Anuschka Roshani: Gleißen: Wie mich LSD fürs Leben kurierte

Die Substanz hatte mein Ich in eine gefühlte Ewigkeit gebombt – ich glaubte zu sterben –, und meinem Alltagsbefinden währenddessen, so unmerklich wie unverkennbar, eine funkelnagelneue Dimension hinzugefügt.“ (Zitat S. 9)

Der Markt boomt: Aktuell schießen nicht nur Biotech-Start-ups* wie Pilze aus dem Boden, auch an Universitäten werden Abteilungen wie „Center fortheNeuroscienceofPsychedelics“ oder „Center forPsychedelicandConsciousness Research“ gegründet. (*die die neurowissenschaftliche Forschung mit Psychedelika vorantreiben)

Neugierig geworden durch diese Forschungsrenaissance von LSD, fängt Anuschka Roshani an, zu recherchieren. Ihre Recherche mündet dort, wo alles anfing: in der Schweiz. Spezieller: in einer LSD-Selbsterfahrung eines höchstpersönlichen „erquicklichen Perspektivwechsels“ am Unispital Basel, wo sie am Grund ihrer Seele schürfte.

Das feinstoffliche LSD hat mir die Hornhaut, die mir auf bestimmten Partien meiner Seele und meines Geistes gewachsen ist, rigoros abgeschrubbt (so weh das zwischendrin auch tat).“ (S. 136)

Dabei ist sie aus der Zeit gefallen, wurde während der Extremerfahrung greller Schönheit und Hässlichkeit innerlich überschwemmt von gewaltigen psychedelischen Bilderstürmen. In ihrem Werk „Gleißen“ schafft es die Autorin, etwas Unerklärliches in Sprache zu gießen und damit ihre mystischen Erlebnisse lebendig zu halten.

Was das Mikroskop für die Biologie ist oder das Teleskop für die Astronomie, das ist LSD für die Bewusstseinsforschung.“ (Zitat des Psychoanalytikers Stanislav Grof auf Seite 54)

Woraufhin Leute wie Anaïs Nin, Jack ­Nicholson, Stanley Kubrick, Cary Grant wie verrückt Trips schmissen.

In dem 102-seitigen Vorspiel, der insgesamt 176 Seiten, ergründen wir die Geschichte dieses Halluzinogens und erfahren dabei, warum es über ein halbes Jahrhundert als Teufelszeug verbannt wurde – und jetzt doch als wertvolles Medikament bei Depressionen und Angststörungen weiter erforscht wird. (Übrigens ist Albert Hofmann, der Entdecker von LSD, im Alter von 102 Jahren in der Schweiz gestorben.)

Danach nimmt uns die Autorin mit auf ihre persönliche Reise, die tatsächlich einer reflektierenden und beschreibenden Introspektion gleicht, womit sie ihr Erlebtes aufarbeitet. Auch dieser Teil war interessant und spannend zu lesen, allerdings nicht derart „alles in sich verschlingend sensationell“, wie ich es mir persönlich erträumt hatte. Alles wieder einmal eine Frage von Erwartungshaltung und Geschmack.

Insgesamt betrachtet, gibt es von mir eine klare Leseempfehlung für dieses wichtige Werk.

Die Zeit wird zeigen, ob Dr. Peter Gassers* psycholytische Therapie Hofmanns Werk vollenden und dessen „Sorgenkind“ in sein „Wunderkind“ zurückverwandeln wird. (S. 164)

(*Psychiater, Psychotherapeut & Pionier der Schweizer LSD-Forschung)

Die Studie, an der Anuschka Roshani am Universitätsspital Basel teilnahm, heißt „Acute dose-dependenteffectsoflysergicaciddiethylamide in a double-blind placebo-controlledstudy in healthysubjects“.

Anuschka Roshani: Gleißen: Wie mich LSD fürs Leben kurierte.
Kein & Aber, Oktober 2022.
176 Seiten, Hardcover, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.

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