Callan Wink: Big Sky Country

Der junge August wächst auf einer kleinen Farm in Michigan auf. Die Ehe seiner Eltern ist zerrüttet. Die Mutter wohnt im alten, einst von ihren Eltern erbauten Haus auf dem Farmgelände, der Vater im neuen Gebäude. Der Junge pendelt zwischen den Häusern und den Elternteilen, die einen stillen Kampf untereinander ausfechten. Die einst früh eingegangene, nur auf Emotionen aufgebaute Bindung der Eltern rächt sich nun im Alltag. Augusts Mutter fehlt die adäquate Ansprache, wogegen der Vater sein typisches Farmerdasein auslebt, das er obendrauf noch mit einer viel zu jungen Geliebten krönt. August steht zwischen der mit ihrem Leben unzufriedenen, intellektuell unterforderten Mutter und dem Vater, der den Naturburschen und Farmer verkörpert. Dennoch suchen beide Elternteile immer wieder das Gespräch mit dem Sohn, was sich in vielen Dialogen zeigt. Seine stoische Haltung, als er der Aufforderung des Vaters nachkommt, der Katzenplage auf der Farm den Garaus zu machen, unterstreicht einen erschreckend kruden Wesenszug des Zwölfjährigen, der sich in seiner weiteren Entwicklung immer wieder offenbart.

Als die Mutter ein Angebot bekommt, als Bibliothekarin in Montana zu arbeiten, verlässt August zusammen mit ihr den Vater. Die   gewaltige Natur der Rocky Mountains in seinem neuen Lebensumfeld beeindruckt den jungen August nachhaltig. Er tritt dem Footballverein in seiner Highschool bei und verinnerlicht die rauen Gepflogenheiten der Sportart und des Teams. Er bleibt weiter ein Einzelgänger. Der Umgang mit derben Mitschülern und den wenigen jungen Frauen, die nicht zu ihm passen, prägen August. Anstatt nach seinem Schulabschluss zu studieren, heuert er auf einer Farm an. Klaglos arrangiert er sich mit den harten Bedingungen des Rancherlebens. Für August wird diese Zeit zu einer einschneidenden Phase in seinem Leben. – Zu einer Zeit mit einem langen, körperlich und seelisch schmerzhaften Selbstfindungsprozess, an dessen Ende er endlich weiß, was er will. Dabei bleibt August ein eher unnahbarer Protagonist, der sich nach außen im Lauf der Jahre immer mehr abkapselt. Er entwickelt sich zum typischen amerikanischen Hillbilly, der in seiner spärlichen Freizeit am liebsten Pick-up fährt, angelt, Bars und Rodeos besucht, sich Frauen gegenüber jedoch recht unbeholfen zeigt.

Dieser Roman ist gespickt mit vor Kraft strotzender Männlichkeit, was im Text aber weder frauenfeindlich noch übertrieben wirkt, sondern die von Callan Wink exakt pointierte Reflexion eines modernen Cowboys aufzeigt. Ebenso gekonnt schildert er plastisch die gewaltige Natur Montanas samt seiner Bewohner. Es ist das andere Gesicht Amerikas, das weitab der modernen Metropolen liegt, in dem der Autor seine Geschichte angesiedelt hat.

Callan Wink beherrscht einen erfrischend klaren Stil, der sich authentisch dicht liest, was man nur ungern aus der Hand legt.

Die Übersetzung aus dem Englischen stammt von Hannes Meyer.

Callan Wink: Big Sky Country.
Suhrkamp, Februar 2021.
378 Seiten, Gebundene Ausgabe, 23,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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Ein Kommentar zu “Callan Wink: Big Sky Country

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