Luca Ventura: Der blaue Salamander

Dass Italiener Mode lieben, ist kein Geheimnis. Aber würden sie dafür morden? Dieser Frage müssen sich Enrico Rizzi und Antonia Cirillo von der Inselpolizei Capri im fünften Teil der Romanreihe stellen. Die junge Modedesignerin Rosalinda Fervidi, Herstellerin exklusiver Ledertaschen und Gürtel, wird erdrosselt im Beichtstuhl einer Kirche aufgefunden. Allein diese Szene ist großes Kino! Wieder einmal schafft es Luca Ventura viel italienisches Lokalkolorit in einen spannenden Plot zu verpacken. Vor der Location der mondänen Mittelmeerinsel funktioniert Venturas Plot perfekt. Wo Männer selbst bei 35 Grad im weißen Jackett mit Einstecktuch flanieren und alternde Diven schmuckbehangen ihren Champagner samt Pasticcini zur Mittagszeit mit Blick aufs Meer genießen, scheint alles möglich. Eine „Bella Figura“ zu machen, ist im Land des Stiefels einfach Lebensphilosophie!

Capresen halten zusammen
Der Mörder von Rosalinda scheint schnell ausgemacht: Für die Polizeihauptstelle in Neapel ist Straßenkehrer Salvatore, ein ärmlicher Alkoholiker, der ideale Kandidat, um das Thema schnell abzuhaken. Doch Rizzi kennt Salvatore und ist fest von dessen Unschuld überzeugt. Um Salvatore freizubekommen, muss er auf eigene Faust ermitteln und Grenzen überschreiten. Hierbei kommt es zu Spannungen mit seiner Kollegin Cirillo, die ihm mangelnde Objektivität und Professionalität vorwirft. So prallen wieder einmal die unterschiedlichen Ansichten zwischen Stadt- und Landpolizei, Nord- und Süditalien aufeinander.

Mord im Modebusiness
Bei ihren Recherchen finden die beiden heraus, dass die aufstrebende Designerin einen großen Coup plante: Sie wollte die „Blaue Salamander“ – eine seltene Tasche, die vermutlich nur ein einziges Mal produziert wurde – nachbauen und auf den Markt bringen. Es soll sich dabei um die Häute der blauen Eidechsen handeln, die nur auf einem bestimmten Felsen vor Capri leben. Ist es ein Mythos? Oder gab es diese Tasche wirklich? Allen Tierfreunden sei an dieser Stelle als kleiner Spoiler eine Entwarnung gegeben: Sie können den Plot ohne Herzrasen lesen. Denn Luca Ventura schafft es auch diesmal, eine Auflösung auf der Höhe des Zeitgeistes zu finden. Daneben streift er das Thema Immobilien, die sich die Einheimischen kaum noch leisten können, weil reiche Touristen sie als Zweitwohnsitze nutzen. Ob Mode oder Traumvilla, Schönheit hat auch ihre Schattenseiten.

Italienisches Flair trifft modernen Zeitgeist
Was den Erfolg von Luca Venturas Capri-Krimireihe ausmacht? Der Autor versteht es, traditionelle Zutaten wie italienische Familienfehden, südländische Machokulturen oder den alten Konflikt zwischen Nord- und Süditalien mit brandaktuellen Themen zu vermengen. Ob das Thema Klimawandel in „Mitten im August“, Bio-Landwirtschaft in „Bittersüße Zitronen“ oder Tierschutz in „Bleich wie der Mond“. Venturas Geschichten sind ganz am Puls der Zeit und zeigen, dass der Wandel auch auf der beschaulichen 14.000 Einwohner Insel Einzug hält. Seine ProtagonistInnen befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Emanzipation – von der lesbischen, erfolgreichen Staatsanwältin bis zu toughen Polizistin, die versucht, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

Die blaue Insel als Star der Serie
Bei all dem vergisst Ventura nie, seinen wahren Star ins Rampenlicht zu stellen: die Insel Capri! Hier schwappt aus jeder Zeile die Sehnsucht nach dem Süden hervor. Selbst ärmliche Verhältnisse weiß der Autor malerisch darzustellen. Im Süden ist einfach alles schöner! Sogar das Morden. Allein die theatralische Inszenierung seiner Opfer, wie im Beichtstuhl der Kirche, könnte einem barocken Gemälde entsprungen sein. So ist auch der fünfte Teil der Buchreihe für leselustige Italienliebhaber ein Muss und gehört (nicht nur) in den Reisekoffer.

Luca Ventura: Der blaue Salamander.
Diogenes, März 2024.
366 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.