Es ist einfach zu köstlich, mitzuerleben, wie zwei Freundinnen unaufhaltsam auf die größten Katastrophen ihres Lebens zusteuern. Sämtliche Versuche das Unglück abzuhalten, sind absolut kontraproduktiv und befeuern die Probleme eher. Könnte allerdings auch an den gewählten Methoden liegen. Denn weder Alkohol noch Affären, weder modische Jumpsuits noch eine erfundene „Schamkrebs“-Erkrankung, weder übereifrige Streberkollegen noch militante Klimaaktivsten tragen zur Deeskalation der Sachlage bei.
Selten war Scheitern witziger!
Eigentlich sollte es der Tag des Triumphs für die 38-jähriger Australierin Lorrie werden. Die zweifache Mutter hat zwar mit einigen Pfunden zu kämpfen, doch sie hat einen Mann, der sie liebt, zwei bezaubernde Töchter und nun auch noch eine Beförderung als Teamleiterin bei der Stadtverwaltung in Aussicht. Zudem soll heute Abend ihr Projekt „Green Cities“ eingeweiht werden – großflächige Dachbegrünungen auf dem Glup Center for Contemporary Art. Das Gebäude gehört einem nicht ganz unumstrittenen Öl-Magnaten, Multimillionär und Mitsponsor des Projektes. Leider entwickelt sich der schicksalsträchtige Tag ganz anders, als erwartet.
Lorrie wird bei der Beförderung übergangen, erfährt von einem Fehltritt ihrer besten Freundin, stürzt in eine Sinnkrise, dreht komplett durch und taumelt von einer peinlichen Situation in die nächste. Werden Lorries Komplexe getriggert, neigt sie dazu, alles mit Humor überspielen zu wollen – und sich dabei gewaltig im Ton zu vergreifen. Ihre Schusseligkeit, kommentiert die Autorin süffisant: „Sie scheiterte als Haustiersitterin (entflogener Papagei), im Telemarketing (zu viel geflucht) und als Nachhilfelehrerin für Highschool-Schüler (ebenfalls zu viel geflucht). Wenn sie so darüber nachdachte, war sie in nichts so durchgehend gut wie im Scheitern.“ (S. 122)
Auch Alex, ihre beste Freundin aus Jugendtagen, hat Probleme. Sie ist nicht nur unverhofft in eine Dreiecksbeziehung geschlittert, sondern dreht einen Dokumentarfilm über die Klimaaktivisten „Future Earthlings“, die ausgerechnet bei der Einweihung der Glup Gardens eine ominöse Protestaktion zu planen scheinen. Doch -Leaderin Dana, die unter anderem eine „intime nicht-sexuelle Beziehung mit einem Mann, der, wie sie erklärte, Enthaltsamkeit als Mittel erforschte, um eine tiefere spirituelle Verbindung mit Gott und/oder seinem eigenen Penis zu erlangen“, (S. 80) führt, lässt sich von nichts und niemandem abbringen.
Feel-Good-Vibes mit positiver Botschaft
Zwei Freundinnen, die im Leben völlig gegensätzliche Wege eingeschlagen haben, was für ihre Beziehung manche Belastungsproben bereithält – eine davon eine übergewichtige Mutter, die sich zwischen Beruf und Privatleben aufreibt, die andere eine attraktive, unabhängige, aber daseinssuchende Künstlerin: Dieses Konzept ist nicht neu, doch die australische Autorin Eleanor Elliott Thomas präsentiert sie mit vielen witzigen Dialogen, einem empathischen Unterton und ganz auf der Höhe der Zeit. Wie bei der Frage, ob man überhaupt noch Kinder in eine Welt setzen kann, wenn diese für die eigenen Kinder womöglich nahezu unbewohnbar sein könnte. In einem Kontinent der Waldbrände, sterbenden Korallenriffe und sonstigen Naturkatastrophen ist dies eine durchaus berechtigte Frage!
Die Mischung aus Humor und Zeitgeist meistert die literarische Debütantin sehr gekonnt. Vor allem gibt sie ihren LeserInnen sehr viel Empowerment mit auf den Weg. Von Bodypositivity bis hin zum Glück der Mittelmäßigkeit, das nicht ständig der Instagram-Hochglanzwelt entsprechen muss, stellen sich beim Lesen einige „Feel-Good“-Vibes ein. Das perfekte Buch für unbeschwerte Tage im Liegestuhl, als literarischer Seelentröster sowie zum Verschenken an die beste Freundin aus Kindertagen.
Eleanor Elliot Thomas: Das Gegenteil von Erfolg.
Aus dem Englischen übersetzt von Claudia Voit.
Dumont, Mai 2024.
288 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.