Nichts für schwache Nerven. Aber Tsokos-Fans wissen, dass der schreibgewandte Prof. für Rechtsmedizin keine Rücksicht auf die nimmt, denen beim Anblick von Blut oder schon beim Lesen detaillierter Beschreibungen von Wunden, Sektionen oder Auffindsituationen schlecht zu werden droht. Schon ein Blick auf die Innenseite des Covers lässt einen ganz schnell entscheiden, ob man wohl weiterlesen möchte oder lieber doch nicht. Wie immer präzise, sachlich, kompetent und realistisch werden auch im dritten Band um die Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao, seit Kurzem stellvertretende Leiterin der rechtsmedizinischen Spezialeinheit „Extremdelikte“ beim BKA, die Vorgänge im Seziersaal beschrieben. Schon die meist mehrzeiligen Kapitel-Überschriften verdeutlichen den Stil, in dem hier mehr berichtet als erzählt wird. Kurz und knapp, informativ, strukturiert, präzise und (fast) emotionslos.
Weiterlesensabine-ertz
Julie Caplin: Das kleine Zuhause in Prag

Wenn Sie schon einmal in Prag gewesen sind, werden Sie dem Zauber dieser Stadt sicher rasch wieder verfallen. Wenn Sie Prag noch nicht kennen, werden Sie sicher bald mal hinfahren wollen. Das ist irgendwie das Geheimnis dieser „romantic escapes“-Reihe –, die Lust, die Orte des Geschehens auch selber mal zu besuchen. Egal ob Kroatien, Frankreich, Italien, Paris, Tokio, Brooklyn oder eben Prag. In jedem dieser Wohlfühl-Romane schafft es Julie Caplin, die Atmosphäre, das Wesen, den Reiz einer Stadt oder Region einzufangen und den / die Leser dafür einzunehmen. In einen Sessel kuscheln oder auf dem Sofa lang machen und sich einfach mal mitnehmen lassen oder wegträumen. Mehr wird nicht verlangt.
WeiterlesenFrank Goldammer: Bruch: Am Abgrund
Wer Felix Bruch nicht kennt, wird möglicherweise im „finalen Fall für Bruch und Schauer“, wie es auf dem Cover heißt, Probleme haben, diesen sonderbaren, eigenbrötlerischen, wortkargen Hauptkommissar aus Dresden zu mögen. Keiner kennt ihn so richtig, keiner weiß Konkretes über den privaten Felix Bruch. Grade mal, dass er in einem Waisenhaus, einem Heim aufgewachsen ist, das in diesem vierten Fall eine besondere Rolle spielt.
Diese Vergangenheit lässt Bruch nicht los, er leidet offensichtlich noch immer unter dem, was damals in dem Heim passiert sein muss. Er redet nicht darüber, mit niemandem, auch nicht mit seiner Partnerin Nicole Schauer, die eigentlich einen ganz guten Draht zu ihm hat. In diesem letzten Band spielt seine Vergangenheit eine zentrale Rolle. Im Zuge anderer Ermittlungen stößt Nicole immer wieder auf Verbindungen, auf Indizien, die sie zu Bruch und seinem ehemaligen Freund und Partner Bartko führen, dessen Unfalltod vor einiger Zeit noch immer nicht zur Gänze aufgeklärt ist. Weiterlesen
Anne Holt: Zwölf ungezähmte Pferde
Wer Hanne Wilhelmsen nicht aus den früheren Bänden der Reihe kennt, dürfte versucht sein, sie als echt unsympathisch und schwierig abzustempeln. Kein Wunder, ist sie doch extrem sarkastisch, kompromisslos und unhöflich zu ihrer Frau und Tochter, zu den beiden gemeinsamen jungen Freunden, die zum Abendessen eingeladen sind. Noch bevor das Essen richtig begonnen hat, ist der Abend zu Ende. Eskaliert wegen Hannes mangelnden Einfühlungsvermögens, ihrer sehr speziellen eigenen Art, mit Leuten umzuspringen, in der Annahme, sich alles erlauben zu können. Diesmal nicht. Nefis, ihre Frau, verlässt gemeinsam mit Tochter Ida noch am selben Abend die gemeinsame Wohnung. Henrik, ein junger Hauptkommissar und Hannes einzig noch verbliebene Verbindung zur Polizei, wie auch Ebba, eine junge Lektorin, sind ebenfalls richtig sauer wegen Hannes Benehmen und gehen. Hanne findet sich alleine in der großen Wohnung wieder.
WeiterlesenKuhl + Sandrock: Bittere Nacht: Juha und Lux vom LKA Hamburg ermitteln
Der zweite Fall für das Hamburger Ermittlerduo Juha – mit finnischen Wurzeln und schon ein bisschen älter als sein Kollege – und Lux, eigentlich Lucas. Nachdem sie vor einiger Zeit gemeinsam sehr erfolgreich waren, sind sie zur Mordkommission des LKA in Hamburg gewechselt und stecken nun gemeinsam in den Ermittlungen zu einem Mordfall, der sie vor eine ganze Menge ungelöster Fragen stellt. An einem sehr frühen Januarmorgen stößt eine Stand-up-Paddlerin im Alsterkanal auf die Leiche eines jungen Mannes. Selbstmord? Unfall? Ein Anwohner meint, dass junge Leute von den Balkonen der Wohnungen am Ufer ins Wasser sprängen, sei nicht besonders ungewöhnlich. Komme immer mal vor, wenn heftig gefeiert werde. Das ist allerdings recht bald auszuschließen, denn in der Wohnung des Toten müssen Juha und Lux gleich den zweiten grausamen Fall verkraften. Weiterlesen
Marie-Luise von der Leyen: Die Skandalösen: Frauen, die sich ihre Freiheit genommen haben
„„Skandalös“ ist ein deutsches Adjektiv, das etwas beschreibt, das Empörung und Aufsehen erregt und als empörend, unerhört oder ungeheuerlich empfunden wird. Es bezieht sich auf Situationen, Handlungen oder Verhaltensweisen, die schockieren oder Anlass zu großer Kritik geben.“ Soweit die offizielle Definition des Wortes „skandalös“. Seine Bedeutung ist allerdings einem ständigen Wandel unterworfen, es kommt eben immer darauf an, welche gesellschaftlichen Werte und Normen gelten. Was als „akzeptiert“ oder eben als „anstößig“ galt oder gilt, ist heute etwas ganz Anderes als vor hundert oder zweihundert Jahren.
Marie-Luise von der Leyen hat sich die Mühe gemacht, uns die Biographien von neun Frauen aus der Zeit von Mitte des 17. Jahrhunderts bis Ende des 20. Jahrhunderts zu schildern und darzulegen, warum sie in ihrer Zeit als „skandalös“ gegolten haben. Manche der Namen, die hier auftauchen, sind sicher den meisten bekannt, von anderen haben Sie vielleicht noch nicht oder nur mal am Rande gehört. Zu den bekannten „mutigen, starken Frauen, die die Welt veränderten, Schranken durchbrachen, sich gegen starre Normen stellten und Risiken in Kauf nahmen“ gehören sicher Coco Chanel, Prinzessin Diana, George Sand und Lola Montez, vielleicht noch Franziska Gräfin zu Reventlow. Aber es lohnt sich durchaus, auch die anderen Kurz-Biografien zu lesen. Immer etwa 20, 30 Seiten – allzu nicht allzu lange, gut zu lesen und mit häufig interessanten Erkenntnissen. Weiterlesen
Karen Inge Nielsen: Niemand rettet dich
Ein gelungener Abschluss der Trilogie um Verbrechen im deutsch-dänischen Grenzgebiet. Gut gezeichnete Charaktere, die uns von Anfang an eben sympathisch oder nicht sind, die sich entsprechend entwickeln im Laufe der Erzählung und uns vertraut werden. Eine Geschichte, die sich als roter Faden durch alle drei Bände zieht und eben im letzten ihren Abschluss, ihre Erklärung findet.
Der dänische Kommissar Mads Lundstrom ist besessen von dem Gedanken, dass sein Vater, ein verantwortungsvoller, guter Polizist, sich vor über zwanzig Jahren nicht selbst das Leben genommen haben kann, wie alle behaupten und wie es in der Akte steht. Mads kann und will das nicht glauben und ist so sehr in die Idee, das auch zu beweisen verbissen, dass er nicht selten seine aktuelle Arbeit als Kriminalkommissar vernachlässigt. Damit macht er sich nicht wirklich Freunde unter den Kollegen. Einzig sein Chef, Per Teglgard, hält ihm mehr oder weniger regelmäßig, wenn auch widerwillig den Rücken frei, wenn er wieder mal einen seiner häufigen Alleingänge durchzieht. Das hat jedoch ein jähes Ende als Per schwer krank in die Klinik eingeliefert wird und ausgerechnet Mads‘ ärgster Widersacher unter den Kollegen zum kommissarischen Nachfolger bestimmt wird. Weiterlesen
Ferdinand von Schirach: Der stille Freund
Unaufgeregt und sachlich, wie wir das bereits aus seinen anderen kleinen Bänden kennen, schafft es von Schirach auch hier wieder, den Leser mitzunehmen in eine scheinbar andere Welt. Fast meint man, in einem der typischen tiefen cognacfarbenen oder rotbraunen Ledersessel einer Hotelbar oder -lobby zu versinken und der warmen, sonoren Stimme eines Erzählers zu lauschen, der von Begebenheiten, Ereignissen oder Anekdoten berichtet, die wir uns so kaum vorstellen können.
Sei es Massimo, der einen eigentlich ganz unspektakulären alltäglichen Moment seinen „stillen Freund“ nennt oder Cynthia, die sich in Mateo verliebt, der sie vielleicht zunächst vergöttert, aber -dennoch misshandelt und quält, bis sie ihn verlässt, um später mit dem wesentlich älteren Nicco glücklich zu werden. Nicco, der sie beschützen will, für den sie das Kostbarste und Wichtigste in seinem Leben ist, und der – mit der Macht und den Möglichkeiten einer seit Jahrhunderten einflussreichen Familie in Rom – in oder mit Cynthias Vergangenheit „aufräumt“. Weiterlesen
Katharina Herzog: A Taste of Cornwall: Eine Prise Liebe
Ein unterhaltsamer, stimmungsvoller Roman vor der traumhaften Kulisse Cornwalls. Wenn Sie noch nicht dort gewesen sind, macht das Buch auf jeden Fall Lust, mal hinzufahren. Die Charaktere des Buches kann man sich herrlich in dieser Gegend vorstellen. Ein bisschen knurrig, verschroben und schroff, Fremden gegenüber erst einmal abweisend – oder abwartend? -, aber dann entdeckt man durchaus einen herzlichen Menschen unter der rauen Schale.
Diese Erfahrung macht auch Sophie, gefeierte Restaurantkritikerin aus London, die „es vermasselt“ hat. Mit einer echt bösen Kritik über ein neu eröffnetes Restaurant eines berühmten Models, einem harschen Verriss, hat sie im Netz einen Shitstorm ausgelöst, dessen Konsequenzen sie jetzt tragen muss. Harry, ihr Chef bei „Food Network“, der zunächst noch meinte: super! Die Klicks für den Sender gehen durch die Decke, rudert schnell zurück und ändert seine Meinung in „was hast du dir dabei nur gedacht?“ Wenn Sophie das nur noch so genau wüsste! Weiterlesen
Michael Römling: Die Stadt der Auserwählten
Ein historisch fundierter, fesselnd geschriebener Roman über eine Zeitspanne von weniger als zwei Jahren, in denen die Stadt Münster das wohl willkürlich gewählte Zentrum der sogenannten Wiedertäufer war, eine eigentlich von der Grundeinstellung friedliche religiöse Gemeinschaft, die in Münster „das neue Jerusalem“ errichten wollten, in dem sie das nahende Ende der Welt erwarten wollten. Die Zahl ihrer Anhänger wuchs stetig und bald kam es in der Stadt zu Konflikten, die später nicht mehr gewaltlos waren. Aus Bürgern, die bisher friedlich zusammengelebt und gearbeitet hatten, wurden recht schnell Konkurrenten – im Glauben wie im alltäglichen Leben. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen, zur Belagerung der Stadt durch den Bischof und seine Truppen, zur Verteidigung im Innern.
Das ist das Setting für Michael Römlings neuen Roman. Jakob, Vertrauter der Brüsseler Statthalterin Maria, der Schwester des Kaisers, bekommt von ihr den Auftrag, ein junges adliges Mädchen nach Hause zurückzuholen, das sich – man könnte sagen aus Übermut oder Langeweile – dem wohl charismatischen Anführer der Wiedertäufer angeschlossen hat und mit ihm aus den Niederlanden verschwunden ist. Weiterlesen