Krimi, der weniger humorvoll ist, als Titel und Klappentext vermuten lassen
Ein ehemaliger Verleger wird erschossen in seinem Garten aufgefunden. Eine Frau wird verdächtigt, den Mann getötet zu haben. Die Familie dieser Frau, wiewohl seit Jahren ohne Kontakt zu ihr, will diesen Verdacht mit allen Mitteln ausräumen. Und in der Tat stehen ihnen fast alle Mittel zur Verfügung, weil jedes Mitglied dieses zahlreichen Clans entsprechende Fähigkeiten oder zumindest Verbindungen besitzt.
Der umfangreiche Clan der Doyles wird in einen Mordfall hineingezogen und mobilisiert all seine Kräfte. Das ist dann in der Länge des Romans viel weniger humorvoll, als Cover, Titel und Klappentext glauben machen wollen. Auch ist das gesamte Szenario mir dann doch zu unrealistisch. Alle ermittelnden Familienmitglieder bekommen ganz unproblematisch alle Auskünfte, die sie suchen, bekommen von allen Befragten die nötigen Antworten. Und die eigentlich und offiziell ermittelnden Beamten lassen sich mehr oder weniger widerspruchslos ins Handwerk pfuschen.
Das Witzigste, aber auch das Unrealistischste, ist dann noch das Figurentableau. Der eine Onkel war früher beim MI5, der Freund der einen Enkelin war im früheren Leben Forensiker und besagte Enkelin selbst betreibt einen True-Crime-Podcast. Nun ja, im Roman ist eben alles möglich.
Dem deutschen Autor, der unter dem englischen klingenden Pseudonym schreibt, gelingt es dennoch nicht, die typisch englische Krimi-Atmosphäre zu erschaffen. Zwar habe ich den Roman mit einigem Vergnügen gelesen, weil die Frage, wer der Täter oder die Täterin war, nun einmal eine Antwort verlangt. Doch eben diese Auflösung durch Einführung bislang nicht erwähnter Figuren und nicht bekannter Motive macht das Ende eher unerfreulich.
Insgesamt ein ganz unterhaltsamer Kriminalroman mit einigen Mängeln.
Thomas Chatwin: Vier Schafe und ein Todesfall.
Rowohlt, Juni 2023.
320 Seiten, Taschenbuch, 17,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.