Doris Knecht: Ja, Nein, Vielleicht

Will ich einen neuen Mann in meinem Leben? Ja, Nein, Vielleicht

Die Österreicherin Doris Knecht (Jahrgang 1966) ist Journalistin und Schriftstellerin. Ihre letzten beiden Romane „Die Nachricht“ (2021) und „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ (2023) haben wir an dieser Stelle bereits besprochen. Am 22. Juli 2025 erschien bei Hanser Berlin ihr neuer Roman mit dem Titel „Ja, Nein, Vielleicht“.

Ein Zahn geht verloren, das Ende naht

In „Ja, Nein, Vielleicht“ sucht die Ich-Erzählerin wegen starker Zahnschmerzen ihren Zahnarzt auf, der ihr eröffnet, dass der Zahn leider nicht mehr zu retten ist. Diese Nachricht erinnert die Hauptfigur, eine Frau Mitte Fünfzig, an ihre Vergänglichkeit.: „Ich verliere einen Zahn: Es ist eine Katastrophe.“ (S. 22) Während sie mehrere Termine bei einer Parodontologin wahrnehmen muss, erfahren wir als Lesende mehr über ihr Leben. Eine ihrer Schwestern, Paula, quartiert sich in ihrer Stadtwohnung in Wien ein. Sie selbst zieht sich mit ihrem Hund Mulder zum Schreiben in ihr Sommerhaus auf dem Land zurück. Wie die Bewohnerin ist auch das Haus in die Jahre gekommen, Risse zeigen sich hier und da, der Estrich hebt sich. Die Frau ist Mutter von inzwischen erwachsenen Zwillingen, Mila und Max, und alleinlebend. Wir haben es offensichtlich mit der Protagonistin aus „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ zu tun. Mit den Männern hat sie eigentlich wegen vieler negativer Erfahrungen abgeschlossen. Sie hat ihre Familie, ihre Freunde Therese und Johnny, ihre Nachbarn im Dorf und ihren Hund. Da trifft sie Friedrich, einen Lover aus früheren Zeiten, beim Einkauf im Supermarkt wieder. Und ihre Selbstgewissheit gerät ins Wanken. Sie beginnt, über ihn nachzudenken, sie wartet auf eine Nachricht von ihm (wollte sie das eigentlich nie wieder?), sie putzt das Haus. Soll sie sich nochmal auf einen Mann einlassen, ja, nein, vielleicht? Therese bittet sie, Trauzeugin für Ihre Hochzeit mit Eddie zu werden, ihre Schwester Paula hat eine Affäre und dann zieht auch noch ein heftiges Unwetter über dem Dorf auf.

Frauen, bitte lest „Ja, Nein, Vielleicht“, Männer aber bitte auch

Doris Knecht trifft in „Ja, Nein, Vielleicht“ den richtigen Ton. Mir als Lesende macht es große Freude, die Geschichte zu lesen. Vieles kommt mir sehr bekannt vor. Ich schmunzele: da denkt man, man wird nie wieder auf die Nachricht oder den Anruf eines Mannes warten, in den man sich „vielleicht“ verliebt hat. Um es dann postwendend sofort wieder zu tun, wenn man in die Situation kommt: „Ich schaute tatsächlich in der Nacht zweimal auf mein Handy, ob eine Nachricht von Friedrich da war… Auch in der Früh hatte ich keine Nachricht von Friedrich, aber damit hatte ich jetzt auch wirklich nicht mehr gerechnet, es war vorbei. Nein, stimmt nicht, ein bisschen hatte ich doch gehofft, wie idiotisch und völlig daneben, dass ich es noch in der Nacht für möglich gehalten hatte, dass dieses Konzert wirklich stattfinden würde, mit Friedrich und mir im Publikum, dass er sich, nach sieben Tagen Funkstille, plötzlich melden würde, in der Nacht vor diesem Konzert, so alt war ich jetzt und noch immer so naiv.“ (S. 155)

Was mir nicht einleuchtet, ist die Ebene, die Knecht schreiben lässt, dass die Ich-Erzählerin ein Buch über die Protagonistin schreibt und was ihre Lektorin zu den Figuren sagen würde. Also dass das vorliegende Buch, das Buch ist, das die Ich-Erzählerin in dem Buch schreiben will. Alles klar? Das kommt mir zu plötzlich auf Seite 67 des Buches und ist verwirrend. Diese Ebene taucht danach nur noch an wenigen weiteren Stellen wieder auf und verschwindet gegen Ende des Buches ganz. Ich finde sie überflüssig.

„Ja, Nein, Vielleicht“ von Doris Knecht ist ein sehr zeitgemäßer, treffsicher formulierter Roman, dem man viele Leserinnen wünscht. Und noch besser wäre es, wenn ihn auch Männer lesen würden.

Doris Knecht: Ja, Nein, Vielleicht.
Hanser, Juli 2025
240 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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