Stefan Rebenich: Der kultivierte Gärtner

In seiner Hinführung erklärt Stefan Rebenich: Er wolle Menschen ansprechen, die nicht nur eine Passion für den eigenen Garten innehaben, sondern auch über seine räumlichen Grenzen hinaus blicken wollen. Seine verschiedenen Beiträge bedienen das Thema ganzheitlich, indem er den Garten als Lebensraum und Kulturobjekt betrachtet. Dabei zeigt er epochenübergreifende Perspektiven und repräsentative Zusammenhänge in der Gartengeschichte.

Nicht nur heute besteht das Bedürfnis nach einem Rückzugsort im Grünen. Wer über keinen eigenen Garten verfügt, kann in Parkanlagen, öffentlichen Grünflächen und Wäldern die Natur genießen. Bei den alten Römern gönnten sich die Reichen ein luxuriöses Anwesen außerhalb der Stadt. Auch dort führten sie Konkurrenzkämpfe, um über die Lage, Größe und Gestaltung ihrer Residenz ihren politischen und sozialen Status zu offenbaren. Zum Komfort gehörten unter anderem Bibliotheken, Pinakotheken, Empfangsräume, Wandelgänge, beheizte Bäder und Wintertrakte und neben den obligatorischen Ziergärten kühle Sommerbereiche. Auf jeden Fall wurde die Natur im großen Stil inszeniert, in dem nach strengen Systemen Wege, Portiken, Laubengänge und Wasserläufe für die Gestaltung der weitläufigen Gartenanlagen angelegt wurden. Gartenarchitektur und Kunst gingen mit Obstbaumwiesen einher und schufen die Bühne für ein Naturschauspiel. Während die Reichen den Blick in die Natur von erhöhten Plattformen genossen, fanden die Städter ihren eigenen auf Dachgärten und bepflanzten Balkonen.

Der Autor beschreibt, wie sich aus der schnöden Bepflanzung heraus Lehrberufe und botanische Akademien entwickelt haben. Die Kompositionen von Formen und Farben regte Künstler an, diese in Bilder oder Worte zu kleiden. Doch je nach Ortslage findet sich eine andere Vielfältigkeit in der Pflanzenwelt, die zu Reisen einlädt.

Stefan Rebenich führt im zweiten Teil seines Buches in die Welt der botanischen, islamischen, kolonialen, monarchischen Gärten oder zu großen Seenlandschaften. Sie alle haben die Natur zu einem Refugium gemacht. Doch die Natur kann nicht heil und gesund bleiben, wenn Klimaveränderungen, Pestizide und Viren dagegen arbeiten. Wer so tief wie der Autor in die Materie einsteigt, erkennt, dass man nie auslernt. Ob die unzähligen Gartenbücher, Blogs und Zeitschriften zur Hand genommen werden, oder man das Gespräch mit Gleichgesinnten sucht, es bleibt die Erkenntnis, immer mehr erfahren zu wollen.

Stefan Rebenich lehrt und forscht als Professor für Alte Geschichte und Rezeptionsgeschichte der Antike an der Universität zu Bern. In der Vergangenheit schrieb er eine Gartenkolumne für die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder veröffentliche zahlreiche Essays, die zum Teil in diesem Buch aufgenommen worden sind.

Fazit: Dies ist in jeder Hinsicht eine Lektüre für Gartenliebhaber, die mehr wollen, als Pflanzen aus dem Baumarkt in den eigenen Lebensraum hinein zu retten.

Stefan Rebenich: Der kultivierte Gärtner.
Klett-Cotta, Februar 2022.
208 Seiten, Gebundene Ausgabe, 26,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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