Val McDermid: 1989: Wahrheit oder Tod

Sosehr mich der Vorgängerband „1979“ begeistert hat, so wenig konnte mich „1989“ abholen. Es ist kein schlechtes Buch, aber irgendwie fehlt der Drive, der 1979 hatte.

Allie Burns hat eine Phase des erfolgreichen Investigationsjournalismus hinter sich und jetzt ist sie bei einem mehr oder weniger Boulevardblatt ziemlich kaltgestellt. Auf der einen Seite nagt das an ihr, auf der anderen Seite ist sie aber auch in einem Alter, in dem sie langsam merkt, was die ständige Beschäftigung mit den Katastrophen der Welt mit ihr macht. Und das gefällt ihr nicht.

Als sie eine einfache Reportage über die neue Seuche Aids machen will, fällt ihr als Erstes auf, wieviel schlechter die Betroffenen in Schottland behandelt werden und dann stößt sie auf eine Pharmafirma, die offensichtlich mit dem Leben der Probanden spielt. Weil das bereits aufgefallen ist, wurden die Studien nach Ostdeutschland verlegt, wo man offenbar nicht ganz so genau hinsehen möchte. Hier soll sie nur Informationen bekommen, wenn sie bereit ist, einer Frau bei der Flucht zu helfen. Dazwischen geht es noch zur Stadionkatastrophe von Hillsborough und am Ende zu den Morden des Zweiten Weltkriegs in Polen.

Insgesamt war das einfach ein Zuviel, ohne dass wirklich Spannung aufkam. Probandenmissbrauch, Schwulenhass, aufhetzende und parteiische Yellow-Press, Stasi, überforderte Ordnungskräfte im Stadion, Stasi und noch Nazis, das war einfach viel zu viel Thema in einem Roman, das hätte in drei Romane gepasst.

Protagonistin stolpert durch die Geschichte

Dazu eine Allie Burns, die durch die Geschichte stolpert wie eine Anfängerin und nicht wie die Journalistin mit 10 Jahren Berufserfahrung, die sie ist. Nach 10 Jahren weiß sie nicht, wie man einen Artikel so schreibt, dass die Redaktion ihn durchwinkt? Echt nicht? Und es hat ja auch 1989 nicht nur Boulevardblätter gegeben, wie wäre es denn mit einer anderen Zeitung als Arbeitgeber, wo sie doch früher so erfolgreiche Stories geschrieben hat und das nur nicht mehr kann, weil der böse Arbeitgeber das nicht will.

Ich weiß, dass 1989 eine andere Zeit war, aber damals waren die Printmedien noch groß im Geschäft, der Niedergang fing gerade erst an.

Allie hetzt in diesem Roman der großen Geschichte hinterher, während sie sich persönlich an den Katastrophen des Jahres sowohl abarbeitet als auch aufreibt. Insgesamt hat mich das nicht überzeugt, obwohl es durchaus spannende Abschnitte in dem Buch gab. Aber kaum hatte man sich an in ein Thema eingedacht, kam schon das nächste angeschwebt. Vielleicht sah so die Realität des Journalismus 1989 aus, als Roman hat mich das nicht überzeugt.

Val McDermid: 1989: Wahrheit oder Tod
Aus dem Englischen von Dr. Kirsten Reimers
Knaur, Juli 2023
464 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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