Helen Frances Paris: Der wunderbare Garten der Mrs P.

Ein herzerwärmender „Feel-good“-Frauenroman: Hier geht es nicht nur um die Liebe zu Pflanzen. Hier geht es um späte Freundschaften, zweite Chancen und darum, wie zwei „unsichtbare Frauen“ über sich selbst hinauswachsen, um wieder sichtbar zu werden. Daneben ist dieser wunderbare Roman durch und durch britisch. Ironische Spitzen finden hier ebenso ihren Platz wie die Liebe zu englischen Gärten und der geradezu heiligen Tea Time. Die Autorin streift etliche Situationen, in denen Frauen ihren Mann stehen müssen. Ob Wechseljahre, Führungspositionen in Männerberufen, lesbische Liebschaften bis hin zu den Verlusten des Lebens.

Missverstandene Pflanzenliebhaberin
Die 72-jährige Janet Pimm liebt ihre Pflanzen mehr als Menschen. So zumindest die einhellige Meinung in der Seaview-Kleingartenkolonie im englischen Hastings. Wortkarg, schroff und besserwisserisch wirkt die Eigenbrötlerin auf andere. Noch dazu ist ihre naturnahe Gartenparzelle nicht nach jedermanns „aufgeräumten“ Geschmack. Janet Pimm wählt ihre Pflanzen nach Wirkung und Bedeutung, nicht nach Aussehen und Farbe. So lässt sie auch unscheinbaren Pflänzchen ihren Platz. Ihr botanisches Wissen ist unübertroffen. Mit der Vermittlung hapert es allerdings. Als sie ihren Nachbarn helfen möchte und wortlos einen Eimer Rinderdung über den Zaun stellt, wird diese Geste von den Beschenkten völlig falsch aufgefasst, sodass sich die Freude in Grenzen hält.

Very british!
Dann die Schreckensnachricht. Der japanische Staudenknöterich soll sich in der Gartenanlage ausbreiten. Eine invasive Art, die laut Behörden ausgerottet werden muss. Mehr noch: Die ganze Gartenanlage soll geschlossen und platt gemacht werden. Janet Pimm, die früher einmal beim Nachrichtendienst gearbeitet hat, vermutet dahinter unlautere Gründe. Seaviews Gartenkolonie hat eine exzellente Lage am Meer und wäre für Immobiliengeschäfte Gold wert. Die Rentnerin stellt eigene Nachforschungen an. Unfreiwillige Unterstützung erhält sie von ihrer Nachbarin Beverly, die sich seit längerem um Janets Freundschaft bemüht. Auf einem Road- und Wandertrip lernen sich beide besser kennen. Sie entdecken Gemeinsamkeiten: Beide sind sie „unsichtbar“ aufgrund ihres Alters, Charakters und Aussehens. Beverly ist zwar einige Jahre jünger, steckt aber mitten in den Wechseljahren und einer Lebenskrise. Unsichtbarkeit hat aber auch Vorteile – vor allem, wenn man Gesetze brechen und Grenzen überschreiten will …!

Frauenthemen mal witzig, mal ernst
Coming-of-Age-Komödien funktionieren nicht nur bei Teens und Twens, sondern auch bei rüstigen Rentnerinnen, die ein paar Mal die falsche Abzweigung im Leben genommen haben. So erfahren wir nach und nach, dass mehrere Schicksalsschläge Janet zu der verschlossenen Person haben werden lassen. Und verfolgen mit Freude, wie sie wieder erstarkt, um sich mit „denen da oben“ anzulegen.

Ob Hitzewallungen, Wochenbettdepressionen, lesbische Liebe oder Mobbing durch Kollegen: Für männliche Leser dürften die im Roman geballt auftretenden Frauenthemen ein bisschen zu viel des Guten sein. Was die Autorin anhand einer köstlichen Szene auch selbst verdeutlicht, als einem Lokalpolitiker vor einer Initiative für „menstruelle Gesundheit“ der Angstschweiß ausbricht.
Nebenbei erfahren wir beim Lesen jede Menge über gynodiözische Pflanzen, die Wirkkräfte von Echtem Mädesüß und die Wunder der Natur im Allgemeinen. Das kommt nicht von ungefähr: Helen Paris, die als künstlerische Leiterin des Londoner Theaters Curios auf internationalen Bühnen inszeniert, hat sich auf ökologische und biologische, interdisziplinäre Kooperationen spezialisiert.

Fazit: Ein ideales Buch für Frauen, beste Freundinnen und Gärtnerinnen, zum Selberlesen und Verschenken. Typisch britisch, kurzweilig und sympathisch.

Helen Frances Paris: Der wunderbare Garten der Mrs P.
Aus dem britischen Englisch übersetzt von Sophie Zeitz.
dtv, März 2024.
320 Seiten, Taschenbuch, 17,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

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