J. D. Vance: Hillbilly-Elegie: Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise

J.D. Vance ist Jahrgang 1984. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Middletown/Ohio und in den Appalachen von Kentucky. Heute, 2024, ist er der Vizepräsidentschaftskandidat von Donald Trump. Doch dieses Buch ist in keinster Weise politisch geprägt. Vielmehr ist es eine Art Dokumentarbericht über eine schon viele Jahre abgehängte, vergessene Bevölkerungsschicht Amerikas, in der J. D. Vance aufgewachsen ist. Gleichzeitig ist es seine persönliche und die Geschichte seiner Familie.

Im Jahr 2016 wurde die Hillbilly Elegy erstmals in den USA aufgelegt und avancierte schnell zum Bestseller. Dieser Erfolg darf mit Donald Trumps erfolgreicher Präsidentschaftskandidatur in Zusammenhang gebracht werden. – Auch durch die Hillbilly Elegy von dem damals erst einunddreißigjährigen J. D. Vance, der in seinem Buch genau jene vergessenen Gesellschaftsschichten des „Rustbelts“ in den deindustrialisierten US-Bundesstaaten thematisierte, schien sich der damalige Wahlsieg Trumps erklären zu lassen. Weiterlesen

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Wolf Harlander: Partikel

Müll ist ein Problem, keine Frage. Plastikmüll erst recht. Der zersetzt sich nämlich nicht, sondern zerfällt in winzig kleine Partikel. So klein, dass sie bereits überall sind. Im Wasser, in Nahrungsmitteln, in uns. Ob sie da was anrichten? Vielleicht.

Wolf Harlander beantwortet die Frage mit einem klaren „ja“. Es trifft die zweijährige Zoe, deren Körper mit den Partikeln nicht mehr fertigwerden kann und die einen potenziell tödlichen Krebs entwickelt. Zoe ist die Nichte der Journalistin Melissa, die gerade über eine Hochzeit recherchiert, bei der das Festmahl auch in mindestens einem Fall tödlich endete. Grund: Mikropartikel im Essen. Dass wir ziemlich viel in Plastik verpacken und damit dazu beitragen, ist die eine Seite. Aber es gibt doch den gelben Sack und eigentlich ist das damit doch geregelt – oder?

Die andere Seite ist, dass sich mit illegaler Müllentsorgung recht gut Geld verdienen lässt. Raus aus Europa mit dem Zeug und dann im Meer verklappen oder auf irgendeiner entlegenen Insel entsorgen. Weiterlesen

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Jessica Lind: Kleine Monster

Wenn eine Mutter ihrem Kind nicht mehr traut – schwieriger Roman

Dieser Roman ist nicht nur wegen des Themas schwierig, sondern für mich auch wegen der Protagonistin. Wenn ich die Hauptfigur eines Romans nicht mag, wenn sie mir unsympathisch ist, hat es der Roman schwer, mich zu erreichen. Daher wurde ich nicht nur mit Pia, die diese Geschichte in Ich-Form erzählt, nicht warm, sondern eben auch mit dem ganzen Roman.

Pia und ihr Mann Jakob werden in die Schule ihres siebenjährigen Sohnes Luca gerufen, es sei „etwas vorgefallen“. Doch niemand, weder die Direktorin noch das beteiligte Mädchen und noch viel weniger Luca selbst erzählen, was denn genau vorgefallen ist.

So steigert sich Pia nach und nach immer mehr in diesen Vorfall hinein, mal glaubt sie, die anderen Beteiligten übertreiben, denkt, die Eltern der anderen Schüler:innen schneiden sie, schließen sie aus. Mal misstraut Pia ihrem eigenen Sohn, beginnt ihn zu beobachten, interpretiert in alles, was er tut, sagt oder eben nicht sagt oder tut, einiges hinein, traut ihm irgendwann auch das Schlimmste zu.

Ganz anders ihr Mann Jakob, der all das viel entspannter angeht, der sich nicht getrieben fühlt von der Meinung anderer, sondern seinem Sohn vertraut, der Luca glaubt, was immer dieser auf die insistierenden Fragen antwortet. Weiterlesen

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Christoffer Carlsson: Wenn die Nacht endet

„Die Erwachsenen behaupteten, es gut zu meinen, doch die Leidtragenden sahen das anders. Es wurde als Strafe empfunden, und das war es wohl auch; als sei das, was Mikael und Kilian widerfahren war, in gewisser Weise ihrer aller Schuld. Sander fühlte sich zu Unrecht verknüpft mit Tod und Gewalt, obwohl seine Gedanken um kaum etwas anderes kreisten.“ (S. 201)

Für Sander ist deshalb eine Welt zusammengebrochen. Ohne Vorwarnung ist sein bester Freund bei einem Unfall gestorben. Aber das Schlimmste für ihn ist die allgemeine Vorverurteilung, Kilian habe nach der Party Mikael erschlagen. Sander kann und will nicht daran glauben. Dieser unerschütterliche Glaube hält ihn in seiner dörflichen Heimat fest, die er schon als Kind verlassen wollte. Der Traum seines Jurastudiums in Stockholm ist geplatzt.

Zwanzig Jahre glaubt er an Kilians Unschuld, bis ein neuer Kommissar alles neu bewertet. Routinierte Lügen, die Verdrängung von traumatischen Erlebnissen und vieles mehr bilden den Nährboden für weitere Todesfälle. Weiterlesen

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JP O’Conell: Sommer im Hotel Portofino

Auch im zweiten Teil seiner Bandreihe rund um ein mondänes Hotel an der ligurischen Küste im Italien der 1920er Jahre mixt der britische Autor JP O’Connell einen literarischen Sommercocktail mit den richtigen Zutaten: verbotene Liebschaften aller Art, Fortschritt versus Faschismus, Bilderbuchlandschaften gepaart mit nostalgischem Chic. Plus Frauen, die sich emanzipieren und Männern, denen das zumeist gar nicht passt.

Das Jahrzehnt der 1920er Jahre ist wie geschaffen für spannende Storys voller Sprengstoffpotenzial, da sich die Welt zu dieser Zeit in verschiedene Richtungen entwickelt. Das Beispiel Italien zeigt dies besonders deutlich. Hier machen einerseits mondäne, weltoffene Menschen Urlaub, während sich im Hintergrund seit der Machtübernahme Mussolinis im Jahr 1922 bereits die ersten Schrecken des Faschismus zusammenbrauen. Frauen zelebrieren ihre neue Freiheit rund um Frauenwahlrecht und bejubeln Josephine Baker im Bananenröckchen, während die „Braunhemden“ ihnen nach und nach ihre Besitzansprüche entziehen wollen und sie lieber als Heimchen am Herd sehen. So ist der zweite Teil der „Downton Abbey“-ähnlichen Buchreihe noch spannender und tragischer. Für so manche/n Protagonist/in wartet kein Happy End hinter dem Sonnenuntergang! Weiterlesen

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Mariann Bühler: Verschiebung im Gestein

Mariann Bühler erzählt in ihrem Romandebüt „Verschiebung im Gestein“ von drei Menschen, die in einem engen Tal in den Alpen leben. Talgrund gibt es keinen. Nur ein Fluss und eine Straße markieren den tiefsten Punkt. Das Dorf stemmt sich, wie viele Dörfer am Land, gegen die Abwanderung. Elisabeth betreibt die einzige Bäckerei und sogar die war lange geschlossen. Nach dem Tod ihres Mannes Jakob fiel Elisabeth in ein Loch, aus dem sie sich nur langsam wieder herausrappeln konnte. Sie hat eine einzige Tochter, Ruth. Ruth ist aus dem Dorf fortgegangen, weil die Beziehung zu ihrer Mutter schwierig war und ist. Sie kommt allerdings zurück, um in der Umgebung in der Hauskrankenpflege zu arbeiten, wohnt aber nicht bei ihrer Mutter, sondern bei dem alleinstehenden Bauern Alois. Sie mögen einander und eine Weile sieht es so aus, als könnte sie ihre Beziehung in eine gemeinsame Zukunft tragen. Dem ist aber nicht so.

Die dritte Protagonistin kehrt zeitweise in das Dorf zurück, um das Haus ihrer Großeltern als Sommerhaus zu bewohnen. Sie hat keinen Namen, aber es verbinden sie viele Erinnerungen mit dem Tal, weil sie dort aufgewachsen ist. Sie kauft Brot bei Elisabeth, ohne sie zu kennen oder in näheren Kontakt mit ihr zu treten. Das Sommerhaus steht leer, die Großeltern wohnen nicht mehr dort. Weiterlesen

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Benjamin Cors: Krähentage

Meine Güte, was für ein Ritt. Dieser Thriller lässt wenig aus, eine sehr geheimnisvolle Mordserie, Ermittler – zu einem neuen Team zusammengewürfelt und mit schwerem Gepäck – und am Ende jede Menge unerwartete Aufklärung.

Die Gruppe 4 wurde neu gebildet, extra als Sondereinheit zur Ermittlung für schwere Seriendelikte. Jakob Krogh leitet sie gemeinsam mit der frisch aus Wien in Deutschland eingetroffenen Mila Weiss. Auch Jakob kommt nicht aus der Stadt, in der er ermittelt, er wohnt mit seiner Familie am See und pendelt an den Wochenenden – so es denn möglich ist. Die erste Serie lässt nicht lange auf sich warten, drei Frauen wurden in ihren Wohnungen überfallen und mindestens schwer verletzt. Natürlich will die Presse Ergebnisse, man steht also unter Druck.

Der Leser erfährt sehr schnell etwas über den Täter, was er für sehr viel hält – ist es aber nicht. Überhaupt arbeitet Benjamin Cors seine Protagonisten sehr gut aus, man glaubt als Leser, sie zu kennen und trotzdem sind sie immer wieder für Überraschungen gut. Weiterlesen

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Gudrun Eiden: Nach uns das Leben

Vier alte Herren trauern, denn ihr Chor gibt auf. Es gibt keinen Nachwuchs mehr, die derzeitigen Chormitglieder sind alt und müde. Daher sehen sie nun ihrem letzten Auftritt entgegen.

Das ist allerdings für diese vier Männer mehr als schmerzlich, denn der Chor war für sie wie eine Heimat, ein Hafen, fast eine Familie. Hier haben sie sich wohlgefühlt, konnten reden und gemeinsam schweigen, viele Jahre lang.

Vor diesem letzten Auftritt veranlasst sie das, auf ihr Leben zurückzublicken – ein Leben, das für keinen von ihnen ein Zuckerschlecken war. Der Roman folgt den Gedanken von Hugo, Otto, Hans und Carl, die sich auf den Abschiedsauftritt vorbereiten. Jeder der Männer bekommt ein Kapitel, in welchem seine Geschichte, die Geschichte seiner Familie, seines Lebens erzählt wird. Weiterlesen

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D.C. Odesza: Beloved Villian: You can’t run from me

Um vor einem Stalker zu fliehen, zieht Nuria nach Australien, um als Au-Paire zu arbeiten. Sie rechnet aber nicht damit, dass ihre Gastfamilie auch einige Geheimnisse hüten, die gefährlich für die junge Frau werden könnten. Zum Glück hat sie ja doch noch ihren Stalker an ihrer Seite, oder?

Das erste Drittel des Buches fand ich noch etwas schwierig mit dem Lesen, aber dann hat es mich doch noch etwas begeistern können. Ich muss dazu sagen, dass ich dieses Dark Romance einfach nicht so unbedingt feiere und mir manches Mal alles zu viel wird mit den Details, hier war es aber ok. Außerdem war es teils ganz schön spannend, wenn der Stalker für mich auch etwas schwach gezeichnet wurde und ich ihn nicht ganz so einordnen konnte. Er war das komplette Gegenteil von Nuria, aber wie sagt man so schön? Gegensätze ziehen sich an.

Gefallen hat mir hier der Thriller-Anteil, der das Ganze schön spannend macht. Auch die unvorhersehbaren Plot-Twists waren gut gesetzt und das Buch ließ sich gut durchlesen. Weiterlesen

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Arezu Weitholz: Hotel Paraíso

Die Auszeit in einem verwaisten Hotel an der Algarveküste wird für eine junge Frau zur Reise zurück in die Kindheit und zum Selbstfindungstrip.

Für ihren im Jahr 2020 erschienenen erfolgreichen Vorgängerroman „Beinahe Alaska“ wurde die Autorin Arezu Weitholz mit dem Hans-Fallada-Preis ausgezeichnet.

Ihr neuer Roman „Hotel Paraiso“ entpuppt sich als kein wirkliches Paradies. Dennoch, das Timing könnte kaum besser passen für die Protagonistin: Frieda hat Probleme in ihrem Beruf, da kommt ihr das Angebot, die Weihnachtszeit in Portugal, in einem Hotel am Meer zu verbringen, gerade recht.

Jetzt, außerhalb der Saison, ist das Hotel Paraiso geschlossen. Während die Besitzerin ihren Urlaub in Asien verbringt, soll das Haus nicht leer stehen, weshalb sie der jungen Frieda den Hotelschlüssel samt ihrem Labrador Otto überlässt.

Frieda kommt die Ruhe im Hotel und an der Küste gelegen. Sie braucht Abstand zu ihrem Job als Synchronsprecherin, der zum Problem geworden ist. Nun ist sie krankgeschrieben, weil ihre Stimme versagt und sie sich nicht mehr in die Figuren hineinversetzen kann. Zudem treibt sie um, dass sie früher oder später möglicherweise durch KI ersetzt werden könnte. Weiterlesen

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