Henrike Engel: Elbnächte: Schatten über St. Pauli

Ein spannender, gut und flüssig geschriebener Roman über die Zeit in Hamburg um 1910. Keine leichte Zeit für zwei alleinstehende Frauen, die versuchen müssen, sich ein neues Leben aufzubauen.
Im zweiten Teil der Dilogie haben Louise und Ella ihren Weg offenbar gefunden. Louise, die von ihrem betrügerischen Ehemann vor Kurzem mitten in der Nacht völlig mittellos in einem Hamburger Nobelhotel zurückgelassen worden war und nicht mal die Hotelrechnung begleichen konnte und Ella, der es gelungen war, aus Lemberg zu fliehen und ihrem Dasein als Prostituierte zu entkommen, nachdem ihre Eltern sie, im Glauben, ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen, regelrecht verkauft hatten.

Die beiden jungen Frauen haben sich zufällig getroffen und sind beste Freundinnen geworden, die allerdings auch einiges verbindet, was man vielleicht nicht unbedingt publik machen sollte. Der Dritte im Bunde ist der ehemalige Polizist Paul, der die beiden ebenfalls zufällig getroffen und ihnen in einer prekären Situation geholfen hat. Inzwischen hat sich Louise eine Existenz als Besitzerin einer kleinen Bar auf St. Pauli eingerichtet, Ella arbeitet in einer Bäckerei und hilft aber auch abends in der „Bar fatal“ mit, in der Paul als Türsteher darauf achtet, dass den beiden Frauen nichts passiert.

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T.M. Glaw: Die Hexen vom Tüllinger

Ein sehr atmosphärischer, gut geschriebener Roman über das Schweigen eines Dorfes, Vergessen, Verdrängen, über Schuld und Wahrheit.

Gut gezeichnete Figuren, die einem recht bald vertraut und sympathisch sind. Authentisch und stellenweise düster, emotional und durchaus humorvoll.

Hauptkommissarin Jana Vecera will eigentlich mal nur raus – aus dem Alltag, dem Hamsterrad, der Großstadt München. Sie will einfach nur mal ein paar Tage Ruhe genießen, lange Spaziergänge machen, mit Freunden zusammensitzen und ein schönes Glas Wein genießen, was im Badischen, wohin sie fährt, ja nun keiner großen Anstrengung bedarf. Jana fährt zu Freunden nach Stopfingen, die dort, am Fuße des Tüllinger Berges einen Hof betreiben.

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Carsten Henn: Sonnenaufgang Nr. 5

Ein Leben in Erinnerungen. Aber möglichst nur solchen, die einem angenehm sind – keine schlechten! Das möchte die alternde, exzentrische Filmdiva Stella Dor in ihrer Autobiografie wiederfinden. Sie lebt recht einsam in einem kleinen, ziemlich verlassenen Ort an der Küste, in einem ehemaligen Pavillon, den sie der Gemeinde, die ihn eigentlich aufgeben wollte, für einen symbolischen Euro abgekauft hat.

Der Bürgermeister hat sich von diesem Verkauf ein bisschen Glamour für seinen Ort erhofft, vielleicht Künstler, die den Ort beleben würden oder die ein oder andere Ausstellung oder Veranstaltung, aber Stella lebt dort eher zurückgezogen und allein – mit ihren Notizzetteln überall, auf denen sie ihr Leben erinnert. Um all das in Buchform zu bringen, braucht sie Unterstützung. Die findet sie in Jonas, einem 19-jährigen, der grade sein zu trockenes, zu langweiliges Germanistikstudium geschmissen hat, um sich als Ghostwriter seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Sollte das nicht gelingen, so hat er versprochen, wird er in einem Jahr seinem Vater im Restaurant helfen. Vorerst ist er froh, diesen ersten Auftrag bekommen zu haben und von zuhause wegzukommen. Auch dort muss er sich nämlich nicht nur dem Leben stellen, sondern auch Erinnerungen, die er lieber verdrängt.

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Caren Benedikt: Wogende Wellen: Grand Hotel Usedom 02

Das Cover, diesmal in lila-Tönen mit entsprechendem Farbschnitt, stellt schon gleich eine schöne Stimmung her. Der Blick geht auf ein edles Hotel, auf den Strand der Ostsee und in einen Sonnenuntergangshimmel. So idyllisch wie das Cover es erwarten lässt, geht es im zweiten Band der Trilogie um das Grand Hotel Usedom allerdings nicht zu. Im Gegenteil. Private Ermittlungen, die die Umstände aufklären sollen, unter denen der Hotelier August-Wilhelm von Höveln beim Frühjahrsball im vornehmen „Ahlbecker Hof“ ums Leben gekommen ist, stehen im Zentrum. Die Schwestern Helene, die inzwischen mit viel Liebe und Geschick als Frau von Weigand das Literaturhotel „Atlantic“ leitet, und Sophie sind überzeugt, dass ihr Vater damals weder versehentlich vom Balkon seines Büros im Hotel gestürzt ist, noch dass es ein Unfall war. Sie sind überzeugt, jemand hat ihren Vater ermordet. Ihr Verdacht richtet sich zunächst auf ihren Schwager Friedrich Kaminski, dessen Ziel es schon länger gewesen ist, die Leitung der Hotels der Familie von Höveln zu übernehmen, doch sein Schwiegervater hat das nicht zugelassen. Er hat Friedrich nicht zugetraut, dieser Aufgabe gewachsen zu sein, obwohl er ebenfalls aus einer angesehenen und erfolgreichen Hoteliersfamilie stammt. In seinen Augen hatte Friedrich weder ein Gespür fürs Geschäftliche noch für den Umgang mit Gästen, sondern hatte nichts im Blick als den eigenen Vorteil, was sich deutlich darin zeigte, dass er dem Glücksspiel sehr zugetan war und das auch im Hotel.

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Andreas Winkelmann: Entführung im Himmelreich

„Cosy Crime“ – also nicht unbedingt zum Gruseln oder mit viel Blutvergießen! Durchaus also auch geeignet für Leser/innen, die die harten Krimis nicht so mögen. Sympathische Figuren, eine leicht nachvollziehbare Handlung, die Kulisse des Schwielowsees und der kleineren Orte dort, eine Lektüre, die einen nicht belastet, aber für ein paar Stunden gut unterhält.

Schon zum zweiten Mal wird der ehemalige Schauspieler Björn Kupernikus – mit zweimal „u“ hinter dem „k“ bitte – zum Hobbyermittler. Ein ganzes Schauspielerleben lang hat er auf eine Rolle als Tatort-Kommissar gehofft, das wurde ihm immer verwehrt, obwohl er sicher richtig gut darin gewesen wäre. Aber gut, kleinere Kriminalfälle in der Freizeit sind ja nun auch nicht zu verachten. Gemeinsam mit der pensionierten Lehrerin (aus echter Leidenschaft, wie man auch hier wieder feststellen kann) und Hobbyköchin Annabelle, ermittelt Kupernikus diesmal im Fall des verschwundenen Bäckermeisters Mauske. Sein Bäckerwagen stand morgens einfach so am Seeufer.

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Jule Ronstedt: Menomorphosen

„Heute sterbe ich noch nicht“. Dieser Satz wird zu Yvonnes Mantra, nachdem sie die Diagnose Krebs bekommen hat und sich mit dem Gedanken vertraut machen muss, nur noch wenige Monate zu leben zu haben. Der Vorschlag, einen Palliativdienst in Anspruch zu nehmen, klingt für sie zunächst zu sehr nach Sterbebegleitung, soweit ist sie noch nicht! Dennoch setzt sie sich mit einem Dienst in Verbindung und lernt eine Frau kennen, die ihr Mut macht, die sie zu ihrem neuen Mantra, „Heute sterbe ich noch nicht“, animiert und mit ihr positiv denkt. Yvonne nimmt die Krankheit an, sie macht Pläne, unterzieht sich einer OP, die eigentlich kaum Aussicht auf Heilung hat und stellt fest: es geht ihr gut. Sie wird wieder aktiv, reist, begeistert sich für lange Spaziergänge in der Natur, fängt wieder an zu arbeiten und erlebt nicht nur die Geburt ihres ersten Enkelkindes, sondern auch die eines zweiten. Yvonne hat es geschafft. Sie lebt weiter. Vielleicht auch, weil sie sich nie aufgegeben hat. Das ist eine der Geschichten aus dem Band mit insgesamt 26 Geschichten von ganz unterschiedlichen Frauen, die „an einem Wendepunkt im Leben“ stehen. Kurz vor oder mitten in den Wechseljahren.

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Virgina Evans: Die Briefeschreiberin

Ein Blick auf Wasser, auf einen Baum gleich vor dem Fenster, andere weiter entfernt, ein blühender Busch – auf dem Schreibtisch vor dem großen Fenster, durch das dieser Blick geht, kleinere Pflanzen, eine Tasse Kaffee und ein paar Bücher. Dieses Aquarell ist das Cover zu Virginia Evans‘ Debüt „Die Briefeschreiberin“. Man kann sich gut vorstellen, an diesem Schreibtisch zu sitzen und, wie Sybil, hier Stunden damit zu verbringen, Briefe zu schreiben. Von Hand und mit einem edlen Füller auf ganz besonderem Papier. Regelmäßig macht sie das. Mehrmals in der Woche und gerne auch mal zwischendurch, wenn ihr grade was auf der Seele liegt und sie nicht warten kann, es loszuwerden.

Die Adressaten sind ganz unterschiedliche Menschen, viele von ihnen kennt sie gut, ist ihnen innig verbunden, manche zählen zu ihrer beruflichen Vergangenheit als Juristin und persönliche Referentin eines renommierten Richters, manchmal schreibt sie aber auch einfach mal an eine Autorin oder einen Autor, um sich zu deren/ dessen neuestem Werk zu äußern. Egal ob positiv oder negativ, ihre Kritik ist immer wohl begründet und sachlich, nie persönlich verletzend. Das liegt Sybil fern. Das Lesen ist eine weitere ihrer Leidenschaften, nicht selten endet ein Brief mit „Ich lese übrigens grade …. Was liest du?“. Genau wie das Gärtnern. Ihr Garten wird allgemein als wunderschön und sehr gepflegt bezeichnet.

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Heike Specht: Die Frau der Stunde

Heike Specht kann also auch Roman! Wie in ihren bisherigen Büchern auch geht es auch hier um die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Diesmal allerdings handelt es sich nicht um real existierende Persönlichkeiten der näheren und ferneren Vergangenheit, die sie porträtiert, sondern es geht in ihrem ersten Roman um eine fiktive Frau, die für das steht, was vor 50  Jahren noch fast undenkbar war! Eine Frau macht Karriere in der Politik! Und das nicht nur als Abgeordnete im Bundestag, das gab es durchaus, wenn auch nicht in bedeutender Anzahl, 1978 waren es 38 bei insgesamt 518 Abgeordneten. Zum Vergleich: heute sind es 204 Frauen bei 630 Abgeordneten insgesamt.

Von den ersten Seiten an, hat man den Eindruck, die Autorin hätte die Zeit damals „live und in Farbe“ miterlebt und berichte für eine renommierte Zeitung oder einen Sender aus der Zeit. So authentisch, realistisch, süffisant und doch knallhart kann eigentlich nur jemand schreiben, der die Zeit erlebt hat. Aber dazu ist die Autorin viel zu jung. Dennoch fühlt man sich von Anfang an mittendrin im „Bundesdorf“ Bonn mit seinen politischen Intrigen, Kleinkriegen, Hinterzimmermauscheleien und dem Kneipengemauschel.
Catharina Cornelius, liberale Abgeordnete, bekannt für ihren Fleiß, ihre Gründlichkeit und ihr Wissen darum, als Frau immer besser sein zu müssen als die beteiligten Männer, wird von einem Parteifreund und Freund, mit dem sie auch privat verkehrt, wie auch mit seiner charmanten, weltgewandten, intelligenten Ehefrau, eines Abends dringend zu ihm nach Hause eingeladen.

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Iny Lorentz: Der Krieger und die Königin

Soviel gleich vorweg: ich bin dieses Mal ein bisschen enttäuscht. Eigentlich finde die super recherchierten, gut geschriebenen historischen Romane von Iny Lorentz immer spannend und sehr interessant wegen des geschichtlichen Hintergrunds, aber diesmal waren es mir einfach zu viele Schlachten, Völker, Stämme, Gruppierungen, Namen, Verwandtschaftsbeziehungen …. als dass ich es leicht gefunden hätte, dem zu folgen. Man hätte einen Notizblock gebraucht, um sich mit Querverweisen „auf dem Laufenden“ zu halten, wer jetzt mit wem verwandt, verfeindet oder befreundet ist.

Das Cover zeigt eine schöne, junge Adlige vor gebirgiger Landschaft, aber bis man einen Rückschluss ziehen kann, dass es sich hier um die Langobarden-Prinzessin Waltrada handeln wird, vergeht viel Zeit. Knapp 600 Seiten umfasst der neue Roman, der eigentlich schon vor gut dreißig Jahren hätte veröffentlicht werden sollen, bis es zur angekündigten „Geschichte, die die Geschichte Deutschlands grundlegend veränderte“ kommt, sind wir schon im letzten Teil. Zwar taucht der Name Waltrada bis dahin das ein oder andere Mal auf, aber die wesentliche Rolle, die ihr dann letzten Endes zukommt, kann man daraus nicht unbedingt ableiten. Zum ersten Mal trifft Garibald, der Held und ruhmreiche Krieger dieses Epos‘ auf die Prinzessin, als sie (vermeintlich) von den gefürchteten Wolfsreitern bedroht wird. Garibald schreitet ein und „befreit“ sie, was er mit einer Verletzung bezahlt, die sie ihm mit einem Dolch zufügt.

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Buzzy Jackson: Wir waren nur Mädchen

Ich muss gestehen, der Name „Hannie Schaft“ hat mir zunächst einmal nichts gesagt. Ganz im Gegensatz zu Anne Franks ist die Geschichte des „Mädchens mit den roten Haaren“, das sein Leben dem Widerstand der Nazi-Besatzer in den Niederlanden opferte, um Freunde zu schützen und einfach nur zu helfen, eher wenig bekannt.

Geboren am 16. September 1920 als Jannetje Johanna Schaft in Haarlem, nahm Jo den Namen „Hannie“ an, als sie in Amsterdam anfing, Jura zu studieren. Ehrgeizig, fleißig, engagiert und mit Bestnoten. An der Universität lernte sie Sonja und Philine kennen, zwei jüdische Kommilitoninnen, die zu ihren besten Freundinnen wurden. Zunächst spielte es für die drei jungen Mädchen keine Rolle, dass Sonja und Philine Jüdinnen waren, erst als die deutschen Besatzer Ende 1940 immer schärfere Regeln für Juden in den Niederlanden durchsetzten, waren die beiden und ihre Familien in Gefahr. Hannie versuchte, zu helfen. Zunächst „besorgte“ sie den Freundinnen Personalausweise, die sie im Stadtbad in Spinden anderer junger Frauen geklaut hatte. Später machte sie das eher regelmäßig und half so jüdischen Mitbürgern. Außerdem half sie, Verstecke für sie zu organisieren. Sonja und Philine brachte sie wenig später nach Haarlem zu ihren Eltern, die sie damit einer riesigen Gefahr aussetzte, die ihre Tochter aber ohne Nachfrage unterstützten.

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