Jillian Scudder: In 74 Fragen durch das Universum

Das Universum: Wer ist nicht davon fasziniert? Aber was wissen wir wirklich über den leuchtenden Nachthimmel über uns? Die meisten Menschen werden mehr Fragen als Antworten haben und 74 dieser Fragen verspricht Jillian Scudder in ihrem neuen Sachbuch „In 74 Fragen um das Universum“ zu beantworten. Die Autorin ist Astrophysikerin und Assistenzprofessorin am Oberlin College in Ohio (USA), die ihr Leben dem Weltraum widmet.

Ein spannendes Konzept, das viel verspricht – auch mit dem Untertitel: „Warum Sterne funkeln und wo wir nach außerirdischem Leben suchen sollten“. Die letztendliche Zusammenstellung der Fragen, die dieses Buch leiten sollen, ist hingegen … ausbaubar. Dass einige Fragen etwas gestelzt formuliert sind, ist bei so einem Konzept natürlich verzeihbar – manchmal soll einfach ein spannender Punkt ausgeführt werden, für den die formulierte Frage die Antwort eigentlich schon vorwegnimmt.

These mit Fragezeichen

Eher eine mit Fragezeichen gekennzeichnete These als eine echte Frage. Darüber kann man hinwegsehen, immerhin ist das hier ein Sachbuch und kein literarisches Werk mit hohem rhetorischem Anspruch. Aber das führt zum echten Kritikpunkt: Es ist ein Sachbuch. Ein Sachbuch über das Weltall, von einer Astrophysikerin verfasst – „Was sind Meteore?“, „Warum leuchtet der Mond?“ und „Was ist das Polarlicht?“ sind Fragen, für deren Antwort ich kein Sachbuch, sondern nur die Allgemeinbildung aus der fünften Klasse brauche.

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Franziska Tanneberger & Vera Schröder: Das Moor

Auf einmal war dieses Bild in meinem Kopf: Auf einer für Menschen unhörbaren Frequenz dröhnt ein Alarmsignal. Es ist so gigantisch laut, dass die Bäume zittern, und allmählich der Boden unter den Füßen in Bewegung gerät. Dies könnte so bis zur Katastrophe weitergehen, wären da nicht ein paar Menschen, die etwas wahrnahmen. Irgendwann verstanden sie das Signal, und dann begriffen sie das Ausmaß der Bedrohung.

Die Autorin und Wissenschaftlerin Dr. Franziska Tanneberger verlebte ihre Kindheit in Berlin-Pankow. Die Urlaube in Usedom waren für sie das Beste, weil ihr Großvater mit ihr immer wieder ins Moor ging. Sie lernte dort die Pflanzenvielfalt und Tierwelt kennen. Ihre Liebe zu der Schönheit unberührter Natur wuchs. Nach dem Abitur studierte sie Landschaftsökologie, Naturschutz und das Hauptfach Moorökologie. Damit belegte sie eine Nische, in der besondere Menschen in ihren Fokus gerieten. Sie nennt sie die Moormenschen. Auch in den Moorgebieten in Ostpolen fiel ihr auf, dass der Mensch in die Moore stark eingegriffen hatte. (S. 48)

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Martin Häusler: Gezählte Tage: Als John Lennon seine Seele verkaufte

Es wird immer wieder gesagt, dieses Buch sei etwas für John Lennon-Fans … doch ist der Roman „Gezählte Tage“ mehr als eine Geschichte der Band und des Künstlers, wobei dieser Teil des Romans mit viel Verve erzählt wird. Der Autor und Musikredakteur Martin Häusler hat natürlich das Hintergrundwissen und als Mitglied einer Beatles-Cover-Band die nötige Leidenschaft, dem „Shootme!“ aus dem Song „Come together“ nachzuspüren.

Die Antwort auf Frage, ob Yoko Ono die Gute oder die Böse im Leben von John Lennon und der Beatles war, wird naturgemäß höchstens der Hälfte aller Fans gefallen.

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Christoph Marx: Deutsche Geschichte in 100 Zitaten

Wer hätte gedacht, dass man Geschichte erzählen kann mittels Zitaten. Doch es gelingt, und zwar sehr interessant und abwechslungsreich. Der Publizist Christoph Marx versammelt 100 Zitate zu einem mehrere Jahrhunderte währenden Marsch durch die Deutsche Geschichte. Beginnend im ersten Jahrhundert nach Christus mit einem Tacitus zugeschriebenen Zitat, das seinem Erstaunen über das Erscheinungsbild der Germanen Ausdruck verleiht.

Im Mittelalter finden wir beispielsweise ein Zitat Walter von der Vogelweides, von wem auch wohl sonst. Aber auch der Wahlspruch der Hanse „Eintracht innen, draußen Frieden“ wird in der Zitatensammlung aufgeführt.

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Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister: Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland

Ewald Frie hat zehn Geschwister. Der älteste Bruder wird 1944 geboren, die jüngste Schwester 1969. Ewald ist die Nummer neun. Familie Frie betreibt in Münster in Westfalen einen Viehzucht- und Milchviehbetrieb. Ewald Frie, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen, hat seine Geschwister interviewt und sie nach ihren Kindheits- und Jugenderlebnissen befragt. Anhand ihrer unterschiedlichsten Erfahrungen macht er den Wandel in der deutschen Landwirtschaft sichtbar. Er berichtet von der stillen Auflösung der bäuerlichen Gesellschaft. Haben die Ersten in der Geschwisterreihe noch Hilfskräfte am Hof erlebt, eine Gemeinschaft, in der beinahe jeder nach Stall roch und Pferde vor den Pflug gespannt wurden, so ist die Welt eine völlig andere, als die Jüngste, Martina, den Hof verlässt, um eigene Wege zu gehen. Bis ca. 1830 blickt der Autor in seiner Familiengeschichte zurück. So einschneidende Veränderungen wie zwischen 1950 und 1980 hat es niemals zuvor gegeben.

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Frank Vorpahl: Aufbruch im Licht der Sterne: Wie Tupaia, Maheine und Mai Captain Cook den Weg durch die Südsee erschlossen

Es ist noch gar nicht so lange her – es war 2018 -, da legte der Historiker Frank Vorpahl eine wunderschöne und erkenntnisreiche Monografie über Georg Forster vor, jenen faszinierenden Forscher und Freidenker, der in jungen Jahren das Privileg hatte, als Assistent seines Vaters eine der Reisen des berühmten Captain James Cook begleiten zu dürfen. Forster schrieb seine unvergleichliche „Reise um die Welt“ und Vorpahl würdigte sein Schaffen in einem von Galiani Berlin großartig gestalteten Band (Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster. Galiani Berlin 2018).

Nun legen Autor und Verlag nach: Mit „Aufbruch im Licht der Sterne“ holen sie drei verdienstvolle Polynesier, ohne die Cook wohl nie aus der Südsee zurückgefunden hätte, aus dem Reich des Vergessens – eben jene Tupaia, Maheine und Mai. Alle haben eine faszinierende individuelle Geschichte und stehen doch für eine beeindruckende Kultur, die man als exotisches Beiwerk der großen Taten Cooks gerne mitrezepiert, deren Bedeutung aber in der eurozentrischen Perspektive oft vernachlässigt wird.

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Siri Hustvedt: Mütter, Väter und Täter

Zwanzig Essays, die Siri Hustvedt in den Jahren zwischen 2011 und 2020 verfasst hat, sind in diesem Buch versammelt.

Einerseits sind diese Essays stark von ihren persönlichen Erinnerungen an ihre Familie und deren Herkunft geprägt, andererseits greift Hustvedt Themen auf, mit denen sie sich auch bereits in ihren Romanen auseinandergesetzt hat, so unter anderem mit den Neurowissenschaften, der Psychoanalyse, Kunst, Schreiben, natürlich dem Feminismus und – weil es ins Zeitraster fällt – der Pandemie. 

Gleich zu Anfang gewährt sie uns sehr private Eindrücke aus ihrer Kinderperspektive auf ihre ländlich geprägte Großmutter Tillie, der Mutter ihres Vaters, die keinen feinen Sprachgebrauch pflegte. Ihrem Vater, einem Literaturprofessor, kreidet sie indirekt an, dass er so gut wie nie über Frauen, sondern immer nur über Männer schrieb und auch die Frauen aus der eigenen Familie in seinen hinterlassenen Briefen und Dokumenten wenig bedachte. Dennoch behauptete sich ihre Mutter als starke und autarke Frau neben dem Vater.

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Angelina Boerger: Kirmes im Kopf: Wie ich als Erwachsene herausfand, dass ich AD(H)S habe

Für all die wundervoll anders tickenden Gehirne da draußen“ – Angelina Boerger

Angelina Boerger hat selbst erst im Erwachsenenalter von ihrem ADHS erfahren. Auf ihrem Instagram-Channel „KirmesimKopf“ klärt sie ihre Followerschaft über das Syndrom auf. Jetzt hat sie ihr erstes Buch rausgebracht. Darin teilt sie ihre Geschichte, Emotionen und all das, was mit ihrer Diagnose und ihrem Weg dorthin, zusammenhängt. Ungefiltert, offen und ehrlich.

Yay, endlich eine moderne Auseinandersetzung mit dieser wichtigen Thematik! Die 304-seitige Lektüre ist sehr angenehm zu lesen und absolut Gold wert für alle Betroffenen und Interessierte. Ich selbst habe so viel Neues gelernt. Auch wenn sich für mein Empfinden einige Passagen etwas gezogen haben und ein paar gekürzte Anekdoten mehr Esprit versprüht hätten, sehe ich die ein oder andere Länge in diesem Buch – in Anbetracht des fulminanten Mehrwerts – nach.

Meine ‚Andersartigkeit‘ ist keine Facette menschlichen Seins, sondern im Endeffekt ein Fehler im System. Und durch die Tabuisierung solcher Gefühle und Themen entsteht dann oft das Gefühl, man wäre ganz alleine mit seinen Problemen. Das ist aber nicht wahr. Denn wir sind viele.“ (S. 83)

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Lone Frank: Liebe: Vom höchsten der Gefühle

Lone Frank ist als Journalistin und Neurobiologin in Dänemark sehr bekannt. Sie lebt in Kopenhagen. Ihr Mann stirbt mit 56 Jahren. Einige Jahre ist das inzwischen her. Sie ist bis heute der Meinung, sie waren füreinander bestimmt. Sein Tod zerstört ihren Lebenssinn, hinterlässt eine unfassbare Leere.
Daraufhin setzt sie sich mit Unterstützung eines Therapeuten mit der „Liebe“ auseinander, für die es in ihrem Fall plötzlich kein Gegenüber mehr gibt.

Anhand ihrer eigenen Biografie „Liebe: Vom Höchsten der Gefühle“ berichtet sie von der Liebe von Eltern zu ihren Kindern, Liebe unter Geschwistern, untersucht neurochemische Prozesse, die „Liebe“ verursachen und beschäftigt sich dabei auch mit dem viel beachteten Oxytocin und seiner Wirkung. Romantische Liebe ist in diesem Buch ein Thema, Onlinedating, die Suche nach dem einen und einzigen „Seelenverwandten“, Einsamkeit und nicht zuletzt Trauer und Verlust.Letzten Endes gibt es in Frau Franks Leben eine neue Liebe und alles wird gut.

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Peter Longerich: Die Sportpalastrede 1943: Goebbels und der „totale Krieg“

„Wollt ihr den totalen Krieg?“, fragt der Minister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner wohl bekanntesten Rede. Und das Publikum in dem übervollen, riesenhaften Berliner Sportpalast, es jubelt, schreit, kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Und antwortet: „JAAA!“

So kennt man die Sequenz dieser Rede, von der es Filmmitschnitte gibt, die zusätzlich als Rundfunkrede ausgestrahlt wurde, die als Tondokument noch erhalten ist. Und bis heute scheint sie Zeugnis abzulegen von einer ungebrochenen und fanatischen Kriegsbegeisterung der Deutschen, die sich mit ganzer Seele dem Nazi-Regime verschrieben und es bis zuletzt mit ganzer Kraft unterstützt haben.

Das war die Botschaft, die transportiert werden sollte – ins Inland, vor allem aber auch ins Ausland. Goebbels nannte sie sein Meisterstück und berauschte sich vor allem an der Wirkung seiner Rede, die er für rhetorisch „brillant“ hielt. Das war sie mit Sicherheit nicht, aber bis heute scheint sich ja die Botschaft der regimetreuen und kriegsbegeisterten Deutschen in den Köpfen der Menschen festgepflanzt zu haben – was man also als propagandistischen Erfolg verbuchen kann.

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