Achim Bogdahn: Unter den Wolken

Zwischen Bremen und Bayern liegen 2929,5 m. Also Höhenmeter. Zugspitze in Bayern minus die Erhebung in Friedehorstpark in Bremen. Ich habe das ausgerechnet und darauf vertraut, dass Achim Bogdahn bei den Höhenangaben richtig recherchiert hat. Nach der Lektüre von „Unter den Wolken“ bin ich mir sicher, dass das Vertrauen gerechtfertigt ist.

Achim Bogdahn fasst 2018, ausgelöst durch eine Zeitungsnotiz über Benno Schmidt, bekannt als Brocken-Benno, den kühnen Entschluss, in jedem der 16 Bundesländer in Begleitung eines ortsansässigen Prominenten den jeweils höchsten Berg zu erklimmen. Um die Challenge noch zu verfeinern, steuert er seine Wanderziele mit öffentlichen Verkehrsmitteln an und erwirbt zu diesem Zweck die Bahncard 100. Zwischen November 18 und Juli 21 reist der Radiomoderator (Bayern 2), dessen Künstlername Achim Sechzig ihn als Fan von 1860 München ausweist, vonMünchen aus zu den abgelegensten Orten, um dort angeregt plaudernd und mehr oder wenigergeradlinig Gipfel zu besteigen. Die dabei gewonnen Erkenntnisse und Erfahrungen können nun in seinem Buch „Unter den Wolken“, verlegt vom Heyne Verlag, nachgelesen werden.

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Victoria Belim: Rote Sirenen: Geschichte meiner ukrainischen Familie

Victoria kann sich noch gut an ein Gespräch mit ihrem Vater erinnern, während sie sich bei den Hausaufgaben über die lästige Zweisprachigkeit beschwerte. Damals erklärte er ihr den Unterschied zwischen der Mutter- und der Landessprache. Für das Recht, ukrainisch sprechen zu dürfen, seien Menschen gestorben. Auch der erwachsenen Victoria fällt die russische Sprache leichter. Ihr Gefühl für die Ukraine, ihre Heimat, rutschte an den Rand ihrer Erinnerungen: Im Alter von 14 Jahren zog sie in die USA, ging dort zur Schule und studierte. Später zog sie mit ihrem Mann nach Brüssel.

2014 nahm sich Russland mit Gewalt die Krim. In der gleichen Zeit verspürte Victoria das Verlangen, ihre Großmutter Valentina zu besuchen. Mit der späten „Heimkehr“ kamen die alten Erinnerungen zurück. Noch immer sprach sie Valentina auf Russisch an, während diese auf Ukrainisch antwortete. Den Fragen ihrer Enkelin wich Valentina aus und redete stattdessen über ihren Obstgarten oder Gemüseanbau. Das Unaussprechliche blieb trotzdem ein Thema.

Die Autorin Victoria Belim widmet ihr erstes Buch der 2021 verstorbenen Valentina, das in diesem Jahr zeitgleich in 15 Ländern erscheinen ist. Darüber hinaus wählte sie deren Nachnamen als Künstlernamen.

Unvorstellbares Unrecht

Das Zitat von Stalin, ein einzelner Tote sei eine Tragödie, eine Million Tote seien nur eine Statistik, zeigt in sehr anschaulicher Weise, wie Massenmord, Terror und systematische Missachtung der Menschenrechte betrachtet wurde. Victorias Recherche wird über viele Rückblenden ergänzt, die kunstvoll in ihre täglichen Bemühungen eingebettet sind. Sie beschreibt, wie unvorstellbares Unrecht und Not über drei Generationen hinweg ihre Familie drangsalierte. Alles hat Spuren hinterlassen. Ein Buch über die Identitätssuche der Autorin bekommt nicht nur aus aktuellem Anlass eine tiefer gehende Bedeutung, während die Ukraine ihre Unabhängigkeit erneut zu verlieren droht.

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Franziska Elea: Was du nicht siehst

Offen über psychische Krankheiten sprechen und dabei Mut machen? Ja, weil psychische Erkrankungen endlich aus der Tabuzone geholt werden müssen. Es ist wichtig, mentale Gesundheit in den Fokus zu rücken, ohne dabei zu verurteilen.

Ich lege euch dieses Buch ans Herz, um in ein anderes Leben zu blicken, eine andere Perspektive zu lesen. Auch wenn ich die Lektüre nicht als Holy Grail für Borderline-Betroffene sehe, da es vielmehr eine höchstpersönliche Aufarbeitung Franziskas junger Lebensgeschichte ist. Einen Blick in ihr Innerstes, „einer Wüste mit vielen unerbittlich wütenden Sandstürmen“. (S. 36)

„Was du nicht siehst“ ist eine Melange aus Autobiografie, retrospektiver Selbstanalyse und ganz viel Emotion. Wobei sich ein bittersüßer melancholischer Unterton durch dieses Werk zieht. Darin berichtet Franzi episodenhaft von ihrer Familie, Kindheit und Jugend, ihrem schwierigen Mutter-Tochter-Verhältnis, ihren Liebeleien, selbstverletzenden Verhaltensweisen, Drogenproblemen, erfolglosen Psychiatrie-Aufenthalten, ihrer Borderline-Persönlichkeitsstörung und der damit einhergehenden unaufhörlichen Gefühlsachterbahn.

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Tupoka Ogette: Ein rassismuskritisches Alphabet

Wir müssen über Rassismus sprechen! Tupoka Ogette beschäftigt sich als Vermittlerin, Beraterin und Autorin mit dem Thema Rassismus. Ihre Bücher „exit RACISM. Rassismuskritisch denken lernen“ sowie „Und jetzt du. Rassismuskritisch leben lernen“ sollen nicht nur über Rassismus aufklären, sondern im Idealfall zum Gegenteil von Rassismus beitragen: Antirassismus. Dieses Ziel verfolgt sie auch mit dem „rassismuskritischen Alphabet“, in dem kurz und knackig verschiedene Facetten des Themas abgehandelt werden. Dieses Buch sollte jeder gelesen haben!

Rassismus ist ein Thema, das jeden Menschen angeht – er steckt in unserem System, in unserer Struktur, die manchen Menschen Privilegien verwehrt, für die Andere nichts tun mussten. Wir alle sind in eine Gesellschaft hineingeboren, die auf Rassismus beruht. Deshalb ist es auch an uns allen, etwas gegen diese Strukturen zu unternehmen. Weiße Menschen haben mit dem Ausmaß von Rassismus oft wenig Berührungspunkte und sagen dann gerne etwas wie „Ich bin nicht rassistisch“ oder „Ich sehe keine Hautfarben“. Warum das nicht produktiv ist und sogar zur Aufrechterhaltung des rassistischen Systems beiträgt, wird im Buch erklärt.

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Harald Meller, Kai Michel: Das Rätsel der Schamanin: Eine archäologische Reise zu unseren Anfängen

Wenn die Polizei in einem kalten Fall ermittelt, dann können mitunter Jahrzehnte nach der Ermordung des Opfers vergangen sein. In der Archäologie sind kalte Fälle Alltag. In einem besonders spektakulären Fall wurde vor zwei Jahren in der Solestadt Bad Dürrenberg in Sachsen-Anhalt erneut gegraben. Es handelt sich um eine Grabstelle, die aufgrund ihrer besonderen Lage, nämlich ein erhöhtes Plateau mit einer Weitsicht über das von der Saale durchzogene Tal, auf eine Person mit großem Ansehen hinweist. Auch die wertvollen Grabbeigaben betonen die herausragende Stellung dieser Person vor etwa 9000 Jahren.

1934 fanden Arbeiter beim Verlegen von Wasserrohren ein Skelett. Der Fund wurde gemeldet, auf die Schnelle dokumentiert, die seitlich geöffnete Grabstelle skizziert und nach der Entnahme der augenscheinlichen Fundstücke mit dem Aushub wieder befüllt. Anfangs nutzten Wissenschaftler den Fund, um die These des nordischen Ariers im Sinne von Hitler und Himmler zu beweisen. Für die Propaganda ist bekanntlich nichts und niemand heilig. Dass das Skelett tatsächlich keinem Mann sondern einer Frau gehörte, die auf ihrem Arm ein Baby hielt, wurde ignoriert und vergessen.

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Dr. Willi Kremer-Schillings: Satt und unzufrieden: Bauer Willi und das Dilemma der  Essensmacher

Das Sterben der kleinen Höfe hat sich schon lange zu einer Routine eingestellt. Und dieses Sterben geht weiter, jedes Jahr, jeden Tag, bis nur noch Agrarfabriken übrigbleiben werden. Mit den grünen Kreuzen machten die Landwirte auf ihre existenzgefährdende Situation aufmerksam.

Wer das Dilemma begreifen will, muss die Anfänge sehen. Zum Beispiel bei dem Autoren und Landwirt Dr. Willi Kremer-Schillings. Auf seinem Blog findet man einen Filmbeitrag über Schädlinge an seinen Zuckerrübenpflanzen. Noch vor ein paar Jahren brachte er seine Saat mit einer Ummantelung in den Boden. Diese Schicht vermied die Ausbreitung der Läuse auf den Jungpflanzen. Seit diese Vorbehandlung des Saatgutes verboten ist, sind die Pflanzen ungeschützt. In Frankreich, so berichtet der Autor, seien 80% der Ernte durch die Läuse vernichtet worden. Er zeigt auf die befallenen Flächen seines etwa 2 ha großen Feldes, die wie gelbe Nester im satten Grün aussehen. Würde er seine Pflanzen spritzen, bräuchte er für die gesamte Fläche etwa 180 g eines Schädlingsbekämpfungsmittels. Was soll ein Bauer in so einer Situation machen, gegen Schädlinge spritzen oder auf einen großen Teil seiner Ernte verzichten? Zum Vergleich: 4 bis 5 g von dem gleichen Mittel seien auch in einem Hundehalsband zu finden, erklärt der Autor.

Regelmäßig muss ein Landwirt die Bearbeitung seiner Felder dokumentieren und die Kontrolleure aus der eigenen Tasche bezahlen. Darüber hinaus ändern sich ständig die Regeln der EU für die Bewirtschaftung von Acker- und Landflächen in einer undurchschaubaren Weise. Dies führt zu einem wachsenden Verwaltungsaufwand.

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Anuschka Roshani: Gleißen: Wie mich LSD fürs Leben kurierte

Die Substanz hatte mein Ich in eine gefühlte Ewigkeit gebombt – ich glaubte zu sterben –, und meinem Alltagsbefinden währenddessen, so unmerklich wie unverkennbar, eine funkelnagelneue Dimension hinzugefügt.“ (Zitat S. 9)

Der Markt boomt: Aktuell schießen nicht nur Biotech-Start-ups* wie Pilze aus dem Boden, auch an Universitäten werden Abteilungen wie „Center fortheNeuroscienceofPsychedelics“ oder „Center forPsychedelicandConsciousness Research“ gegründet. (*die die neurowissenschaftliche Forschung mit Psychedelika vorantreiben)

Neugierig geworden durch diese Forschungsrenaissance von LSD, fängt Anuschka Roshani an, zu recherchieren. Ihre Recherche mündet dort, wo alles anfing: in der Schweiz. Spezieller: in einer LSD-Selbsterfahrung eines höchstpersönlichen „erquicklichen Perspektivwechsels“ am Unispital Basel, wo sie am Grund ihrer Seele schürfte.

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Patrick Aryee: 30 Tiere, die uns klüger machen

Endlich mal positive, bewusstseinserweiternde Inspirationen! Sie haben genug von schlechten Nachrichten und Krisen aller Art? Dann werden Ihnen die 30 atemberaubenden Episoden aus dem Tierreich die Augen öffnen. Denn was wäre, wenn die Lösungen für viele unserer gegenwärtigen Probleme in der Natur liegen – seit Beginn der Evolution erprobt, perfektioniert, sogar unter extremen Überlebensbedingungen? Ein Best-Practice-Kandidat ist das Bärtierchen, das Jahrzehntelang ohne einen Tropfen Wasser überleben kann! Die Panzerschuppen des prähistorischen Fischs Arapaima im Amazonas halten sogar dem Biss eines Piranhas stand, während der Kopf eines Spechts der 1000-fachen Schwerkraft ausgesetzt ist, ohne dabei Schaden zu nehmen. Ob Energiewende, Tarnanzüge, Schutzausrüstung, Gebäudeeffizienz, Langlebigkeit oder Marsbesiedelung – vieles, was noch nach Zukunftsmusik klingt, könnte dank Inspirationen aus dem Tierreich bald Wirklichkeit werden.

Hier lernen LeserInnen nicht nur die außergewöhnlichen Fähigkeiten von Tieren kennen, sondern auch, wie wir diese für technische Innovationen umsetzen können. Die Rede ist von dem faszinierenden Feld der „Bionik“, auch „Biomimikry“ genannt. Die Rezensentin verspricht: Dieses Buch wird ihre Vorstellungskraft sprengen. Im Kapitel mit dem Bombadierkäfer sogar sprichwörtlich…

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Yeva Skalietska: Ihr wisst nicht, was Krieg ist

Ihr wisst nicht, was Krieg istDas Tagebuch einer Zwölfjährigen, die vor den Bomben aus der Ukraine geflüchtet ist. Yeva ist ein ganz normales junges Mädchen mit ganz normalen Wünschen und Träumen. Die sich alle in Staub auflösen am 24. Februar 2022, als Russland die Ukraine überfällt.

Yeva, die bei ihrer Großmutter aufwächst, wird von einem Tag auf den anderen aus ihrem gewohnten Leben gerissen. Ihre Schule wird getroffen von den Bomben, die auf Charkiw, ihre Heimatstadt, fallen. Ihre Mitschüler und sie tauschen sich über WhatsApp aus über das, was sie erleben in diesen ersten Kriegstagen. Als auch das Wohnhaus, in dem sie mit ihre Oma wohnt, getroffen wird, fliehen sie zu einer Freundin der Großmutter.

Dort müssen sie immer wieder im Keller ausharren, wenn ein neuer Angriff der Russen über die Stadt hereinbricht. Yeva lernt, was es bedeutet, unter ständigem Beschuss leben zu müssen, lernt, was es heißt, für die nötigsten Lebensmittel lange anstehen zu müssen. Sie erfährt, was es bedeutet, im Krieg zu leben. Weiterlesen

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Christina Sondermann: Einfach schnüffeln

Was ich an Christina Sondermann Büchern so liebe, ist die einfache Umsetzbarkeit der Vorschläge. Man braucht selten mehr, als man ohnehin zu Hause hat und das Meiste macht sogar meiner Hündin Spaß, die sich eher nicht so leicht begeistern lässt und erstmal fragt: Was soll ich damit? Warum?

Aber Christina Sondermann zeigt nicht nur einfach Spiele, sie gibt auch Vorschläge, wie man den Hund motiviert, wie man es abwandelt, damit es für Anfänger leichter und für Profis etwas herausfordernder wird. Dazu kommen viele Bilder, denn Bilder sagen oft mehr als Worte.

Eingebettet in die Spiele ist immer wieder Hintergrundwissen über Hunde, die Hundenase und Hundeverhalten. Aber es geht nicht nur darum, aufwendig Schnüffelspiele aufzubauen und abzuarbeiten – obwohl das bei Sauwetter auch hilfreich ist. Es gibt Vorschläge, wie man den ganz normalen, alltäglichen Spaziergang durch ganz einfache Schnüffeleien aufpeppen kann und nach nicht mal einem Kilometer einen ausgelasteten Hund hat.

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