Charlie Mackesy: Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd

Dieses Buch ist aus einem Film entstanden, den der Autor zusammen mit über hundert Animatoren erstellt hat. Es lebt von seinen wundervollen ruhigen, anrührenden Illustrationen, die auch mal ganz ohne Text auskommen können.

Die Akteure sind, wie der Buchtitel bereits beschreibt, ein kleiner, sehr einsamer Junge, ein hungriger Maulwurf, ein Fuchs und ein weißes Pferd. Der kleine Junge ist auf der Suche nach einem Zuhause und Geborgenheit und der Maulwurf sucht immerzu nur nach Kuchen. Gemeinsam machen sich die beiden auf, zu einer Reise durch eine bezaubernde Winterlandschaft. Zuerst treffen sie auf einen Fuchs, später auf ein Pferd dem Flügel wachsen und sie so schließlich zum Ziel bringt.

Zwischen Beginn und Ende der Reise gibt es so einige Abenteuer zu bestehen. Oft ist es nur ein einziger Satz, der die Bilder begleitet. Mehr Worte wären nur störend. Die Episoden lesen sich so witzig wie bewegend und unterstreichen das eigentliche Ansinnen der vier Protagonisten, die durch gegenseitiges Vertrauen und Mut über sich hinauswachsen. Weiterlesen

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Marcel Sebastian: Streicheln oder schlachten.

Wir sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der es üblich ist, Fleisch, Milchprodukte und Eier zu essen und Leder zu tragen. Gleichzeitig behandeln wir unsere Haustiere wie geliebte Familienmitglieder. Tut jemand seinem Hund Gewalt an, ist der gesellschaftliche Aufschrei groß. Woher kommt dann also der Glaube, dass es in Ordnung ist, das eine Tier zum Schlachter zu schicken und für das Nächste keine Kosten und Mühen zu scheuen, damit es ein schönes Leben hat?

Dr. Marcel Sebastian ist Soziologe und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gesellschaft im Hinblick auf die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Tier zu untersuchen. Seine Expertise teilt er in dem Sachbuch „Streicheln oder schlachten. Warum unser Verhältnis zu Tieren so kompliziert ist – und was das über uns aussagt“ mit uns. Denn wie Dr. Sebastian feststellt, unterscheiden sich die Sichtweisen auf Tiere in unserer Gesellschaft immer stärker. Das hängt damit zusammen, dass diese Ambivalenz – also welches Tier man isst und welches nicht – zunehmend hinterfragt wird. Es ist also ein gesellschaftlicher Wandel im Gange. Dr. Sebastian erklärt, welche kulturellen und historischen Hintergründe unsere Sicht auf Tiere bis heute prägen. Dabei ist ihm wichtig zu betonen, dass das Buch eine Betrachtung aller Perspektiven anstellt und dadurch eine umfassende faktische Grundlage für die Debatte liefert. Jemanden von einer Position zu überzeugen, ist nicht das Ziel dieses Buches. Weiterlesen

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Ewald Arenz: Das Diamantenmädchen

Ewald Arenz ist ein ganz besonderer Schriftsteller, seine Bücher „Alte Sorten“ und „Der große Sommer“ sind absolute Highlights in meinem Bücherregal. Seine intensiven, geradezu fühlbaren Beschreibungen, seine mit spitzem Stift präzise und mit Empathie gezeichneten Figuren, das bleibt im Gedächtnis, das wirkt nach.

Gleiches gilt auch für das Diamantenmädchen, auch hier schafft er Atmosphäre durch bildhafte Beschreibungen, macht das Wetter, Gerüche und Geräusche fühlbar, erfahrbar. Hier erlebt man beim Lesen den Sturm mit, spürt den Wind im Haar und hört das Rauschen des Regens. Dennoch wirkt dies auf mich nicht so leichtfüßig, nicht so subtil, wie in seinen beiden anderen Romanen, in denen es gerade das war, was ihre Besonderheit ausmachte.

Hier, in diesem Buch, gelingt es ihm hingegen, die Stimmung und die nervöse Geschäftigkeit in Berlin der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts perfekt einzufangen und in Worte zu fassen. Doch die sehr gelungenen Beschreibungen tun der Spannung und der Handlung keinen Gefallen. Weiterlesen

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Karen M. McManus: Nothing More To Tell

#Eigentlich dachte Brynn, die schicke Privatschule durch den Umzug ihrer Familie für immer hinter sich gelassen zu haben. Bis es an ihrer Schule zu einem Skandal kommt, in dem sie unfreiwillig die Hauptrolle spielt. Auf einmal ist sie wieder zurück an ihrer alten Schule, zwischen Menschen, die sie einmal gut kannte, von denen sie sich aber entfremdet hat. Allen voran ihr ehemals bester Freund Tripp. Wobei „entfremdet“ bei ihm nicht ganz zutrifft: Vielmehr hat er sie vor ihrem Umzug vor der gesamten Klasse bloßgestellt und hinterher nie wieder ein Wort mit ihr gewechselt. Klar also, dass Brynn mit einigen Beklemmungen in ihr altes Leben zurückkehrt. Ablenkung verschafft ihr Praktikum bei Motive, der erfolgreichen True-Crime-Redaktion, das sie per Zufall und nur durch ein ganz besonderes Angebot erhalten hat: Sie verspricht, den Mord ihres ehemaligen Lieblingslehrers aufzudecken, der vor vier Jahren erschlagen im Wald gefunden wurde. Von drei Schülern. Und einer von ihnen war niemand anders als Tripp … Weiterlesen

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Chloë Ashby: Das Leben in Nuancen

Leider kann ich nicht behaupten, dieses Buch verschlungen – und es übernächtigt, mit rotgeweinten Augen und zerrissenem Herzen – beendet zu haben.

Let’s face it: jedes Buch findet seine Leserschaft. Es ist eine Frage von Erwartungshaltung und Geschmack. Mir persönlich war die Handlung definitiv zu langatmig, null Spannungsversorgung. Da hatte ich bei Lobpreisungen wie „eine hypnotisierende Welt aus Trauer, Kunst und Selbstentdeckung“ (Emma Gannon) mehr erwartet.

Die Autorin schildert harte Realitäten eines Ausnahmezustands einer jungen Frau im Überlebensmodus und wir begleiten sie auf ihrer Reise zur Selbsterkenntnis. Dabei erforscht Chloë Ashby das Leben von Eve, die sich in Spiralen ihrer Selbstzerstörung dreht, schlechte Entscheidungen trifft, die ihr egal sind. Ihre Vergangenheit zerrt an ihr in Gestalt von Traumata, tiefer Trauer, Schuld und Depression und ihre Probleme tropfen dabei heraus. Doch dann verschmilzt diese Vergangenheit mit der Gegenwart und ihr Leben samt selbstzerstörerischem Drang gerät aus den Fugen. Gezwungen, sich dem traumatischen Ereignis zu stellen und sich ihrer Trauer und Schuld zu stellen, bevor sie sich selbst vollständig verliert. Weiterlesen

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Warsan Shire: Haus Feuer Körper

Warsan Shire: Bless your ugly daughter
Gesegnet sei deine hässliche Tochter
[…]
behind each ear, her body is a body littered/ with ugly things/ but God,/ doesn’t she wear/ the world well.
[…]
hinter jedem Ohr/ verbirgt sich ein Geflüchtetenlager, ihr Körper ist übersät/ mit hässlichen Dingen,/ doch bei Gott,/ steht ihr die Welt nicht gut?

HAUS FEUER KÖRPER, im Original „Bless the Daughter Raised by a Voice in Her Head“ ist der erste große Gedichtband der somalisch-britischen Autorin Warsan Shire. Die Lyrikerin schreibt in knapp fünfzig Gedichten über Krieg, Flucht, Frau und Tod. Manchmal über all das zugleich. Und wollte ich es kurzhalten, dann würde ich einfach das vorangegangene Zitat wählen und sagen: Genau so. Genau so.

Nur würde ich euch damit ziemlich frustriert wieder aus dieser Rezension entlassen. Was also fasziniert mich an speziell diesen Zeilen? Sie sind wie der Gedichtband selbst: Schmerzhaft und hässlich zum Teil Niemand setzt seine Kinder in ein Boot, es sei denn das Wasser ist sicherer als das Land, aber wunderschön zugleich Ich werde dieses ganze Leben neu schreiben und dieses Mal wird es so viel Liebe geben,/ du kannst gar nichts anderes mehr sehen. Doch was genau ist hässlich und wie gehen wir, die wir diesen Text lesen, weiß und deshalb privilegiert, damit um? Weiterlesen

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Ljudmila Ulitzkaja: Medea und ihre Kinder

Ein wunderschöne Familiensage, welche die komplizierten Verflechtungen osteuropäischer Geschichte greifbarer macht. Am Beispiel der Krim zeigt die russische Autorin, wie jahrhundertelang Vertreibung, Neuansiedlung und Völkervermischung zu einem multikulturellen Konglomerat verschiedenster Nationen und Religionen geführt hat. Mittendrin die Hauptfigur, gleichzeitig das Herzstück der Geschichte: die im Jahr 1900 geborene Medea Sinopli. Sie hat griechische Wurzeln. Neben den Griechen gehörten auch die Esten, Deutschen, Genuesen sowie die Krimtataren zu den ursprünglichen Bewohnern der Halbinsel. Bevor diese vertrieben und durch Bewohner aus Zentralrussland ersetzt wurden. Ihre riesige Patchwork-Familie verkörpert Zusammenhalt und Weltoffenheit. Probleme gibt es wie in jeder Familie zuhauf. Von Selbstfindungskrisen über Eifersucht bis hin zu Untreue und persönlichen Schicksalsschlägen. Doch sind diese stets menschlicher Natur und haben nichts mit Politik oder Religion zu tun. Dies macht die Prosa der vielfach ausgezeichneten Autorin zum Mahnmal und Hoffnungsträger zugleich.

„Den besten Ausblick der Welt hatte man von Medeas Abort.“ (S. 27) Daneben hat Medeas Datscha auf der Krim noch einiges mehr zu bieten. Kein Wunder, dass ab April Medeas weit ihre verzweigte Verwandtschaft bei ihr einfällt, um dort nacheinander die Sommerferien zu verbringen. Medea, deren Ehe mit einem jüdischen Arzt kinderlos geblieben war, heißt ihre Brüder und Schwestern, Neffen und Nichten herzlich willkommen. Weiterlesen

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Tina Ackermann: Frauen auf der Flucht

Ein Buch, das nicht mit tränenrührenden Bildern, mit erschütternden Dramen aufwühlt, sondern gerade dank einer professionellen Distanz mit klaren Worten und ohne jede Sensationslust die Geschichten von Frauen auf der Flucht erzählt.

Gerade diese sachliche Art des Erzählens, die Art, den Frauen ihre Stimmen zu lassen und sie ihre Berichte in ihre Worte fassen zu lassen, machen dieses Buch so lesenswert.

Vor allem Frauen leiden auf der Flucht besonders, sie sind besonderen Gefahren ausgesetzt, besonderen Risiken und müssen dabei oft noch zusätzlich mehrere kleine Kinder betreuen. Dennoch kommen diese Frauen in den Berichten über Flucht viel zu wenig vor, bekommen viel zu wenig Gehör. Dem setzt Tina Ackermann nun ihr Buch entgegen.

Die Schweizer Autorin hat als Werbetexterin und Drehbuchautorin gearbeitet. Als sie für eine Hilfsorganisation als Campaignerin tätig war, kam sie in Kontakt mit Frauen auf der Flucht. Daraus entstand die Idee zu diesem Buch. Dabei war es ihr wichtig, die Frauen nicht zu beeinflussen, während sie erzählten. Sie stellte wenig Fragen, wenn die Frauen anonym bleiben wollten, war auch das kein Problem, ebenso, wenn sie nicht fotografiert werden wollten. Weiterlesen

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Laird Hunt: Die Vögel sangen ihre letzten Lieder

Von einer sehr schlimmen Zeit erzählt dieser Roman, von furchtbaren Zuständen in Amerika, die sich aber leider bis heute nur ansatzweise geändert haben. Der Roman spielt im heißen Sommer 1930 im Bundesstaat Indiana. Und es geht um den Umgang zwischen Weißen und Schwarzen. Zwei Frauen spielen die Hauptrollen in dieser Geschichte. Beide begeben sich auf den Weg zu einem Ereignis in der Kleinstadt Marvel. Dort sollen, so die Nachricht, die sich im weiten Umkreis verbreitet, drei jugendliche Schwarze gelyncht werden. Und alle wollen das sehen, von allen Seiten strömen die Menschen zu diesem Ort, um Zeugen zu werden dieses Schauspiels.

Darunter ist auch Ottie, die Frau von Dale und Angestellte des schmierigen Bud, eines Versicherungsmaklers. Zusammen begeben sich diese Drei auf die Fahrt nach Marvel, auf der sie immer wieder Halt machen. Mal um zu trinken, mal um weitere Menschen mitzunehmen, die ebenfalls nach Marvel wollen. Dabei ist nicht nur das Wetter an diesem Hochsommertag schwül, sondern auch die Stimmung in Wagen, vor allem dank der provozierenden Bemerkungen und Aktionen Buds, insbesondere gegenüber Ottie. Weiterlesen

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Jim Butcher: Wolfsjagd

Eigentlich, so hatte Harry Dresden seines Zeichens Privatdetektiv und Magier aus Chicago gedacht, eigentlich konnte es kaum schlimmer kommen, als bei seinem letzten Auftrag für die Sonderkommission der Polizei.

Doch dann geschehen bei Vollmond bestialischen Morde. Menschen werden förmlich geschlachtet, das Revier der Sonderkommission selbst angegriffen – und Harry als Mitwisser und Tatverdächtiger festgenommen.

Nun, das wäre ja noch zu verkraften, aber dass der lokale Gangsterboss ihn zu kaufen versucht, dass ein Multimilliardär ihn in seinen Dienst nehmen will, eine betörend schöne, nackte Frau ihm nachstellt, und dass er all diese verlockenden Angebote abschlägig bescheiden muss, obwohl er keinen Cent in der Tasche hat, das schlägt dem Fass nun wirklich den Boden aus.

Im Vergleich dazu ist die Existenz von Werwölfen, Lykantropen und Loup-garous selbst, die allesamt zur Jagd auf unseren Magier blasen, eher ein minderes Ärgernis. Als sich dann auch noch das FBI an der Hatz auf Harry beteiligt, wird es wirklich haarig – im wahrsten Sinne des Wortes … Weiterlesen

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