Alina Bronsky: Pi mal Daumen

Berührende Freundschaft zweier liebenswert skurriler Figuren in einem etwas unfertigen Roman

Es gibt Träume, für die lohnt es sich zu kämpfen, Träume, die man nicht aufgeben soll, so schwer es auch fällt, weiter an sie zu glauben. Darum geht es vor allem in diesen neuen Roman von Alina Bronsky, der Autorin mit einer Vorliebe für besondere Charaktere.

Hier treffen zwei sehr besondere Figuren aufeinander. Oscar Maria Wilhelm Graf von Ebersdorff, 16-jähriges Mathegenie, der mehrere Klassen überspringen konnte und nun sein Mathematikstudium an der Universität seiner Wahl beginnt. Und Monika Kosinksy, 53, Mutter, Großmutter, Tochter und Schwester, die in mehreren Jobs arbeitet, um über die Runden zu kommen. Auch Monika beginnt das Mathe-Studium und sitzt vom ersten Tag an in den Vorlesungen neben Oscar.

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Clare Chambers: Scheue Wesen

Fesselndes, auf wahren Ereignissen beruhendes Drama – hervorragend geschrieben

Schon allein auf dieses wunderschöne Cover könnte man Hymnen singen. Es passt perfekt zum Inhalt dieses genialen Romans, ebenso wie der Titel. Denn die Protagonisten der Geschichte sind in der Tat sehr scheue Wesen.

Was sich aber im Laufe der Zeit ändert. Zu Beginn ist die im Mittelpunkt stehende Helen, Anfang dreißig und ledig, sehr schüchtern und zurückhaltend. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, dass sie mit einem verheirateten Kollegen eine Affäre hat. Sie arbeitet als Kunsttherapeutin in einer psychiatrischenKlinik in London, es ist das Jahr 1964.

Da wird sie eines Tage zusammen mit Gil, ihrem Liebhaber, der einer der leitenden Ärzte der Klinik ist, zu einem alten Haus gerufen. Nach Beschwerden der Nachbarn hatte die Polizei in diesem Haus eine verwirrte alte Dame gefunden und einen völlig verwahrlosten jungen Mann. William Tapping, so sein Name, spricht nicht, sein Bart reicht ihm bis zu den Knien, er hat offensichtlich seit Jahrzehnten das Haus nicht verlassen, keinen Kontakt zu anderen Menschen als seiner Tante gehabt.

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Francesca Segal: Willkommen auf Tuga

Eintauchen in eine geschlossene Inselgemeinschaft – Roman mit hohem Wohlfühlfaktor

Die gute Nachricht zuerst: Laut Klappentext ist dies der erste Band einer Trilogie, wir dürfen uns also auf ein Wiedersehen mit den Tuganern freuen.

Denn sie zu treffen, ihre Gemeinschaft zu beobachten, ihr Leben und ihren Umgang miteinander zu verfolgen, das ist Genuss pur. Das lernt auch Charlotte Walker, die – fast wie auf einer Flucht – für ein Forschungsjahr auf die abgelegene Insel reist. Ihr Forschungsgebiet sind die Goldmünzenschildkröten, die nur dort zu finden und vom Aussterben bedroht sind.

Charlotte, ein bisschen verklemmt, ein bisschen schüchtern, mit sehr wenig Selbstvertrauen ausgestattet, sucht auf Tuga vor allem Abstand zu ihrer dominanten Mutter. Und sie sucht dort nach ihrem Vater, über den sich ihre Mutter beharrlich ausschweigt. Außer der mehr als vagen Vermutung, dass er aus Tuga stammen könnte, weiß Charlotte so gut wie nichts über ihn. Weiterlesen

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Jessica Lind: Kleine Monster

Wenn eine Mutter ihrem Kind nicht mehr traut – schwieriger Roman

Dieser Roman ist nicht nur wegen des Themas schwierig, sondern für mich auch wegen der Protagonistin. Wenn ich die Hauptfigur eines Romans nicht mag, wenn sie mir unsympathisch ist, hat es der Roman schwer, mich zu erreichen. Daher wurde ich nicht nur mit Pia, die diese Geschichte in Ich-Form erzählt, nicht warm, sondern eben auch mit dem ganzen Roman.

Pia und ihr Mann Jakob werden in die Schule ihres siebenjährigen Sohnes Luca gerufen, es sei „etwas vorgefallen“. Doch niemand, weder die Direktorin noch das beteiligte Mädchen und noch viel weniger Luca selbst erzählen, was denn genau vorgefallen ist.

So steigert sich Pia nach und nach immer mehr in diesen Vorfall hinein, mal glaubt sie, die anderen Beteiligten übertreiben, denkt, die Eltern der anderen Schüler:innen schneiden sie, schließen sie aus. Mal misstraut Pia ihrem eigenen Sohn, beginnt ihn zu beobachten, interpretiert in alles, was er tut, sagt oder eben nicht sagt oder tut, einiges hinein, traut ihm irgendwann auch das Schlimmste zu.

Ganz anders ihr Mann Jakob, der all das viel entspannter angeht, der sich nicht getrieben fühlt von der Meinung anderer, sondern seinem Sohn vertraut, der Luca glaubt, was immer dieser auf die insistierenden Fragen antwortet. Weiterlesen

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Gudrun Eiden: Nach uns das Leben

Vier alte Herren trauern, denn ihr Chor gibt auf. Es gibt keinen Nachwuchs mehr, die derzeitigen Chormitglieder sind alt und müde. Daher sehen sie nun ihrem letzten Auftritt entgegen.

Das ist allerdings für diese vier Männer mehr als schmerzlich, denn der Chor war für sie wie eine Heimat, ein Hafen, fast eine Familie. Hier haben sie sich wohlgefühlt, konnten reden und gemeinsam schweigen, viele Jahre lang.

Vor diesem letzten Auftritt veranlasst sie das, auf ihr Leben zurückzublicken – ein Leben, das für keinen von ihnen ein Zuckerschlecken war. Der Roman folgt den Gedanken von Hugo, Otto, Hans und Carl, die sich auf den Abschiedsauftritt vorbereiten. Jeder der Männer bekommt ein Kapitel, in welchem seine Geschichte, die Geschichte seiner Familie, seines Lebens erzählt wird. Weiterlesen

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Kimberly McCreight: Die perfekte Mutter

Das Etikett Thriller passt so gar nicht auf diesen Roman, dazu fehlt es an Spannung, an Suspense und an Tempo. Stattdessen bietet die Geschichte zu viel Selbstmitleid, zu viel Tränendrüse, zu viel Drama.

Molly, die bisher in einer Mütterberatungsstelle gearbeitet hat und jetzt bei der Zeitung ihres neuen Wohnortes tätig ist, bekommt unverhofft den Auftrag, über eine aufgefundene Leiche zu berichten. Sie ist weder als Journalistin ausgebildet noch gehörten solche Aufgaben bisher zu ihrem Bereich. Molly ist verheiratet mit Justin und Mutter der fünfjährigen Ella. Und sie ist traumatisiert durch eine Totgeburt, die aber bereits ein paar Jahre zurückliegt, sie jedoch in tiefe und langanhaltende Depressionen stürzte, aus denen sie noch immer nicht ganz herausfand.

Umso schlimmer für sie, dass die gefundene Leiche ein Baby ist. Durch ihre Recherchen findet sie heraus, dass es zwar in der Kleinstadt bislang noch keine Morde, dafür aber am jetzigen Fundort der Babyleiche einen tödlichen Unfall gab vor ein paar Jahren.

An dieser Stelle wechselt abrupt die bislang in Ich-Form erzählte Perspektive und wir folgen nun der jungen Sandy, deren Handlung in der dritten Person erzählt wird. Sandys Mutter Jenna ist verschwunden, der Vermieter droht wegen ausstehender Mietzahlungen mit Rauswurf. Weiterlesen

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Petra Pellini: Der Bademeister ohne Himmel

Im Mittelpunkt der Geschichte, die anrührend ist und nachdenklich macht, steht die fünfzehnjährige Linda. Sie erzählt in Ich-Form von ihrer Freundschaft zum sechsundachtzigjährigen Hubert, den sie lieber besucht als die Schule.

Linda wächst bei ihrer Mutter auf, der Vater ist verschwunden, doch beide weinen ihm nicht nach, denn er schlug auch schon mal zu. Doch zwischen Linda und ihrer Mutter fehlen oft die Worte, sie scheinen nicht dieselbe Sprache zu sprechen. Als ein neuer Mann in das Leben der Mutter tritt, wird es nicht besser.

So ist es auch eine Art Flucht, wenn Linda so oft wie möglich zu ihrem Nachbarn Hubert geht. Der immer mehr seiner Demenz verfallende Mann wird von Ewa versorgt, einer Polin, die mit Fachkenntnis, Akribie und Liebenswürdigkeit ihre Arbeit versieht. Beauftragt wurde sie von Huberts Tochter, die Linda nur den „Nachtfalter“ nennt. Denn die Tochter ist überfordert mit dem zunehmenden Verfall des Vaters, ist hilflos im Umgang mit dem Mann, der nie so reagiert, wie man es erwartet. Weiterlesen

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Calla Henkel: Ein letztes Geschenk

Überraschungshighlight – spannend, verblüffend, wendungsreich, lesenswert

Diese Autorin werde ich mir merken. Wenn sie immer so gut schreibt wie in diesem Roman, dann hat sie einen neuen Fan gewonnen. Die Geschichte um Esther, die sogenannte Scrap Books gestalten soll, ist so voller Kapriolen, Wendungen, Höhepunkten und Spannung, dass man den Roman verschlingen muss.

Esther, die sich selbst als Kunsthandwerkerin beschreibt und Bücher von Hand bindet, lernt auf einer Vernissage die reiche Naomi kennen. Von ihr erhält sie den Auftrag, als Geburtstagsgeschenk für deren Ehemann Alben zu gestalten, sogenannte Scrap Books.

Den Auftrag nimmt Esther allerdings erst an, als sie von ihrer Lebenspartnerin Jessica verlassen wird und nun die Hypothek für das gemeinsame Haus allein tragen muss. Daraufhin erhält sie von Naomi eine ganze LKW-Ladung von Kisten mit Material für diese Alben, eine Kiste pro Jahr über viele Jahre. Darin hat Naomi alles aufbewahrt: Fotos, Kassenbelege, Klassenarbeiten und Zeugnisse ihrer Tochter, Elternbriefe, Einladungen, Zeitungsausschnitte und Kontoauszüge, auch aus der Firma ihres Mannes. Wichtigste Regel für den Auftrag: Absolute Verschwiegenheit, dafür muss Esther Naomi bürgen und etliche Unterschriften leisten. Auch der gesamte Kontakt zu ihrer Auftraggeberin verläuft auf sehr geheimnisvolle Weise.

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Catherine Cusset: Janes Roman

Etwas altertümlich anmutende Lebensgeschichte einer Frau in mittleren Jahren

Es klingt nach einer interessanten Story, nach einem spannenden Geheimnis, entwickelt sich aber leider zu einer eher drögen und zähen Geschichte.

Jane ist Professorin für französische Literatur, geschieden und lebt allein. Eines Tages liegt vor ihrer Tür ein Paket, darin das Manuskript eines Romans. Sein Titel: Janes Roman, der Inhalt: ihre Lebensgeschichte, oder vielmehr all ihre Liebesgeschichten.

Unverzüglich vertieft sich Jane in die Lektüre, liest Seite um Seite und rätselt, wer der Absender, der Verfasser dieser Seiten ist. Ständig geraten andere Menschen aus ihrem Leben, ihrer Vergangenheit in Verdacht, immer wieder ändert sie ihre Meinung.

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Helene Bockhorst: Der Supergaul

Und es ist doch ein Pferderoman und eine Liebesgeschichte und ein Krimi und …

Bei dieser Geschichte, die die für ihre Kurzgeschichten mehrfach ausgezeichnete Autorin hier erzählt, weiß man manchmal nicht, ob man lachen soll oder den Kopf schütteln.

Berenice nennt sich selbst Tierkommunikatorin und kann – angeblich – insbesondere mit Pferden sprechen. Oder vielmehr deren Gedanken lesen. Das lässt sie sich gut entlohnen von all jenen Pferdebesitzern, die sich um ihre Tiere sorgen und nicht mehr weiter wissen, wenn das Pferd nicht mehr laufen möchte, nichts mehr frisst oder ansonsten irgendwie bockig ist oder traurig guckt oder ähnliches.

Natürlich ist das alles irgendwie Betrug, was ihr der örtliche Tierarzt auch ständig unter die Nase reibt. Und genauso natürlich ist es dieser Tierarzt, der Berenice ständig im Kopf herumgeht, weil er nun mal sehr gut aussieht und sehr nett und sympathisch ist.

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