Achim Bogdahn: Unter den Wolken

Zwischen Bremen und Bayern liegen 2929,5 m. Also Höhenmeter. Zugspitze in Bayern minus die Erhebung in Friedehorstpark in Bremen. Ich habe das ausgerechnet und darauf vertraut, dass Achim Bogdahn bei den Höhenangaben richtig recherchiert hat. Nach der Lektüre von „Unter den Wolken“ bin ich mir sicher, dass das Vertrauen gerechtfertigt ist.

Achim Bogdahn fasst 2018, ausgelöst durch eine Zeitungsnotiz über Benno Schmidt, bekannt als Brocken-Benno, den kühnen Entschluss, in jedem der 16 Bundesländer in Begleitung eines ortsansässigen Prominenten den jeweils höchsten Berg zu erklimmen. Um die Challenge noch zu verfeinern, steuert er seine Wanderziele mit öffentlichen Verkehrsmitteln an und erwirbt zu diesem Zweck die Bahncard 100. Zwischen November 18 und Juli 21 reist der Radiomoderator (Bayern 2), dessen Künstlername Achim Sechzig ihn als Fan von 1860 München ausweist, vonMünchen aus zu den abgelegensten Orten, um dort angeregt plaudernd und mehr oder wenigergeradlinig Gipfel zu besteigen. Die dabei gewonnen Erkenntnisse und Erfahrungen können nun in seinem Buch „Unter den Wolken“, verlegt vom Heyne Verlag, nachgelesen werden.

Es war sicher nicht immer einfach, die lokalen Promis zur Bergwanderung zu überreden bzw. dafür einen Termin im Kalender zu finden. Dem Autor ist es gelungen, für jede der 16 Wanderungen interessante Begleiter ganz unterschiedlicher Couleur zu finden – aktive und ehemaliger Sportler, Künstler, Politiker, Autoren, einen Schauspieler, einen Regisseur und mit Margot Käßmann auch eine ehemalige Bischöfin. Dabei ist Achim Bogdahn immer gut informiert, weiß um Lebensdaten, Verdienste und Eigenheiten seiner Partner und es entstehen lesenswerte Reportagen. Ich lese von Siegen und Niederlagen der Hahner-Zwillinge, lerne Lars Riedel als Nicht-Ausdauersportler kennen, Kati Wilhelm als sympathische Geschäftsfrau und Hans-Joachim „Aki“ Watzke, denGeschäftsführer von Borussia Dortmund, als angenehmen Gesprächspartner. Achim Bogdahn erweist sich in jedem Fall als anpassungsfähiger Wanderbegleiter.

Gute Vorbereitung

Details über Bundesland und lokale Besonderheiten zeugen zudem von guter Vorbereitung und erfrischender Neugier. Ich erfahre viel über Land und Leute und weiß jetzt zum Beispiel, dass es am Kutschenberg schon seit Anfang der 80er Jahre eine Offroad-Rennstrecke gibt oder dass der Müggelbergnicht wirklich die höchste Erhebung von Berlin ist, aber die höchste natürliche – alle höheren Berge sind Schotter- oder Müllberge. Dazu gibt es jede Menge Fußballgeschichten und persönliche Erlebnisse. Vor allem aber erlebe ich Achim Bogdahn als amüsanten Erzähler, der sich tapfer mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Deutschland kämpft und dabei zahlreiche von der Bahn bereitgestellte Abenteuer besteht, ohne an dem Konzept Zugfahrt zu verzweifeln. Ich bewundere ihn für seinen nahezu unzerstörbaren Optimismus, mit dem er auch den Widrigkeiten der Reise noch eine humorvolle Sicht abgewinnen kann. Das Deutschland, das er beschreibt, ist voller spannender Geschichten und freundlicher Menschen. Ich will ihm gerne glauben.

Achim Bogdahn: Unter den Wolken.
Heyne, August 2022.
461 Seiten, Hardcover, 22.00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Jana Jordan.

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