, um wie üblich ein Christmas Game zu spielen.
Diesmal ist der Gewinn sehr hoch, denn wer das Spiel gewinnt, bekommt Haus und Vermögen. Lily will weder das eine noch das andere, aber in dem Brief macht ihre Tante Andeutungen, dass Lilys Mutter nicht, wie angenommen, Selbstmord beging, sondern ermordet wurde. Das Spiel soll Lily nun zum Täter oder der Täterin führen.
Natürlich fährt Lily also hin zu dem abgelegenen Haus, natürlich kommen alle Cousins und Cousinen ebenfalls und natürlich gibt es einen heftigen Schneesturm, so dass man von der Außenwelt abgeschnitten ist. Einziges anwesendes Nicht-Familienmitglied ist die Hausdame Mrs Castle.
So beginnen die jungen Leute ihr Spiel, doch es dauert nicht lange und es gibt die erste Leiche. Weitere folgen, jeder verdächtigt jeden und ganz offensichtlich will hier jemand alle Konkurrenten um das Erbe auslöschen. Besonders gefährdet ist Lily, die ohnehin rechtlich die eigentliche Erbin wäre.
Nach und nach zeigen sich die Beziehungsgeflechte zwischen den Verwandten und Lily fragt sich, wem sie noch trauen kann. Ist es richtig, ihrem Lieblingsvetter Tom zu vertrauen oder ist Ronnie der ehrlichere? So geht es durch den ganzen Roman, ohne das wirkliche Spannung aufkommt.
Denn zum einen ahnt man ziemlich früh, wer der Täter ist, zum anderen sind die Spannungselemente so plump gesetzt, sind die Emotionen und Ängste der Figuren so dick aufgetragen, dass es nicht überzeugen kann.
Vor allem das Emotionale wird in diesem Krimi krass überbetont, Lilys Gefühle füllen zu viele Seiten, ihre ständigen Tränen, ihre sentimentalen Erinnerungen an ihre Mutter, die starb, als Lily acht Jahre alt war, all das ist mir zu penetrant und eigentlich in einem Krimi auch fehl am Platz.
Erstaunlich ist auch der große Stilunterschied zwischen diesem Roman und „Mord im Christmas Express“. Man kann nur mutmaßen, dass das – nicht nur, aber auch – an der Übersetzung liegen könnte, die hier von einer anderen Übersetzerin erfolgte als dort. Oder die Reihenfolge, in welcher die Romane erscheinen, ist nicht die, in welcher die Autorin sie schrieb.
Fazit: Ein Krimi, dem es an Spannung und Überraschungen, an gelungenen Wendungen und an interessanten Figuren mangelt, der stattdessen zu emotional, zu sentimental ist.
Die von der Verfasserin in der Geschichte verpackten Rätsel für die Leserinnen und Leser sind dann noch ein nettes Gimmick.
Alexandra Benedict – Das mörderische Christmas Game
Originaltitel: The Christmas Murder Game
aus dem Englischen von Elisabeth Schmalen
Tropen, September 2025
Klappenbroschur, 384 Seiten, 17,00 €
Diese Rezension wurde verfasst von Rena Müller.