Ralf Langroth: Ein Präsident verschwindet

Wenn 1954 ein hochrangiger Politiker, und in diesem besonderen Fall der Präsident des Verfassungsschutzes, verschwindet, ein paar Tage später in Ost-Berlin vor Presseleuten eine kommunistische Rede schwingt, sind einige Fragen zu beantworten. Dies soll der Bonner Kriminalhauptkommissar Gerber vom BKA für Adenauer erledigen. Schon zu einer früheren Zeit gelang es diesem, brisante Unterlagen für den Bundeskanzler zu sichern. Nun steht er wieder an der Front zwischen den Geheimdiensten. Angeblich soll neben dem ‚übergelaufenen‘ Dr. John auch Gerbers Freundin, die Journalistin Eva Herden, in Ost-Berlin gesehen worden sein. Sie habe Dr. John interviewt und über die Grenze begleitet. Gerber sieht von den beiden Fotos und ist irritiert. Hat Eva die ganze Zeit gelogen? Hat sie seine Kontakte möglicherweise für Spionagezwecke missbraucht? Zweifel und Angst um Eva begleiten seine Ermittlungen.

Normalerweise sollte ein Polizist an keiner Ermittlung beteiligt sein, wenn dessen Angehörige im Zentrum von möglichen Straftaten stehen. Doch Adenauer ist der Meinung, dass gerade die enge Verbindung zwischen Gerber und Eva Herden höher zu bewerten sei als eine Befangenheit. Natürlich sehen Kollegen vom Nachrichtendienst der Organisation Gehlen (ORG) dies anders. Während Gerber den Spuren eines Auftragsmörders folgt, der systematisch alle wichtigen Zeugen in West-Berlin umbringt, entwickelt sich seine Ermittlung in eine politisch hochexplosive Richtung. Weiterlesen

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Henriette Valet: Madame 60a (1934)

Henriette Valet (1900 – 1993) war in Paris Schriftstellerin und Journalistin. Sie schrieb für linke Arbeiter- und Gewerkschaftsblätter, Romane und darüber hinaus Theaterstücke. In der Szene linker Intellektueller lernte sie den marxistischen Philosophen und Soziologen Henri Lefebvre kennen, den sie 1936 heiratete. Nach 1946 verlieren sich ihre literarischen Spuren. Ihr Roman Madame 60a wurde 1934 veröffentlicht und erfuhr mehrere Auflagen.

Und dies zu Recht. Die Autorin thematisiert die Situation von ledigen schwangeren Frauen, die aus der ehrbaren Gesellschaft verstoßen worden sind. Deshalb sollen sie wieder brav und fügsam sein, still leiden und fleißig arbeiten. Für ihre Würde und Rechte gibt es wenig Raum. Sogar untereinander scheint es wenig Unterstützung zu geben. Denn die Schwangeren loten untereinander ihre eigene, gnadenlose Hackordnung aus, die von den verheirateten Frauen angeführt wird. Danach kommen die Arbeiterinnen und die Dienstmädchen. Und am Ende die Huren, Bettlerinnen und Polinnen, die auf fremden Feldern schwere Arbeit verrichten und in Baracken hausen. Sie alle haben einiges gemeinsam: Armut, wenig Bildung und eine ungewollte Schwangerschaft. Weiterlesen

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Thomas Enger & Jørn Lier Horst: Bluttat

Für Kriminalkommissar Alexander Blix ist ein Alptraum wahrgeworden. Seine Kollegin Kovic wird in ihrem Haus ermordet, und seine Tochter Iselin, die einzige Zeugin dieses Mordanschlags, kann sich nur knapp über eine Flucht durch ein Fenster vor den Mörder retten. Am nächsten Tag wird Iselin entführt. Jetzt gilt Blix als befangen und darf die Ermittlung nicht mehr leiten. Doch er kann nicht loslassen. Jede Sekunde, Minute und Stunde zählt. Blix will seine Tochter unbedingt retten. Dabei missachtet er alle Regeln der Polizeiarbeit.

Auch die mit ihm befreundete Kriminalreporterin Emma Ramm ignoriert Regeln. Im Wettlauf mit der Zeit bringen sie nicht nur sich und ihre Reputation in Gefahr. In seiner Angst um seine Tochter setzt Blix bei seinen heimlichen Ermittlungen buchstäblich alles auf eine Karte.

Die Thrillerautoren Thomas Enger und Jørn Lier Horst haben sich entschlossen, zusammen an einer Serie zu schreiben. Beide haben in der Vergangenheit alleine Bestseller geschrieben. Während der studierte Publizist Thomas Enger am liebsten aus der Perspektive von Journalisten, Kriminalfälle offenlegt, erzählt Jørn Lier Horst, wie die Osloer Polizei Verbrecher jagt. Mit seinem Insiderwissen zeigt er sehr detailliert, in welche Fallen Ermittler geraten, wenn sie persönlich angegriffen werden. Sein Leitgedanke findet sich im Klappentext: Wie kann ein Mann mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit als Täter ins Zentrum einer Mordermittlung kommen? Weiterlesen

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Djaimilia Pereira de Almeida: Im Auge der Pflanzen

Kapitän Celestino, der ehemalige Pirat, verlässt die Meere und zieht in das Haus seiner verstorbenen Mutter. Was ihn erwartet, ist alles andere als einladend. Das leerstehende Gemäuer und der verwahrloste Garten haben schon lange keine pflegende Hand mehr erlebt, und dann sind da noch die Nachbarn, die von seiner gewalttätigen Vergangenheit wissen. Einige von ihnen planen, den gefährlichen Kapitän bei der ersten Auseinandersetzung aus dem Dorf zu vertreiben. Doch mit Celestino gibt es keinen Ärger. Hinter der hohen Hecke beginnt er mit den Instandsetzungsarbeiten. Irgendwann ist aus dem Garten eine blühende Oase und aus dem ehemaligen Piraten ein Gärtner geworden.

„Die Pflanzen sahen den Gärtner so, wie Pflanzen sehen. Sie empfanden keine Dankbarkeit. […] Ihnen war es egal, ob ein Mörder sich um sie kümmerte, ob die Hände […] schmutzig waren und was vor der Liebe gewesen war, die er ihnen schenkte. […] die Pflanzen lebten und starben ungerührt.“ (S. 48)

Djaimilia Pereira de Almeida wurde 1982 in Luanda, Angola, geboren. Sie promovierte in Literaturtheorie und schreibt für Zeitschriften und Magazine. Bisher erhielt sie verschiedene Preise und Auszeichnungen. Weiterlesen

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Alexis Ragougneau: Opus 77

Der Komponist Dimitri Schostakowitsch schrieb das Opus 77, als Stalin regierte. Es war sein erstes Violinkonzert und zugleich seine Antwort auf die allgegenwärtige Unterdrückung. „Nie hat Musik wohl mehr den Kampf des Lichts gegen die dunklen Mächte symbolisiert.“ (S. 147)

Ausgerechnet dieses Werk spielt die Pianistin Ariane Cleassens anlässlich der Beerdigung ihres Vaters, der in Genf ein berühmter Dirigent war. Sie widmet ihr Konzert auch ihrem abtrünnigen Bruder David, der mit dem gemeinsamen Vater sein ganzes Leben lang tiefgreifende Differenzen austrug. Denn nie hörten Ariane und David ein Lob. Also spielten sie gemeinsam um ihr Leben und gaben sich dabei gegenseitig Halt.

Und während Ariane zum Abschied für Vater und Bruder dieses Opus spielt, lässt sie ihre schwierige Kindheit mit dem häufig abwesenden Vater Revue passieren. Sie denkt unter anderem an ihren geliebten Bruder, der im Finale des Concours Reine Elisabeth auftrat. Die wichtigsten Kritiker verfolgten diesen Kraftakt, bei dem es für den Solisten nur wenige Pausen gibt.

Davids alter Lehrer meinte, um Opus 77 zu spielen, müsse man ganz unten gewesen und dort eine Weile geblieben sein. Für David war dies kein Problem, denn er war ganz unten angekommen. Nun ging es dank seines Talents und seiner exzellenten Technik aufwärts. Ariane erlebte ein tiefgreifendes Konzert, das sie niemals vergessen wird. Auch für den Dirigenten, Davids Vater, blieb es unvergesslich. Weiterlesen

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Mariana Enriquez: Unser Teil der Nacht

Schon früh begreift Gaspar, dass das Zusammenleben mit seinem Vater Juan besonders ist. Sie wohnen allein in einer vernachlässigten leeren Villa. Obwohl Juan keiner geregelten Arbeit nachgeht, haben sie stets genug Geld, und Juan erhält häufig medizinische Hilfe in einer Privatklinik. Mit der Zeit lernt Gaspar, mit der Angst um das Leben seines Vaters zu leben. Doch was geschieht mit ihm, wenn die Ärzte seinem Vater nicht mehr helfen können?

Aus irgendeinem Grund hat Gaspar zu der Familie seiner verstorbenen Mutter keinen Kontakt, und der Bruder seines Vaters soll irgendwo im Ausland leben. Gaspars brüchige Erinnerungen will der schweigsame Juan nicht klären. Auch wenn sie sich echt anfühlen, sollen sie nur schlechte Träume sein.

Und während Juan von Jahr zu Jahr immer kränker und gewalttätiger wird, vergisst Gaspar seine Erinnerungen. Sie verschwinden, als wären sie nie da gewesen. Dafür beherrscht sein Vater seine Gedanken. Er lässt ihn glauben, Gaspar sei ein ganz normaler Junge. Dass er von seinem Vater außergewöhnliche Talente geerbt hat, bleibt für Gaspar lange ein vager Verdacht. Weiterlesen

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Stefan Rebenich: Der kultivierte Gärtner

In seiner Hinführung erklärt Stefan Rebenich: Er wolle Menschen ansprechen, die nicht nur eine Passion für den eigenen Garten innehaben, sondern auch über seine räumlichen Grenzen hinaus blicken wollen. Seine verschiedenen Beiträge bedienen das Thema ganzheitlich, indem er den Garten als Lebensraum und Kulturobjekt betrachtet. Dabei zeigt er epochenübergreifende Perspektiven und repräsentative Zusammenhänge in der Gartengeschichte.

Nicht nur heute besteht das Bedürfnis nach einem Rückzugsort im Grünen. Wer über keinen eigenen Garten verfügt, kann in Parkanlagen, öffentlichen Grünflächen und Wäldern die Natur genießen. Bei den alten Römern gönnten sich die Reichen ein luxuriöses Anwesen außerhalb der Stadt. Auch dort führten sie Konkurrenzkämpfe, um über die Lage, Größe und Gestaltung ihrer Residenz ihren politischen und sozialen Status zu offenbaren. Zum Komfort gehörten unter anderem Bibliotheken, Pinakotheken, Empfangsräume, Wandelgänge, beheizte Bäder und Wintertrakte und neben den obligatorischen Ziergärten kühle Sommerbereiche. Auf jeden Fall wurde die Natur im großen Stil inszeniert, in dem nach strengen Systemen Wege, Portiken, Laubengänge und Wasserläufe für die Gestaltung der weitläufigen Gartenanlagen angelegt wurden. Gartenarchitektur und Kunst gingen mit Obstbaumwiesen einher und schufen die Bühne für ein Naturschauspiel. Während die Reichen den Blick in die Natur von erhöhten Plattformen genossen, fanden die Städter ihren eigenen auf Dachgärten und bepflanzten Balkonen. Weiterlesen

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Alice Oseman: Loveless

„Ich habe mich immer einsam gefühlt. Ich denke, viele Menschen fühlen sich einsam. […] Mein ganzes Teenagerleben fühlte ich mich jedes Mal einsam, wenn ich ein Paar auf der Party sah, oder zwei Menschen, die sich vor dem Schultor küssten. […] Und ich fühlte mich noch einsamer, als ich anfing zu verstehen, dass ich das nie erleben würde.“ (S. 336)

Die achtzehnjährige Georgia ist schon lange verwirrt und glaubt, sie sei im Vergleich zu den anderen Klassenkameraden irgendwie komisch. Wenn sie nur den Grund hierfür wüsste. Vielleicht liegt es an ihrer Schüchternheit und geringen Selbstsicherheit. Während alle Mädchen in ihrer Klasse sexuelle Erfahrungen sammeln, gehört sie zu den Ungeküssten.

In der Uni soll nun alles anders werden. Georgia will sich verlieben, neue Freunde finden und ganz viel Spaß haben. Weiterlesen

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Miranda Malins: Die Tochter des Königsmörders

Der traditionsreiche Spruch – „Der König ist tot, lang lebe der König“ – passt 1657 nicht mehr. Nach vielen Kämpfen ist der tyrannische König Charles nicht nur abgesetzt worden. Seine politischen Gegner unter der Führung von Oliver Cromwell haben ihn zum Tode verurteilt. Das Vakuum der Macht braucht nun einen Nachfolger, der jedoch über weniger Macht verfügen soll. Doch wie kann dies bei unterschiedlichen Vorstellungen funktionieren? Oliver Cromwell und seine politischen Freunde setzen sich nun für eine Gewaltenteilung und mehr Macht in einem geteilten Parlament ein.

Cromwells jüngste Tochter Frances verfolgt mit großem Interesse die Ränkespiele im Palast und erfährt bei Familienzusammenkünften, wie aus dem politischen Kampf ein wüstes Hin und Her entsteht. Plötzlich werden aus alten Weggefährten und Freunden Rädelsführer, die die Ermordung von Oliver Cromwell und seiner Familie planen. Bei einem missglückten Attentat im Palast begreift Frances, wie gefährlich ihr luxuriöses Leben als „Prinzessin“ geworden ist. In ihr wächst der rebellische Gedanke: Wenn jederzeit ihr Leben bedroht ist, dann will sie auch in Freiheit leben. Weiterlesen

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Alice Oseman: Heartstopper Volume One

Der vierzehnjährige Charlie hat sich geoutet, und danach hörten mit Hilfe seiner Freunde die Angriffe einiger Mitschüler auf. Nun hat das Versteckspielen ein Ende, denkt er, bis ihm bei einem Schüleraustauschprogramm Nick begegnet. Nick ist älter, spielt erfolgreich in der Rugbymannschaft der Schule und scheint ein typischer Hetero-Typ zu sein. Trotzdem verliebt sich Charlie in den neuen Freund. Wenn sie zusammen sind, haben sie Spaß. Und sogar Nicks Mutter meint zu Nick, wenn er seine Freizeit mit Charlie verbringe, sei er wieder wie er selbst. Doch was hat dies genau zu bedeuten? Die beiden Freunde sind irritiert, wie soll es mit ihrer Freundschaft weiter gehen?

Die Autorin Alice Oseman zeichnete schon während ihres Abiturs an dem Comic zu den beiden Jugendlichen Charlie und Nick. Beide waren in ihrem Debütroman Solitäre Nebenfiguren. Anfangs begann sie deren Hintergrundgeschichte zeichnerisch darzustellen. Der erste Block wurde voll, und dann der zweite. Inzwischen hat sich daraus eine wunderschöne Liebesgeschichte ergeben, deren Entwicklung einfach nur Spaß macht. Mit wenigen Strichen vermag sie prägnante Charaktere und deren Gefühlslage zu zeichnen, so dass Bilder und Worte jeweils für sich sprechen. Weiterlesen

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