Eshkol Nevo: Trügerische Anziehung

Faszinierend, mehrdeutig und brillant geschrieben: Eshkol Nevos Prosa lässt auch nach dem Lesen noch lange nicht los. In drei Geschichten behandeln Themen rund um Liebe, Begehren, (Selbst-) Täuschung, Verlust. Nichts ist wie es scheint. Wer glaubt, den Plot einordnen zu können, sieht sich unverhofft mit einer neuen Ebene konfrontiert, die das Gelesene in ein neues Licht rückt. Daneben wirft der Autor ein vielschichtiges Bild auf das Leben im heutigen Israel zwischen Militärdienst, terroristischen Bedrohungen, Start-up-Stimmung und lebensfrohen Raves. Themen, die auf schmerzhafte Weise von der Realität eingeholt wurden.

Facetten der Liebe in drei faszinierenden Storys

In der ersten Geschichte zieht der 39-jährige Omri als Backpacker durch Bolivien, als Auszeit nach seiner Scheidung. Eine Aktivität, die Israelis normalerweise als „Jahr-nach-dem-Militärdienst“ unternehmen. Er trifft auf einer junges, frisch verheiratetes Ehepaar. Mit der Ehefrau Mor scheint etwas nicht zu stimmen, denn Flitterwochenglück sieht anders aus. Sofort fühlen sich die beiden zueinander hingezogen, auch dann, als Mors Ehemann auf mysteriöse Weise auf dem „Camino de los Muertos“ – der Straße der Toten – ums Leben kommt. Omri besucht Mor auf der Schi’wa, dem siebentägigen „Trauersitzen“. Eine tragische Beziehung nimmt ihren Lauf. Sind es wahre Gefühle oder benutzt die mysteriöse Mor Omri für eigene Zwecke?

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Eleanor Elliot Thomas: Das Gegenteil von Erfolg

Es ist einfach zu köstlich, mitzuerleben, wie zwei Freundinnen unaufhaltsam auf die größten Katastrophen ihres Lebens zusteuern. Sämtliche Versuche das Unglück abzuhalten, sind absolut kontraproduktiv und befeuern die Probleme eher. Könnte allerdings auch an den gewählten Methoden liegen. Denn weder Alkohol noch Affären, weder modische Jumpsuits noch eine erfundene „Schamkrebs“-Erkrankung, weder übereifrige Streberkollegen noch militante Klimaaktivsten tragen zur Deeskalation der Sachlage bei.

Selten war Scheitern witziger!

Eigentlich sollte es der Tag des Triumphs für die 38-jähriger Australierin Lorrie werden. Die zweifache Mutter hat zwar mit einigen Pfunden zu kämpfen, doch sie hat einen Mann, der sie liebt, zwei bezaubernde Töchter und nun auch noch eine Beförderung als Teamleiterin bei der Stadtverwaltung in Aussicht. Zudem soll heute Abend ihr Projekt „Green Cities“ eingeweiht werden – großflächige Dachbegrünungen auf dem Glup Center for Contemporary Art. Das Gebäude gehört einem nicht ganz unumstrittenen Öl-Magnaten, Multimillionär und Mitsponsor des Projektes. Leider entwickelt sich der schicksalsträchtige Tag ganz anders, als erwartet.

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Eric Pfeil: Ciao Amore, Ciao

Musikalischer Reiseführer der besonderen Art

Sehnsuchtsland Italien. Ein Land mit 1000 Widersprüchen, denen Eric Pfeil auch mit seinem zweiten Buch nach „Azzurro“ auf musikalischem Wegen nachgeht. Ob die Liebe für Bars, Essen und Mode, der Hang zu großen Gesten, permanentem Hupen oder lautstarker Kommunikation, Italien steht für überschäumende Lebensfreude. Genauso wie für unliebsame Geschichtskapitel vom Faschismus über linksradikale Anschläge bis zu umstrittenen Persönlichkeiten wie Silvio Berlusconi oder Georgia Meloni. Von Mafia bis Gelato, von Sanremo bis Palermo, von Adriano Celentano über Ennio Morriconeund Jovanottibis Calcutta, dieses Buch ist für jeden Italienfan ein Muss! Was sich hier auf Musikfestivals und im TV tut, würden Sie nicht für möglich halten! Stets auf dem Drahtseil des guten Geschmacks tänzelnd, sind manche Darbietungen des Italo-Pop nicht nur Nostalgie, sondern Kult. Die Süße im literarischen Espresso dieses Werkes liegt zweifelsohne in Pfeils humorvoller, lautmalerischer Fabulierkunst. Wer Italien verstehen will, sollte seine Musik verstehen. Eric Pfeil erweist sich hier als überragender Guide und geleitet mit 100 alten und neuen Songs durch Italien.

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Margarita Garcia Robayo: Das Paket

Margarita Garcia Robayo hat einen äußerst doppelbödigen und originellen Roman über Themen wie Entwurzelung, Herkunft, Familie und soziale Bindungen in einem Zeitalter des ständigen Unterwegsseins geschrieben. Die Ich-Erzählerin ist von Kolumbien nach Buenos Aires gezogen, um dort als Werbetexterin zu arbeiten. Nun erhofft sie sich ein Stipendium in Europa. Sie lebt ihr Leben so, dass sie es überall tun könnte. Ihre größte Fähigkeit sei es, „das, was ich tue in jedem Einzimmerappartement auf diesem Planeten erledigen zu können – eine anständige Internetverbindung vorausgesetzt. Ich bin so oft umgezogen, ohne Einbrüche. Das Geheimnis war, mit dem unerlässlichen Minimum zu leben …“ (S. 85).

Beziehungen im Zeitalter des Internets
Die Protagonistin wird als kluge und gewitzte Grüblerin gezeichnet. Sie lebt in einem Appartement im obersten Stock und erfreut sich an der Schönheit eines nicht vollendeten Bauskeletts, auf den der Blick von ihrer Terrasse fällt. Ihre Beziehungen sind alle von einer gewissen Unverbindlichkeit geprägt. Mit ihrer Mutter hat sie seit Jahren kaum noch Kontakt, mit ihrer besten Freundin hat sie sich zerstritten und ihre neue Beziehung vermag sie nicht einzuordnen. Ist sie für ihren Freund Axel nur ein körperlicher Zeitvertreib oder gibt es eine gemeinsame Zukunftsplanung?

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Sarah Brown: Katzen und ihre geheime Sprache

Sie sind die beliebtesten Haustiere Deutschlands. Rund 15,7 Millionen Katzen teilen hierzulande das Sofa mit ihren Zweibeinern. Auf dem Weg dorthin mussten Katzen über sich selbst hinauswachsen: Katzen haben im Gegensatz zu Hunden, deren Vorfahren bereits in sozialen Rudeln lebten, eine gewaltige kommunikative Metamorphose hinter sich. Sie entwickelten sich von den solitär lebenden Einzelgängern, die überwiegend aus der Distanz über Duftmarken kommunizierten bis hin zu den miauenden, schnurrenden Fellknäueln von heute. Katzen haben nicht nur für den Menschen neue Signale entwickelt, sondern auch für ihre eigene Spezies. Und das machen perfekt! Beispiel: Ihr Miauen bewegt sich auf einer Frequenz von 604 Hertz und ist damit nahezu identisch mit der Frequenz von Babyweinen. Wildkatzen wie Ozelot oder Jaguar können sogar die Rufe von Vögeln nachahmen, um sie anzulocken. Sie sind ein Erfolgsbeispiel der Evolution, ein Meister der Anpassung. Das macht Mut und begeistert. Ganz egal, ob man ein Fan der grazilen Samtpfoten ist oder nicht.

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Bernardine Evaristo: Zuleika

Grotesk, genial, genreübergreifend. Was Booker-Prize Trägerin Bernardine Evaristo da zu Papier gebracht hat, fordert Lesegewohnheiten heraus und feiert die Fabulierkunst in all ihren Facetten.Zuleika liest sich so, als ob eine Rapperin Aristoteles und Shakespeare zu einem literarischen Stelldichein einladen würde. Die Form des Plots ist in Versen, in Paarzeilen, mit Enjambements (Zeilensprüngen) geschrieben.

Evaristo springt nicht nur durch Genres und Zeilen, sondern durch ganze Geschichtsepochen. Der Roman spielt in London des Jahres 211 n. Christus. Doch Zuleika kommentiert ihre Umgebung so rotzfrech und modern, dass der Plot genauso gut von einer Influencerin im heutigen New York verfasst sein könnte. Ein herausragendes Werk, welches beweist, dass Sprache auch im Zeitalter von ChatGPT noch richtig Spaß machen kann.

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Luca Ventura: Der blaue Salamander

Dass Italiener Mode lieben, ist kein Geheimnis. Aber würden sie dafür morden? Dieser Frage müssen sich Enrico Rizzi und Antonia Cirillo von der Inselpolizei Capri im fünften Teil der Romanreihe stellen. Die junge Modedesignerin Rosalinda Fervidi, Herstellerin exklusiver Ledertaschen und Gürtel, wird erdrosselt im Beichtstuhl einer Kirche aufgefunden. Allein diese Szene ist großes Kino! Wieder einmal schafft es Luca Ventura viel italienisches Lokalkolorit in einen spannenden Plot zu verpacken. Vor der Location der mondänen Mittelmeerinsel funktioniert Venturas Plot perfekt. Wo Männer selbst bei 35 Grad im weißen Jackett mit Einstecktuch flanieren und alternde Diven schmuckbehangen ihren Champagner samt Pasticcini zur Mittagszeit mit Blick aufs Meer genießen, scheint alles möglich. Eine „Bella Figura“ zu machen, ist im Land des Stiefels einfach Lebensphilosophie!

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Helen Frances Paris: Der wunderbare Garten der Mrs P.

Ein herzerwärmender „Feel-good“-Frauenroman: Hier geht es nicht nur um die Liebe zu Pflanzen. Hier geht es um späte Freundschaften, zweite Chancen und darum, wie zwei „unsichtbare Frauen“ über sich selbst hinauswachsen, um wieder sichtbar zu werden. Daneben ist dieser wunderbare Roman durch und durch britisch. Ironische Spitzen finden hier ebenso ihren Platz wie die Liebe zu englischen Gärten und der geradezu heiligen Tea Time. Die Autorin streift etliche Situationen, in denen Frauen ihren Mann stehen müssen. Ob Wechseljahre, Führungspositionen in Männerberufen, lesbische Liebschaften bis hin zu den Verlusten des Lebens.

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Irene Vallejo: Elyssa, Königin von Karthago

Aeneas ist nach der Ilias und der Odyssee (beide werden Homer zugeschrieben) das wohl drittwichtigste Epos der antiken Mythologie. Geschaffen wurde das Werk von dem römischen Autor Vergil. Auf den titelgebenden Held Aeneas geht die Gründung des Römischen Reichs zurück. So weit, so gut. Wie der Name vermuten lässt, liegt die Perspektive ganz auf der männlichen Hauptfigur. Die spanische Autorin Irene Vellejo rückt in ihrem Werk eine Herrscherin der Aeneas-Sage in den Vordergrund, die es in puncto Bedeutung locker mit Aeneas aufnehmen kann: Elyssa, Gründerin und Königin von Karthago. Warum hat es diese nicht zu derartigem Weltruhm gebracht? Wie so oft, ereilt Herrscherinnen in der antiken Mythologie ein viel zu frühes, tragisches Ende. Irene Vellejo mag am Tod Elyssas nichts ändern, stellt aber bewährte Rollenklischees auf den Kopf. Dafür bedient sie sich einiger Stilmittel, wie ungewöhnlichen Erzählperspektiven und der Verschmelzung von Zeitebenen.

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Jan Schomburg: Die Möglichkeit eines Wunders

München, Fin de Siècle:  Kultur und Wissenschaft sind im Umbruch. Von moderner Kunst bis zur Eroberung des Luftraumes schwankt die Gesellschaft zwischen Ratio und Aberglaube. In einer sich immer schneller entwickelnden Welt sucht die vermögende Oberschicht Zuflucht im Okkultismus. Geister, Ektoplasma, schwebende Gegenstände …  dank moderner Gerätschaften kann man vieles davon nun „nachweisen“, aber genauso gut fälschen.

Mitten im Geschehen befindet sich der später titulierte „Geisterbaron“ Albert von Schrenk-Notzing, der sich zeitlebens über diesen Spitznamen geärgert hat. Schließlich will der therapeutische Hypnotiseur, Arzt und Forscher übersinnliche Phänomene rein wissenschaftlich ergründen. Ihn interessiert die Kraft des Geistes und der Seele (dank Sigmund Freud zusehends in Mode kommend!). Kann der Mensch durch bloße Willenskraft Dinge in Bewegung setzen? Ist er fähig, Visionen oder Geister zu empfangen, wenn sein „Ich“ mittels Hypnose außer Kraft gesetzt wurde?

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