Die Ich-Erzählerin in Doris Knechts Roman „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ ist Anfang 50, geschieden und alleinerziehende Mutter der Zwillinge Mila und Max. Sie wohnt in einer 150 Quadratmeter großen Wohnung in Wien, die sie sich nicht mehr leisten kann. Die Zwillinge haben eben Abitur gemacht und wollen/sollen ausziehen.
Mila gelingt das mühelos, für Max arrangiert seine Mutter eine WG, gemeinsam mit dem Sohn einer ihrer Freundinnen. Die Protagonistin selbst sucht auch einen neuen Platz für sich und ihren Hund. Einerseits ist sie froh, den alten Ballast loszuwerden, andererseits plagt sie das schlechte Gewissen, weil sie das Nest auflöst. In vielen Rückblenden erfährt der Leser vom eigenen Umzug der Hauptfigur vom Land in die große Stadt, vom Leben in diversen WGs, von gescheiterten Beziehungen und Begegnungen mit Männern, die nie als Lebensmenschen in Frage kamen.
Wie man eben so zurückschaut auf die vergangenen Jahre, wenn man sich aufmacht in einen neuen Lebensabschnitt und auch gedanklich die Dinge durchsortiert. Vieles, stellt man fest, kann man getrost vergessen und hinter sich lassen. Letzten Endes wird für die Protagonistin alles einigermaßen gut, umgeben von manch Altbekanntem und viel Neuem.
Stilistisch klar und präzise erzählt Doris Knecht von einer Frau, die in ihrem Leben an einem Wendepunkt steht. Man glaubt ihr jedes Wort. Leseempfehlung!
Doris Knecht: Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe.
Hanser, Juli 2023.
Hardcover, 237Seiten, 24,00€.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.