Witzig, lebensnah, kurz und knackig
Alena Schröder, gefeiert für Ihren Generationen-Roman „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ schreibt seit Jahren als Journalistin und Kolumnisten für die Brigitte und das SZ-Magazin. In dieser Textsammlung ist das „Best-of“ ihrer literarischen Alltagsbetrachtungen versammelt. Die in Berlin lebende Autorin – nach außen hin groß, selbstbewusst, mit großer Klappe und souverän vor Publikum – offenbart in 52 kurzen Geschichten eine ganz andere Seite ihrer Persönlichkeit. Sie zeigt, wie sie an den einfachen und schwierigen Fragen des Alltags knabbert, mitunter scheitert und sich wieder aufrappelt. Das Leben in all seiner Ernsthaftigkeit liest sich wunderbar heiter. Sie werden schmunzeln und Tränen lachen. Je nach Grad der persönlichen Betroffenheit. Ob Rudermaschine, pubertierende Kinder, Krafttiere mit Imageproblem, gemeine KI und fehlender Penisknochen beim Cis-Mann: Die Autorin macht sich Gedanken über die wirklich wichtigen Fragen und lässt dabei kein Fettnäpfchen aus. Eine Gute-Laune-Kolumnensammlung, perfekt für den Reisekoffer sowie für regnerische Tage auf dem Sofa. Und natürlich als Geschenk für die beste Freundin. Boxsack statt Autobahnkirche
Über das Leben lamentieren kann jeder. Alena Schröder bietet Lösungsansätze an, out oft he box gedacht. Gegen den Reisefrust der Deutschen, wenn sie mal wieder stundenlang auf Straßen im Stau stehen, empfiehlt Sie statt einer Autobahnkirche einen Boxsack oder die Möglichkeit, Metall platt schlagen zu können. Gegen Frust im Allgemeinen fordert die Autorin Karaoke auf Rezept. Zerstrittene Familienmitglieder und aus dem Ruder gelaufene Bundestagsdebatten ließen sich damit kitten.
Auch ihre eigenen Handlungen werden von Alena Schröder stets genauestens hinterfragt. In „Vorhang auf für mein Winterpublikum“ macht sie sich Gedanken über ihre Abneigung gegen Gardinen und die entsprechenden Auswirkungen auf Ihre Nachbarschaft. Vor allem, wenn im Winter der Baum vor ihrer Wohnung kahl ist, es früh dunkel wird und ihre Umgebung plötzlich ungehindert Einblick in ihre erhellte Wohnung erhält. Was denken die Nachbarn, wenn sie die Autorin bei der Verrichtung banaler Haushaltstätigkeiten beobachten? Hat die Autorin nach all ihren gardinenlosen Jahren das Anrecht auf Privatsphäre gar verspielt? „Hätte ich dann im nächsten Winter plötzlich Gardinen, dann wäre das wie die unangekündigte Absetzung einer TV-Show, die man seit vielen Jahren vielleicht nicht begeistert, aber irgendwie doch aus Gewohnheit schaut.“ (S. 135).
Kolumnen, aus dem Leben gegriffen
Alena Schröder bricht eine Lanze für Ihr unterschätztes Krafttier, die Wespe. In „Sing mir das Lied von Schonwaschgang“ äußerst sie subtil-amüsant ihre Besorgnis bezüglich einer Meta-KI und dem Versagen der bisherigen künstlichen Intelligenz, vor allem im Bereich Haushaltsgeräte. „Anstatt uns Menschen das zu nehmen, was uns Freude macht – Kunst, kreatives Arbeiten, zwischenmenschlicher Austausch – sollte uns Technik doch den Alltag erleichtern.“ (S. 167). Bei all ihren Betrachtungen zwischen Sportfrust, den Tücken der Bargelds und kinderfreien Zonen in Restaurants bleiben die nachdenklichen Töne nicht aus. Natürlich locker-fluffig verpackt in Schröders treffsicheren Bildern und Bonmots. Eine großartige Kolumnensammlung, die sich liest wie Süßigkeiten. Einmal angefangen kann man bzw. frau nicht mehr damit aufhören.
Alena Schröder: Alles muss man selber falsch machen
Dtv, Juni 2025
256 Seiten, gebundene Ausgabe, 18,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.