Charlotte Roth: Die Stauffenbergs: Eine große Liebe in Zeiten des Krieges

Es ist ein bisschen, wie wenn man in einem Buch die letzte Seite zuerst liest.

Man kennt den Ausgang der Geschichte ja und weiß, es ist kein Happy End! Insofern ist dieser biografische Roman von Anfang an bedrückend. Das missglückte Attentat auf Hitler, am 20. Juli 1944, jährt sich zum 80. Mal, das Erscheinungsdatum des Buches ist also sicher nicht zufällig gewählt. Vielleicht sollte man im Geschichtsunterricht durchaus auch mal solche Bücher einsetzen, statt nur trockener Daten, Fakten und Namen, die sich die Wenigsten merken können oder wollen. Das ein oder andere „Geschichtsbuch“ dieser Art würde vielleicht einiges zum besseren Verständnis beitragen. Auch wenn die Autorin betont, dass die Handlungen ihres Romans fiktiv sind, dass der Roman vor allem eine Liebesgeschichte sei, orientiert sie sich doch eng an den historischen Personen und Ereignissen. Sie hatte nicht den Anspruch, eine Biographie zu schreiben, wohl aber den Wunsch, durch Erfundenes Wahres sichtbarer zu machen. Ich finde, dieser Wunsch wurde ihr erfüllt. Charlotte Roth erzählt uns eine wunderschöne und tieftraurige Liebesgeschichte. Die Geschichte von Nina, Tochter des fränkischen Generalkonsuls und einer baltischen Freifrau. Ihre Familie lebt in Bamberg.

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Sia Piontek: Die Sehenden und die Toten

…. „vermute ich, dass jemand den Augapfel einfach aufgestochen und dann die Masse rausgedrückt hat. Danach kann man den Sehnerv und die Augenmuskeln zum Beispiel mit einer kleinen Schere durchtrennen. …“

Wenn das für Sie zuviel ist, dann sollten Sie es sich überlegen, ob Sie diesen Krimi wirklich lesen möchten. Andererseits, wenn Sie bis hierhin gekommen sind, haben Sie schon 65 Seiten gelesen. Oder verschlungen. Aus der Hand legen, fällt schwer, wenn man erst mal angefangen hat. Finde ich. Zimperlich ist sie nicht in ihren Beschreibungen, das muss man der Autorin lassen! Aber ihr Stil ist schnörkellos, fesselnd und die Story von den ersten Seiten an packend. Und Beschreibungen wie die oben zitierte kommen dann auch eher nicht mehr vor.

Es muss etwas Gravierendes gewesen sein, das Carla Seidel, Kriminalhauptkommissarin aus Hamburg ins Wendland verschlagen hat – und dann noch als einfache „Dorfpolizistin“ nach Danneberg. Wer macht das freiwillig? Und mit einer 17-jährigen Tochter, die doch bestimmt lieber in der Stadt leben würde als auf dem platten Land? In Randbemerkungen, Nebensätzen, Erinnerungsfetzen erfahren wir so nach und nach, was Carla und Lana veranlasst hat, die Großstadt zu verlassen. Carla findet sich mehr oder weniger ab mit Knöllchen und kleinen Delikten, Lana ist verschlossen, eine Einzelgängerin, aber nicht unbeliebt an der neuen Schule.

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Melanie Metzenthin: Unsere kurze Ewigkeit: Margarethe und Fritz Krupp

Sie hatte kein einfaches Leben. Geboren als Margarethe, Freiin von Ende, viertes von zehn Kindern des preußischen Oberpräsidenten August Freiherr von Ende. Margarethe war die älteste Tochter. Sie wurde schon früh mit hausfraulichen Arbeiten betraut, besuchte lediglich für zwei Jahre eine höhere Töchterschule. Sie setzte sich gegen die strenge Mutter, zu der sie erst spät ein recht gutes Verhältnis entwickelte, durch, mit dem Wunsch, ein Lehrerinnenseminar zu besuchen und als Gouvernante zu arbeiten. Zunächst in England, danach am Hof von Sachsen-Anhalt, wo sie die Bekanntschaft der Prinzessin Maria-Anna machte, die später zu einer engen Freundin und Vertrauten wurde. Fritz Krupp lernte sie als junges Mädchen bei einem Besuch des Vaters in Essen, in der Villa Hügel kennen. Mit seiner Mutter verband sie von Anfang an eine freundschaftliche Beziehung. Fritz und Margarethe waren sich ebenfalls freundschaftlich verbunden. Sein Heiratsantrag, den er ihr in England machte, kam durchaus überraschend.

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Leonie Schöler: Beklaute Frauen

Haben Sie schon mal was von Clara Immerwahr, Cécile Vogt, Mileva Maric gehört? Wahrscheinlich eher nicht. Schade eigentlich, denn diese und eine Unzahl anderer Frauen sollten eigentlich mindestens so bekannt sein wie die Männer, mit denen oder für die sie gearbeitet, geforscht haben oder künstlerisch tätig waren. Bis zum 20. Jahrhundert wurden Frauen leider in der Regel belächelt und nicht für fähig gehalten, eigenständig zu denken, geschweige denn Großes zu leisten.

Weder in der Wissenschaft, noch in der Kunst. Pablo Picasso z.B. sprach den Frauen dieses Können ganz offen ab, ließ sich aber gerne von ihnen inspirieren oder nutzte sie als Muse. Ebenso Karl Marx, der seine Familie entsprechend „ausnutzte“. Bertolt Brecht arbeitete intensiv mit Elisabeth Hauptmann zusammen, einer jungen Schriftstellerin, die als seine Assistentin arbeitete und ihn auf die „Beggar’s Opera“ aufmerksam machte und die sie dann für ihn übersetzte. Auf der Übersetzung dieser Gesellschaftssatire basierte dann die „Dreigroschenoper“.  Elisabeth Hauptmann erhielt für ihre Mitarbeit ein Honorar, ihre inhaltliche Mitarbeit wurde nie erwähnt. Oder Mileva Maric, die in Zürich Mathematik und Physik studierte, gemeinsam mit Albert Einstein.

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Rebekka Eder: Hyazinthenschwestern

Alba Sonntag lebt mit ihren vier Schwestern, mit denen sie allerdings zerstritten ist, auf Gut Boxhagen, nicht weit von Berlin. Jede für sich mit eigenem Anwesen, inmitten riesiger Hyazinthenfelder. Die Familie lebt vom Verkauf der bunten Blumen, aber lediglich Alba lebt für die Anzucht und Veredelung der Blumen, das Gärtnern. Sie drückt sich gerne in der Sprache der Blumen aus, jede Blume und Pflanze hat eine ganz eigene Bedeutung, aber auch jede Farbe einer Blume kann etwas Besonderes ausdrücken. So sagen weiße Hyazinthen etwa: „Ich lieb allein die Gleichgesinnten“, die blauen: „Du bleibst mir ewig eine schmerzliche Erinnerung“, Eisenkraut meint: „Verzeih mir“, die Nelke bedeutet Liebe und Mut. Und so weiter und so fort.

Alba kennt alle Bedeutungen und nutzt sie intensiv zur Kommunikation – nicht nur mit ihren Schwestern. Die Bedeutung der Blumen spielt eine zentrale Rolle in diesem historischen Roman, der uns mitnimmt in eine schwierige, zerstrittene Familie mit einigen dunklen Geheimnissen, über die wir im Laufe der Erzählung dann mehr erfahren. Alba leidet ganz offensichtlich unter diesen

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Heike Specht: Die Frauen der Familie Feuchtwanger

310 eng bedruckte Seiten geballtes Wissen und akribische Recherche über „Die Frauen der Familie Feuchtwanger“, rund 200 Jahre Geschichte der Familie hat Heike Specht in diesem umfangreichen Werk, das sie selbst „eine unerzählte Geschichte“ nennt, aufgearbeitet. Biografisch, aber keine Biografie. Wie gewohnt bestens recherchiert, historisch fundiert und dennoch flüssig zu lesen. Die Faszination für die Familie, von der den meistens wahrscheinlich spontan nur der Name „Lion Feuchtwanger“ etwas sagt, spürt man in jedem Kapitel. Die fundierten Kenntnisse entstammen nicht zuletzt der Tatsache, dass Leben und Wirken von vier Generationen dieser deutsch-jüdischen Familie – wie die Autorin sie beschreibt: ein bisschen bayerische Buddenbrooks, ein bisschen Löwengrube, ein bisschen Shitsel – Thema ihrer Dissertation gewesen sind. Das besondere Augenmerk liegt hier allerdings auf den Frauen, die die Familie über Generationen hinweg geprägt und zusammengehalten haben. Mit Frömmigkeit und Geschäftssinn, Pioniergeist und Wagemut.

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Karina Urbach: Das Haus am Gordon Place

Ein Krimi für alle Fans der Spionagethriller. Ein gekonnter Mix aus Fakt und Fiktion, denn die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten, die die Autorin, selbst promovierte Historikerin, geschickt einbindet in die Geschichte um den Historiker Professor Hunt und die ehemalige britische MI6 Agentin Daphne Parson, die in den letzten Jahren des 2. Weltkrieges und den ersten Jahren der Nachkriegszeit in Wien stationiert war und als Abhörspezialistin vor allem in einem extra dafür gegrabenen Tunnel unter der Wiener Innenstadt tätig war. Erzählt wird in zwei Zeitebenen. Einmal eben in der Zeit um 1944 / 1948 und dann wieder in der Jetzt-Zeit.

Der britische Historiker Professor Hunt staunt nicht schlecht, als er, kaum auf dem Flughafen in New York gelandet, von Emma Spencer, einer britischen Geheimdienstagentin festgenommen und mit dem nächsten Flugzeug zurück nach London gebracht wird. Ausgerechnet in seiner Wohnung, in einer der teuersten Gegenden Londons, eben am Gordon Place, ist ein Mord geschehen. Sein Nachbar. Aber was hatte der in seiner Wohnung zu suchen?

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Anne Stern: Das Opernhaus: Rot das Feuer

Elise Jacobi, geborene Spielmann, hat sich in Dresden mittlerweile einen Namen als begnadete Violinistin gemacht. Ihr Wunsch nach Anerkennung ihres Könnens wurde also erfüllt. Nicht zuletzt hat sie das den Kontakten ihres wesentlich älteren Ehemannes, des Komponisten und Journalisten Adam Jacobi zu verdanken. Dessen ist sich Elise durchaus bewusst, was sie aber nicht daran hindert, auch immer mal wieder, im Rahmen einer Soirée oder eines Empfanges, im Gespräch, mit ihrer Meinung zur Kunst nicht hinter dem Berg zu halten. Sehr zum Missfallen ihres Ehemannes, der streng auf Etikette und Konventionen achtet und der Meinung ist, Frauen haben keine Meinung zu haben.

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Alexander Schwarz: Bertha Benz und die Straße der Träume

Wer den Namen „Bertha Benz“ hört, denkt sicher gleich an die erste Autofahrt der Welt. 1888 war es die Ehefrau des Erfinders und Ingenieurs Carl Benz, die dem ersten selbstfahrenden Wagen zum Durchbruch verhalf. Bertha hatte es einfach satt, dass ihr Mann über Jahre und Jahrzehnte an einem Projekt tüftelte und feilte, Zeit und damit auch wertvolles Geld investierte, ohne dass es je zu einem Ende kam. Carl war voller Ideen und machte viele Erfindungen, aber mit Geld konnte er nicht umgehen und an Unternehmergeist fehlte es ihm.

Ohne Bertha wäre seine Firma mehr als einmal pleite gegangen. Das Leben an Carls Seite ist für Bertha nicht leicht. Wäre ihre Liebe nicht so stark, wäre sie sicher verzweifelt. Bertha glaubt an den Erfolg ihres Mannes. Immer wieder steht sie ihm zur Seite, steht harte und entbehrungsreiche Zeiten mit ihm durch, bis hin zur Pfändung all seiner Maschinen und Werkzeuge durch den Gerichtsvollzieher. Carl steht wieder einmal vor dem Nichts, kann nur noch kleine Aufträge annehmen und muss alles von Hand machen. Bertha ermutigt ihn, weiterzumachen. Von nun an kümmert sich Bertha um alles Finanzielle. Mit zwei Geschäftsleuten, die an Carls gute Arbeit glauben und in seine Firma investieren, geht es wieder aufwärts. Allerdings sehen die beiden es nicht gerne, dass Carl viel Zeit auch weiterhin an die Entwicklung seiner selbstfahrenden Maschine verschwendet.

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Charlotte Jacobi: Blütenweiße Träume

„Onkel Hugo hat mir erzählt, dass ihr an etwas forscht, das meiner Oma beim Waschen hilft. Damit sie nicht mehr so schrumpelige Hände hat.“ …. „Es heißt Natriumperborat, zusammen mit dem Natriumsilikat, das ist das Wasserglas, das Fritz Henkel senior früher verkauft und damit seine Firma begründet hat, sowie Soda und Seife entsteht eine Mischung, die dafür sorgt, dass die Wäsche ganz von selbst sauber wird.“
„Wasserglas“ das war für mich bisher ein Glas, aus dem man Wasser trinkt.

Dass das auch ein Begriff in der Chemie ist, habe ich in diesem Roman über die Familie Henkel und die Entstehung des  Waschmittels „Persil“ erfahren. Genau wie ich einiges gelernt habt über die Herkunft des ein oder anderen Begriffs, zum Beispiel: blaumachen. „Blaumachen“ ist ein Begriff, der beim Stoffe färben entstanden ist. Damit die Stoffe, die vorher mit möglichst alkoholhaltigem Urin gefärbt worden waren (ja, wirklich mit Urin! Der übrigens auch zum Waschen genutzt wurde), blau wurden, mussten sie in der Sonne trocknen. In dieser Zeit hatten die Färber Pause und konnten „blaumachen“.

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