Tupoka Ogette: Ein rassismuskritisches Alphabet

Wir müssen über Rassismus sprechen! Tupoka Ogette beschäftigt sich als Vermittlerin, Beraterin und Autorin mit dem Thema Rassismus. Ihre Bücher „exit RACISM. Rassismuskritisch denken lernen“ sowie „Und jetzt du. Rassismuskritisch leben lernen“ sollen nicht nur über Rassismus aufklären, sondern im Idealfall zum Gegenteil von Rassismus beitragen: Antirassismus. Dieses Ziel verfolgt sie auch mit dem „rassismuskritischen Alphabet“, in dem kurz und knackig verschiedene Facetten des Themas abgehandelt werden. Dieses Buch sollte jeder gelesen haben!

Rassismus ist ein Thema, das jeden Menschen angeht – er steckt in unserem System, in unserer Struktur, die manchen Menschen Privilegien verwehrt, für die Andere nichts tun mussten. Wir alle sind in eine Gesellschaft hineingeboren, die auf Rassismus beruht. Deshalb ist es auch an uns allen, etwas gegen diese Strukturen zu unternehmen. Weiße Menschen haben mit dem Ausmaß von Rassismus oft wenig Berührungspunkte und sagen dann gerne etwas wie „Ich bin nicht rassistisch“ oder „Ich sehe keine Hautfarben“. Warum das nicht produktiv ist und sogar zur Aufrechterhaltung des rassistischen Systems beiträgt, wird im Buch erklärt.

Das Alphabet ist sehr kompakt strukturiert. Gleichzeitig hat es ein vitalisierendes, schönes Design, das das Umblättern zum nächsten Buchstaben jedes Mal aufregend macht. Jedem Buchstaben des Alphabets wird ein Thema rund um (Anti-)Rassismus gewidmet, das auf einer Doppelseite behandelt wird. Besprochen wird die geschichtliche Einordnung (etwa Kolonialismus und Blackfacing), Rassismus an sich (Stichwort struktureller Rassismus und Intersektionalität), die Auswirkungen von Rassismus für Betroffene (z.B. Emotional Tax und Race Based Stress), Rassismus und Argumentationsstrukturen heutzutage (Stichwort Happyland, Gaslighting, Othering) und die Ziele der Rassismuskritik. Es sind also verschiedene Bereiche abgedeckt, die allesamt nicht nur spannend sind, sondern auch eine Wissensgrundlage darstellen.

Ogette macht darüber hinaus Vorschläge dahingehend, wie man das Alphabet nutzen könnte. Es kann beispielsweise als Nachschlagewerk, Impulsgeber oder auch als Diskussionsgrundlage herangezogen werden. Zu Beginn richtet sich Ogette außerdem auf eine sympathische und nahbare Weise an die Leser*innen und holt sie vom jeweiligen Standpunkt ab.

Das Besonderste bei diesem Alphabet ist, dass es interaktiv gestaltet ist. Zu jedem Buchstaben gibt es eine Seite, auf der Platz für persönliche Gedanken zum jeweiligen Thema ist. Nicht selten werden auch wertvolle Buch- und Filmtipps gegeben, falls man sich weiter damit beschäftigen möchte. Teilweise werden gezielt Fragen und Aufgaben gestellt, durch die man sich noch mehr in das zuvor Gelesene hineindenken und eigene Erfahrungen reflektieren kann. Das ermöglicht es, zu dem Buch und dem Thema einen persönlichen Bezug herstellen zu können. Das macht nicht nur den Lerneffekt um einiges größer, sondern dazu auch noch Spaß.

Tupoka Ogette ist es wichtig, zu betonen, dass rassismuskritisch leben ein langwieriger Prozess ist, in dem es absolut okay ist, Fehler zu machen und Wissenslücken zu haben. Egal, wie viel oder wenig man sich also bisher mit Rassismus beschäftigt hat; es kann es nicht schaden, das Alphabet durchzulesen. Im Gegenteil: es ist immer eine gute Sache, seinen Horizont zu erweitern und im besten Fall aus dem Happyland (ein sehr interessanter Begriff, der auch im Alphabet vorkommt) herauszutreten und aktiv zu Antirassismus beizutragen.

Tupoka Ogette: Ein rassismuskritisches Alphabet.
cbj, September 2022.
128 Seiten, Paperback, 15,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Melina Lange.

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