Der vierzehnjährige Charlie hat sich geoutet, und danach hörten mit Hilfe seiner Freunde die Angriffe einiger Mitschüler auf. Nun hat das Versteckspielen ein Ende, denkt er, bis ihm bei einem Schüleraustauschprogramm Nick begegnet. Nick ist älter, spielt erfolgreich in der Rugbymannschaft der Schule und scheint ein typischer Hetero-Typ zu sein. Trotzdem verliebt sich Charlie in den neuen Freund. Wenn sie zusammen sind, haben sie Spaß. Und sogar Nicks Mutter meint zu Nick, wenn er seine Freizeit mit Charlie verbringe, sei er wieder wie er selbst. Doch was hat dies genau zu bedeuten? Die beiden Freunde sind irritiert, wie soll es mit ihrer Freundschaft weiter gehen?
Die Autorin Alice Oseman zeichnete schon während ihres Abiturs an dem Comic zu den beiden Jugendlichen Charlie und Nick. Beide waren in ihrem Debütroman Solitäre Nebenfiguren. Anfangs begann sie deren Hintergrundgeschichte zeichnerisch darzustellen. Der erste Block wurde voll, und dann der zweite. Inzwischen hat sich daraus eine wunderschöne Liebesgeschichte ergeben, deren Entwicklung einfach nur Spaß macht. Mit wenigen Strichen vermag sie prägnante Charaktere und deren Gefühlslage zu zeichnen, so dass Bilder und Worte jeweils für sich sprechen.
Alice Oseman schreibt in ihrer Anmerkung, sie wolle eine Geschichte zum Wohlfühlen. Dies ist ihr in jeder Hinsicht gelungen. Ihr Comic ist so zart und einfühlsam gestaltet, gleichzeitig hat sie einen modernen Touch, so dass ihre Geschichte von Charlie und Nick zu einem echten Pageturner wird.
Während zurzeit viele Bücher die Anfeindung sexuell anders orientierter Menschen und deren Leid beschreiben, setzt die Autorin und Zeichnerin Alice Oseman mit dem ersten Teil ihrer Geschichte einen Schritt später an.
Bei ihr gibt es kein normal oder unnormal. Jeder wird so akzeptiert, wie er ist. Besonders deutlich wird dies in einer Szene, in der einige Jungen aus Nicks Rugbymannschaft darüber spekulieren, wie Nicks sexuelle Orientierung aussehen könnte. Hetero oder schwul?? Sie werden von der Sportlehrerin unterbrochen: „[…] es gibt mehr als zwei Optionen. Wie dem auch sei, es ist extrem unhöflich, darüber zu spekulieren, welche sexuelle Orientierung jemand hat.“ (S. 212)
Besser kann man den Respekt vor der Privatsphäre anderer nicht umschreiben. Alice Oseman beginnt mit ihrer anrührenden Geschichte also dort, wo das Zwischenmenschliche seinen Ursprung hat. Sie legt den Fokus auf zwei Menschen, die füreinander ein so starkes Gefühl wie Liebe entwickeln können. Leider muss jede Leserin, jeder Leser auf die Fortsetzung dieser wundervollen Liebesgeschichte noch bis zum Herbst warten.
Alice Oseman: Heartstopper Volume One.
Aus dem Englischen übersetzt von .
Loewe, Januar 2022.
288 Seiten, Gebundene Ausgabe, 15,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.