Der traditionsreiche Spruch – „Der König ist tot, lang lebe der König“ – passt 1657 nicht mehr. Nach vielen Kämpfen ist der tyrannische König Charles nicht nur abgesetzt worden. Seine politischen Gegner unter der Führung von Oliver Cromwell haben ihn zum Tode verurteilt. Das Vakuum der Macht braucht nun einen Nachfolger, der jedoch über weniger Macht verfügen soll. Doch wie kann dies bei unterschiedlichen Vorstellungen funktionieren? Oliver Cromwell und seine politischen Freunde setzen sich nun für eine Gewaltenteilung und mehr Macht in einem geteilten Parlament ein.
Cromwells jüngste Tochter Frances verfolgt mit großem Interesse die Ränkespiele im Palast und erfährt bei Familienzusammenkünften, wie aus dem politischen Kampf ein wüstes Hin und Her entsteht. Plötzlich werden aus alten Weggefährten und Freunden Rädelsführer, die die Ermordung von Oliver Cromwell und seiner Familie planen. Bei einem missglückten Attentat im Palast begreift Frances, wie gefährlich ihr luxuriöses Leben als „Prinzessin“ geworden ist. In ihr wächst der rebellische Gedanke: Wenn jederzeit ihr Leben bedroht ist, dann will sie auch in Freiheit leben.
Die Historikerin und Autorin Miranda Malins schreibt in ihrer Danksagung, sie sei schon als Teenager von dem außergewöhnlichen Oliver Cromwell fasziniert gewesen. Ihr Interesse führte sie dank ihrer Eltern schon sehr früh in eine akademische Richtung, die später von ihrem Mann begleitet wird. Nach ihrer Auffassung war Oliver Cromwell nicht der „[…] griesgrämige, schwarz bemäntelte Puritaner …, der einen König tötete und Weihnachten abschaffte […]“ (S. 505) Seine Menschenkenntnis und viele andere Qualitäten, wie Fleiß und Loyalität, machten aus ihm einen erfolgreichen Soldaten und Politiker, der die Menschen in seinem Umfeld dazu inspirierte, ihm mit Hingabe zu folgen (S. 506).
Frances spürt und erfährt dies in ihrem Palastalltag. Durch schicksalhafte Umstände erkennt sie, wie abhängig sie von der Gunst ihrer Brüder und Schwäger ist. „Sie sind die Grundpfeiler unserer Haushalte, oftmals sind sie es, die über unser Schicksal zu entscheiden haben, und der Zugang zu meinen Schwestern ist nur über sie möglich.“ (S. 461, 462)
Vor dem Hintergrund gravierender politischer Umbrüche erlebt Frances, wie Frauen für arrangierte Ehen benutzt und gleichzeitig Opfer von Intrigen, Verrat und familiären Streitigkeiten werden.
Miranda Malins historisches Romandebüt zeigt auf spannende und unterhaltsame Weise, wie ein politischer Zirkus funktioniert. Das Lesevergnügen mit Tiefgang macht hungrig auf Geschichte und mehr.
Der eigenständige Auftakt zur Trilogie wurde von Anja Schünemann aus dem Englischen übersetzt.
Miranda Malins: Die Tochter des Königsmörders.
Aus dem Englischen übersetzt von Anja Schünemann.
rororo, Dezember 2021.
512 Seiten, Taschenbuch, 12,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.