Trude Teige: Als Großmutter im Regen tanzte

Trude Teige ist eine bekannte Journalistin und Moderatorin in Norwegen. Ihr Roman „Als Großmutter im Regen tanzte“ erklomm für viele Wochen die Bestsellerlisten, und das nicht ganz unverdient, wie ich finde. Sie erzählt von einem Teil der norwegischen Geschichte, über den erstaunlich wenig bekannt ist. Ihr Roman spielt auf zwei Zeitebenen.

Im Heute treffen wir Juni, eine junge schwangere Frau, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann auf die Insel ihrer Kindheit flüchtet. Dort ist sie aufgewachsen, meist behütet von ihrer Großmutter Tekla, da ihre Mutter Lilla eher durch Abwesenheit auffiel.

Juni hat nur frohe, glückliche Erinnerungen an die Zeit bei ihren Großeltern, vor allem ihren Großvater liebte sie sehr. Beide sind inzwischen verstorben und auch ihre Mutter Lilla ist bereits tot. Zu ihr hatte Juni immer ein zwiespältiges Verhältnis, suchte bei ihrer Mutter nach Liebe und fand meist nur Abweisung. Auch verriet ihre Mutter bis zu ihrem Tod nie, wer Junis Vater war.

Juni beabsichtigt, das Haus der Großmutter, das auf einer kleinen, kaum bewohnten Insel liegt, zu verkaufen und beginnt nach und nach, die Habseligkeiten zu durchsuchen. Dabei stößt sie auf Ungereimtheiten, auf Namen und Ereignisse, von denen sie zuvor nie gehört hatte.

Hier nun beginnt die zweite Erzählebene. Wir erleben Tekla als junges Mädchen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie liebt Otto, einen deutschen Soldaten, etwas, was weder ihre Familie noch ihr Dorf akzeptiert. So folgt sie Otto in seine Heimat, nach Ostdeutschland. Otto stammt aus Demmin, einem kleinen Ort in Mecklenburg-Vorpommern.

Frauen hatten es schwer

Die Frauen, die sich den deutschen Soldaten in Norwegen, den Besatzern und Gegnern, zuwandten, hatten es sehr schwer. Sie waren weder in ihrer Heimat noch im neuen Zuhause willkommen. Doch was Tekla in Demmin erwartete und was ihr dort widerfuhr, ist nicht nur diesem Hintergrund geschuldet. Ihre Geschichte ist spannend und auch spannender erzählt als die Schilderung der Probleme Junis.

Juni ist zu Beginn des Romans schwer depressiv, kaum handlungsfähig und -willig. Erst, als sie die Briefe und die anderen Hinweise findet und in ihrem neuen Nachbarn eine Unterstützung, beginnt sie mit Nachforschungen. Und wird nach und nach auch selbst forscher, lebendiger.

Hier liegt für mich ein kleines Manko im Roman. Diese Wandlung der Frau kommt mir zu schnell, zu problemlos. Auch fehlt mir die Geschichte ihrer Mutter. Am Ende wird recht lapidar und unspektakulär vieles erklärt durch einen hinterlassenen Brief des Großvaters. Hier hätte ich mir eine dritte Erzählebene mit der Geschichte Lillas gewünscht. Was war ihr widerfahren, kannte sie das Schicksal ihrer Mutter und vieles mehr.

Frauen damals und heute

Gut gelungen ist hingegen die Darstellung des Unterschieds der Frauen damals und heute. Und die Spannung im Part Teklas ist sehr hoch, immer wieder möchte man unbedingt wissen, wie es weitergeht, wie es ihr weiter erging. Leider wird auch hier am Ende alles etwas zu einfach aufgelöst, zu schnell beendet. Dafür hätte ich auf manche Handlungsfäden gerne verzichten können, so der Part um Junis Ehemann, den hätte es meines Erachtens nicht gebraucht, wirkt der Roman dadurch etwas überfrachtet.

Auch wenn er ein wenig schmonzettenartig erzählt ist, insgesamt ist es aber ein fesselnder historischer Roman.

Trude Teige – Als Großmutter im Regen tanzte
aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob
Fischer, Februar 2023
Gebundene Ausgabe, 381 Seiten,  22,00 €

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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