Andreas Föhr: Herzschuss. Jedes Verbrechen hat seine Geschichte

Es ist wieder einmal einiges los in der Polizeiinspektion Miesbach in diesem zehnten Krimi rund um Kommissar Wallner und seinen Freund Kreuthner. Der Landtagsabgeordnete Philipp Gansel liegt tot in einem Hotelrohbau. Ermordet wurde er durch mehrere Schüsse, unter anderem durch einen ins Herz. Ein mysteriöser Mittelsmann überbringt Kriminalhauptkommissar Clemens Wallner und seiner Kollegin ausgerechnet beim Schifahren die Koordinaten des Tatortes. Gansel war ein politischer Senkrechtstarter und bald schon stellt sich heraus, dass seine weiße Weste bei genauerer Betrachtung alles andere als sauber ist. Vom smarten Netzwerker mit Beziehungen in alle Richtungen bis hin zum koksenden Minister ist er mit vielerlei einflussreichem Volk bekannt. Und er weiß auch über einige Leichen in Kellern bzw. in Gärten Bescheid.

Seine Gattin Philomena entpuppt sich als Jugendliebe von Polizeihauptmeister Leonhardt Kreuthner. Sie war damals auch für ihn quasi ein „Herzschuss“. Kreuthner, der gerne einmal Bußgeld in die eigene Tasche steckt und eine Schwarzbrennerei betreibt, hatte mit Gansel eine unliebsame Auseinandersetzung und gerät deswegen unter Mordverdacht. Es sieht gar nicht gut aus für ihn. Weiterlesen

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Karen Duve: Sisi

Einen Roman über „Sisi“, Kaiserin von Österreich-Ungarn, zu schreiben, ist eine mutige Sache. Karen Duve hat sich dieser Herausforderung gestellt, unzählige Originaldokumente durchforstet und eine unglaublich akribische Recherche betrieben. Das hat sich gelohnt. Insbesondere drei Personen stehen im Mittelpunkt dieses Buches. Zum einen ist das Elisabeth selbst, strahlendes Zentrum des Geschehens. Des Weiteren ihre Nichte Marie Louise Baronesse Wallersee, fast genauso schön, genauso schlank und eine besessene Reiterin wie ihre Tante. Außerdem gibt es noch die Hofdame Marie Festetics. Sie verehrt Elisabeth abgöttisch. Es geht viel ums Reiten und um die Jagd in diesem Buch. Beides von Elisabeth tatsächlich exzessiv betrieben. Es wird skizziert, wie skrupellos sie ihre unvergleichliche Schönheit einsetzt, wie sie Ehen arrangiert, die ohne Widerspruch eingegangen werden müssen und wie sie dabei sogar ihre eigene Tochter Gisela verschachert. Ihre Angst vor dem Alter ist ein ständiges Thema und die Beziehung zu Franz Joseph, der alle ihre Eskapaden bezahlt. Elisabeth wird suggestiv, manipulativ und absolut empathielos gezeichnet.  Ihr Wille ist Befehl. Weiterlesen

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Maria Barbal: Die Zeit, die vor uns liegt

Kann man mit Ü-60 noch die große Liebe finden? Den Seelenverwandten, auf den man sein ganzes Leben gewartet hat? Man kann! Armand ist pensionierter Aufzugsmonteur und verwitwet. Sein einziger Sohn lebt in England. Er selbst wohnt in Barcelona und ist sehr einsam. Um Rückenprobleme loszuwerden, empfiehlt ihm sein Arzt, einen Yoga-Kurs zu besuchen. Dort trifft er Elena, Lehrerin im Ruhestand, die ihm auf Anhieb gefällt. Beherzt springt er über seinen Schatten und stellt sachte einen Kontakt zu ihr her. Sie landen schnell miteinander im Bett, obwohl sie kaum etwas voneinander wissen. Das Zusammensein ist einfach schön. Jede Woche verbringen sie nach der Yogastunde Zeit miteinander, bis Elena Skrupel überfallen. Sie ist nämlich verheiratet. Um ihre Ehe ist es allerdings sehr schlecht bestellt. Ihr Mann und sie reden kaum mehr miteinander, leben nebeneinander her. Armand aber liebt Elena sehr. Sie bringt Sinn und Sonnenschein in sein Dasein. Spontan fragt er sie, ob sie ihn zu seinem Sohn und dessen Familie nach England begleiten möchte. Er hat sein Enkelkind noch nie gesehen. Und Elena kommt mit. In Bournemouth blüht sie auf. Sie erkennt aber auch, dass sie eine schwere Entscheidung treffen muss… Weiterlesen

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Frances Cha: Hätte ich dein Gesicht

Fünf junge Frauen aus Seoul stehen in diesem Buch im Mittelpunkt. Kyuri arbeitet in einem Room- Salon. Männer, die es sich leisten können, verbringen dort gesellige Stunden und suchen Zerstreuung an der Seite hübscher Mädchen. Kyuri ist der Star in ihrem Room-Salon, weil sie so unglaublich schön ist. Was niemand weiß, sie ist heillos bei der „Madame“ des Etablissements verschuldet und ihre Schönheit hat sie der plastischen Chirurgie zu verdanken. Kaum etwas an ihr ist nicht operiert. Außerdem trinkt sie zu viel. Kyuri teilt sich eine kleine Wohnung mit Miho. Sie ist Künstlerin und sehr talentiert. Bei einem Aufenthalt in New York, ermöglicht durch ein Stipendium, lernt sie die superreichen Koreaner in den USA und ihre Welt kennen. Miho aber will es in der Kunstszene ohne Protektion schaffen. Im selben Wohnblock wie Kyuri und Miho leben Sujin und Ara. Sujin ist mit Miho im Waisenhaus groß geworden und möchte unbedingt in einem Room-Salon arbeiten. Dafür spart sie an allen Ecken und Enden, um sich eine Schönheitsoperation leisten zu können. Bei der Operation brechen die Ärzte ihr Kiefer und kreieren ein perfektes Gesicht. Nach einem schier endlosen Heilungsprozess bleiben ihr Kinn und die Mundpartie jedoch taub. Ara hat als Teenager ihre Stimme verloren. Weiterlesen

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Beate Kniescheck: Eva und Söhne

Der sterbende Vater macht die Journalistin Katharina auf einen Brief aufmerksam, den er vor langer Zeit geschrieben und versteckt hat. Darauf steht „Nach meinem Tod zu öffnen“. In dem Schriftstück spricht er nur Katharinas Brüder Toni und Thomas an. Er gibt ihnen gute Ratschläge für das Leben und Tipps, wie sie das Familienunternehmen führen sollen. Katharina wird nur in einem lapidaren Nebensatz erwähnt. Frauen zählen nicht viel in der Familie und das seit Generationen. Sie stehen im Hintergrund, stärken den kulturell und unternehmerisch tätigen Männern den Rücken, haben Kinder zu versorgen, den Haushalt zu organisieren und sich in die Vorgaben des Hausherrn zu fügen. Das macht Katharina wütend. Auch ihre Mutter, nach dem Tod des Vaters führerlos, weiß nicht recht, wohin mit sich, weil sie ihr Leben nie wirklich selbst in die Hand nehmen durfte. Geraume Zeit nach dem Begräbnis des Vaters räumt Katharina gemeinsam mit der Mutter seine Sachen zur Altkleidersammlung. Weiterlesen

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Theresia Enzensberger: Auf See

Entlang zweier Handlungsstränge führt Theresia Enzensberger ihre Leser:innen durch diese Dystopie. Der erst befasst sich mit Yada. Sie wächst auf der Seestatt auf, einer künstlichen Insel in der Ostsee vor Deutschland. Ihr Vater war maßgeblich an deren Erbauung beteiligt und ist dort der unmissverständliche Chef. Yadas Mutter ist an einer rätselhaften Krankheit gestorben. Weitere Kinder gibt es auf Seestatt nicht. Ursprünglich sollte die Insel Visionäre vor dem Chaos einer untergehenden Welt retten, autark und demokratisch funktionieren. Inzwischen ist sie aber ein heruntergekommenes Refugium einiger weniger schräger Kauze, die von modernen Sklaven bedient werden. Diese „Mitarbeiter“ müssen abseits auf einem ausrangierten Kreuzfahrtschiff unter üblen Bedingungen hausen. Yada wird von ihrem despotischen Vater überwacht, isoliert und unter Medikamenten gehalten, damit ihr nicht das Schicksal ihrer Mutter widerfährt. Führende Wissenschaftler dieses Planenten unterrichten sie online, ihr Tag ist durchgetaktet und alles Künstlerische, Musische wird von ihr ferngehalten, um ihren Geist nicht zu gefährden. Mit 17 Jahren beginnt sie aber trotzdem, den Blick über den engen Horizont hinaus zu heben, sich Fragen zu stellen und unerlaubt im Computer ihres Vaters zu stöbern. Weiterlesen

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Romy Fölck: Die Rückkehr der Kraniche

Grete Hansen lebt mit ihrer betagten Mutter Wilhelmine auf einem aufgelassenen Bauernhof in der Elbmarsch. Sie ist in ihrem ganzen bisherigen Leben nicht von dort weggekommen. Erst musste sie als Alleinerziehende für ihr Tochter Anne da sein, dann die schwächer werdende Mutter unterstützen. Ihr Vater ist ertrunken, als sie vier Jahre alt war. Ihren Unterhalt verdient Grete als Angestellte des Naturschutzbundes. Unter allen Vögeln, die sie beobachtet und betreut, haben es ihr besonders Kraniche angetan.

Als Wilhelmine eine Herzmuskelentzündung bekommt und es gesundheitlich nicht gut um sie steht, kehren auch Gretes Tochter Anne und ihre Schwester Freya auf den Hof zurück. Die Mutter will nicht im Krankenhaus bleiben. Die vier Hansen-Frauen sehen sich nun unter einem Dach mit der sterbenden Wilhelmine und der Bewältigung ihrer eigenen Probleme konfrontiert, denn jede von ihnen hat ein Geheimnis. Es gibt einiges aufzuarbeiten. Alle vier holt die Vergangenheit ein. Sie müssen versuchen, einander gegenüberzutreten, Geständnisse abzulegen, Verkrustungen aufzubrechen, Wege zueinander zu finden. Weiterlesen

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Mia Kankimäki: Frauen, an die ich nachts denke

Mit 43 hat Mia Kankimäki eine heftige Krise. Sie ist unverheiratet, kinderlos, Single, ihre Wohnung hat sie verkauft, den Job gekündigt. Bisher hat sie ständig alle an sie gestellten Erwartungen erfüllt, studiert und fleißig gearbeitet. Jetzt fragt sie sich: Ist das der Sinn des Daseins? War das alles? Kommt noch was? Sie hat ein Buch geschrieben. Wird auch das nächste ein Erfolg werden? Wird es überhaupt ein weiteres Buch geben? Darf man bedingungslos seinen Wünschen folgen oder ist es besser, im Mainstream mitzuschwimmen?  Ihr Leben ist aus den Fugen geraten. In zahllosen schlaflosen Nächten denkt sie an historische Frauen, deren Leben nicht in traditionellen Bahnen verlaufen ist, die Grenzen überschritten und ungehörige Dinge getan haben. Alle sind ihren Leidenschaften gefolgt und haben viel dafür in Kauf genommen.

Die bekannteste von ihnen ist wohl Karen Blixen. Auf ihren Spuren fährt Kankimäki nach Kenia und Tansania. Sie verflicht Blixens Lebensgeschichte mit ihren Reiseerlebnissen. Auch nach Japan und nach Florenz fährt sie auf der Suche nach den Spuren besonderer Frauen. Namentlich sind das wie gesagt Karen Blixen, Isabella Bird, Ida Pfeiffer, Mary Kingsley, Alexandra David Néel, Nellie Bly, Yayoi Kusama, Sofanisba Anguissola, Lavinia Fontana, Artemisia Gentileschi. Es handelt sich um Alleinreisende zu Zeiten, in denen es undenkbar war, als Frau um die Welt zu fahren, Weiterlesen

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Patrick Tschan: Schmelzwasser

1947 lässt Emilie Reber sich in einem Städtchen am Bodensee nieder, das namentlich nicht genauer bezeichnet wird.  Sie war in Frankreich bei der Resistance und kommt mit den französischen Besatzern nach Deutschland zurück. Der Bodensee erinnert sie an das Meer in Südfrankreich. Mit im Gepäck hat sie die „Bibliothek der Freiheit“, eine Ladung vor der Verbrennung geretteter Bücher, die sie 1939 gemeinsam mit Heinrich Mann in Sicherheit gebracht hat. Entschlossen geht sie daran, eine Leihbibliothek aufzubauen, kombiniert mit einer Buchhandlung. Literatur ist ihr Leben aber das Interesse der Mitmenschen an ihren Büchern hält sich in Grenzen. Man hat gerade den Krieg hinter sich gebracht. Aus dem Städtchen glaubt niemand, irgendeine Schuld auf sich geladen zu haben.

An die Nazi-Jahre will sich keiner mehr erinnern, die Zeiten sind vorbei. Emilie Reber aber möchte die Leute zur Aufarbeitung der Ereignisse animieren, indem sie die „verbotenen“ Bücher lesen und darüber nachdenken, wie die vorgefallenen Gräuel passieren konnten und wie sie Hitler in die Arme gearbeitet haben. Das stößt nicht überall auf Gegenliebe. Weiterlesen

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Josef Winkler: Die Ukrainerin. Njetotschka Iljaschenko erzählt ihre Geschichte.

Im Sommer 1981 hält es Josef Winkler in Wien nicht mehr aus. Es zieht ihn in die Abgeschiedenheit der Berge. Er quartiert sich bei einer Bergbauernfamilie in Kärnten ein und will dort ein begonnenes Manuskript fertigstellen. Bis Herbst 1982 bleibt er auf dem Unterstarzerhof bei Valentina Steiner und ihrer Familie. Er freundet sich mit der Bäuerin an, schreibt an seinem Text, hilft aber auch tatkräftig am Hof mit. Dabei erfährt er, dass Valentina 1943 aus der Ukraine verschleppt wurde und als Fremdarbeiterin auf den Starzerhof gekommen ist. Später hat sie den Hoferben geheiratet und mit ihm eine Familie gegründet. In vielen Gesprächen erzählt sie Winkler ihre Lebensgeschichte, die ihrer Schwester Lydia und ihrer Mutter Hapka.

Der Autor lässt Valentina, die aus der Ich-Perspektive berichtet und im Text Njetotschka Wassiljewna Iljaschenko heißt, ihre Erinnerungen aufrollen. Dem Leser stockt bei der Lektüre der Atem. Es ist schier unfassbar, was diese Frau mitgemacht hat. Geboren wird sie im Dorf Dubynka am Dnjepr, die Eltern sind fleißige Leute mit bescheidenem Wohlstand, bis die Russen das Land zwangskollektivieren, der Vater nicht der Kolchose beitreten will und deswegen der Familie buchstäblich alles weggenommen wird. Weiterlesen

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