Max Kugel: Wie ich auszog, um mein Handwerk zu retten

Wenn Max Kugel öffentlich erklärt, richtig gutes, ehrliches Brot zu backen, dann sind viele neugierig und wollen seine Brote sehen, riechen und schmecken. Der Vater mahnte, am Anfang kommen die Neugierigen, und danach würden die Verkäufe erfahrungsgemäß weniger. Der übliche Überschuss am Ende eines Tages sei einzukalkulieren.

Bei Max Kugel lief es anders. Seine Philosophie sieht, riecht und spürt man bereits an der Eingangstür. Der Verkaufsbereich und seine Backstube sind nur durch eine Glaswand getrennt und demonstrieren eine ungewohnte Offenheit.

Wie beabsichtigt, hat sich die Qualität seiner Brote herum gesprochen. Darüber hinaus überzeugt Kugels Brotpost den Fotografen Konrad Rufus Müller. Der ältere Herr traf Max Kugel in der Backstube. Er kenne ihn vermutlich nicht, hier zwei Bücher. Er wolle gern bei der nächsten Ausgabe der Zeitung helfen.

Konrad R. Müller, der alle Bundeskanzler in schwarz/weiß und analog porträtiert hatte, stand also vor dem jungen Bäcker, der zunächst nicht wusste, wie ihm geschah. Alles klärte sich jedoch in den folgenden Tagen. Ihre Gemeinsamkeiten sprechen für sich: ehrliches Handwerk und Qualität. Aus dieser Begegnung entstand unter anderem eine Freundschaft und das schwarz/weiß Cover des Buches: Max Kugel in Arbeitskleidung mit wachem, konzentrierten Blick. Vermutlich hatte er noch den Satz im Ohr, komm mal eben und setz dich kurz. Ein perfekter Schuss und ein Moment, der zeigt, hier lebt und liebt jemand sein Tagwerk.

Der Weg dahin war hart, spannend, lehrreich und vieles mehr. Alles zusammen beschreibt anschaulich, dass sich die Besinnung auf die wahren Werte lohnt. Finanziell und menschlich. Im Backhandwerk und auch überall sonst. Es ist bekanntlich eine Milchmädchenrechnung mit roten Zahlen, die begrenzten Ressourcen unnötig weiter zu erschöpfen. Genauso das Märchen vom ständigen Wachstum über Kredite.

An einer Stelle erklärt Max Kugel, die praktische Seite an seinem Beruf sei, dass er sein Handwerkzeug immer dabei habe. Er brauche nur seine Hände, um gleich loslegen zu können. Und losgelegt hat er bereits als Fünfzehnjähriger im elterlichen Betrieb. Eigentlich wollte er nie Bäcker werden, er wollte auf hohem Niveau kochen lernen und dies in den besten Restaurants. Hierfür musste er jedoch erst volljährig werden. Und dann nahm sein Weg doch noch den anderen, vorgegebenen Pfad.

Max Kugel zog aus, um sein Handwerk zu vervollständigen. Er lernte viele Backstuben und Backphilosophien kennen. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch sehr wenige Bäcker, die Bioprodukte herstellten. Diese Bäcker suchte er auf, lernte weiter und entwickelte dabei eigene Ideen. Aus der Idee wurde ein Traum und aus dem Traum schließlich Wirklichkeit.

Der Bäckermeister und Autor Max Kugel zeigt in seiner kurzweiligen Biografie, dass es ihm letztendlich um die Rettung seines Handwerks geht. Denn, wenn Brotfabriken und Kleinbetriebe eine künstliche Vielfalt mit Backmischungen produzieren, dann bleibt nicht nur der Geschmack auf der Strecke. Die Kunst, einen guten Teig herzustellen, droht verloren zu gehen.

Max Kugels märchenhafte Geschichte ist noch lange nicht auserzählt. Aktuell stehen seine Kunden bei ihm Schlange und wollen mehr kaufen, als er mit seinem Team backen kann. Das Märchen vom unendlichen Wachstum könnte ihn an dieser Stelle zu der ausgetretenen Zielgerade führen. Doch ein ehrliches Brot braucht eine andere Bühne als die der Massenware. Aus diesem Grund dürfte die spannend zu lesende und aufschlussreiche Geschichte über die Rettung eines goldenen Handwerks noch viele Kapitel bereit halten. Der Autor ist gerade Anfang dreißig und hat ständig neue Ideen, die immer mehr Menschen gut finden.

Lieber Max Kugel, Ihr Brot schmeckt einfach nur wundervoll. Danke für das Geschmackserlebnis.

Max Kugel: Wie ich auszog, um mein Handwerk zu retten
Westend, Juni 2023
240 Seiten, Hardcover, 24,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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