Iny Lorentz: Der Krieger und die Königin

Soviel gleich vorweg: ich bin dieses Mal ein bisschen enttäuscht. Eigentlich finde die super recherchierten, gut geschriebenen historischen Romane von Iny Lorentz immer spannend und sehr interessant wegen des geschichtlichen Hintergrunds, aber diesmal waren es mir einfach zu viele Schlachten, Völker, Stämme, Gruppierungen, Namen, Verwandtschaftsbeziehungen …. als dass ich es leicht gefunden hätte, dem zu folgen. Man hätte einen Notizblock gebraucht, um sich mit Querverweisen „auf dem Laufenden“ zu halten, wer jetzt mit wem verwandt, verfeindet oder befreundet ist.

Das Cover zeigt eine schöne, junge Adlige vor gebirgiger Landschaft, aber bis man einen Rückschluss ziehen kann, dass es sich hier um die Langobarden-Prinzessin Waltrada handeln wird, vergeht viel Zeit. Knapp 600 Seiten umfasst der neue Roman, der eigentlich schon vor gut dreißig Jahren hätte veröffentlicht werden sollen, bis es zur angekündigten „Geschichte, die die Geschichte Deutschlands grundlegend veränderte“ kommt, sind wir schon im letzten Teil. Zwar taucht der Name Waltrada bis dahin das ein oder andere Mal auf, aber die wesentliche Rolle, die ihr dann letzten Endes zukommt, kann man daraus nicht unbedingt ableiten. Zum ersten Mal trifft Garibald, der Held und ruhmreiche Krieger dieses Epos‘ auf die Prinzessin, als sie (vermeintlich) von den gefürchteten Wolfsreitern bedroht wird. Garibald schreitet ein und „befreit“ sie, was er mit einer Verletzung bezahlt, die sie ihm mit einem Dolch zufügt.

Die vermeintlichen Angreifer sollten sie in Wirklichkeit aus der Hand der Franken befreien, die sie als Geisel mit sich führten und in ein Kloster bringen wollten, in dem die eigensinnige Prinzessin „zur Vernunft gebracht“ werden sollte. Das konnte Garibald natürlich nicht wissen. Das entscheidende Zusammentreffen der beiden findet dann Jahre später statt, als Garibald Waltrada, die er nie vergessen hatte, aus eben diesem Kloster befreit, nachdem sie dort als Königin der Franken eingesperrt war, um nach dem Tod ihres viel jüngeren Gemahls, Königs Theudebald, ein weiteres Mal nach politisch günstigen Gesichtspunkten verheiratet werden sollte. Erst dann beginnt, im letzten Teil des Romans, die Geschichte um „Den Krieger und die Königin“, die als das erste historisch verbürgte Herzogspaar der Bajuwaren gelten. Mit ihnen beginnt Ende des 6. Jahrhunderts die Geschichte Bayerns als eigenständigem Herrschaftsgebiet.

Doch bevor wir dahin kommen, erleben wir mit Garibald und seinen Getreuen, von den Feinden verächtlich als „ein Haufen Hühnerdiebe“ bezeichnet, unzählige Feldzüge, Schlachten, Kämpfe, Verluste, reisen riesige kräftezehrende Strecken mit seinem Trupp, dies- und jenseits der Alpen, lernen seine Freunde und Feinde kennen, seine Abstammung, die ihn zu einem Nachfahr des siegreichen Königs Theoderich macht, der unter den Adligen, Kriegern und Gefährten noch immer einen klangvollen Namen hat. Garibald macht ihm und seinem Vater, seinen Großeltern viel Ehre mit seinen siegreichen Feldzügen, aber auch mit seinem Sinn für Gerechtigkeit und überflüssiges Blutvergießen. Garibald wird vom Bastard König Clothars zum großen Feldherrn, zum Herzog der Bajuwaren. Ein langer Weg, der hier ziemlich ausführlich geschildert wird. Ich habe mich an „Ein Kampf um Rom“ (Felix Dahn) erinnert gefühlt, es kam mir vor, als würde ich die Fortsetzung davon lesen.

Zweifellos hervorragend recherchiert, historisch fundiert und kompetent erzählt, aber diesmal hat mir die Spannung gefehlt.

Iny Lorentz: Der Krieger und die Königin
Droemer-Knaur, September 2025
576 Seiten, Hardcover, 22,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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