Kapitän Celestino, der ehemalige Pirat, verlässt die Meere und zieht in das Haus seiner verstorbenen Mutter. Was ihn erwartet, ist alles andere als einladend. Das leerstehende Gemäuer und der verwahrloste Garten haben schon lange keine pflegende Hand mehr erlebt, und dann sind da noch die Nachbarn, die von seiner gewalttätigen Vergangenheit wissen. Einige von ihnen planen, den gefährlichen Kapitän bei der ersten Auseinandersetzung aus dem Dorf zu vertreiben. Doch mit Celestino gibt es keinen Ärger. Hinter der hohen Hecke beginnt er mit den Instandsetzungsarbeiten. Irgendwann ist aus dem Garten eine blühende Oase und aus dem ehemaligen Piraten ein Gärtner geworden.
„Die Pflanzen sahen den Gärtner so, wie Pflanzen sehen. Sie empfanden keine Dankbarkeit. […] Ihnen war es egal, ob ein Mörder sich um sie kümmerte, ob die Hände […] schmutzig waren und was vor der Liebe gewesen war, die er ihnen schenkte. […] die Pflanzen lebten und starben ungerührt.“ (S. 48)
Djaimilia Pereira de Almeida wurde 1982 in Luanda, Angola, geboren. Sie promovierte in Literaturtheorie und schreibt für Zeitschriften und Magazine. Bisher erhielt sie verschiedene Preise und Auszeichnungen.
Ihr Kurzroman fällt durch seine eigenwillige Sprache auf, in der kompakte Sätze von Gedichtzeilen unterbrochen werden. Gleichzeitig vereint die Autorin Naturbeschreibungen und lyrische Wortkombinationen, die eine naturverbundene, mystische Geschichte erzählen. Sie erzählt von einem Neuanfang am Ende eines Lebens und den Erinnerungen, die im Kopf hängengeblieben sind, wo sie gegen die Schläfen hämmern.
Ab und zu prahlt Celestino mit Seemannslatein und seinen Abenteuern. Dabei wird er nicht müde von Menschen zu erzählen, die einander verletzen und töten, ohne dass es hierfür einen tieferen Sinn gebe.
Und dann, wenn er wieder allein in seinem Garten werkelt, ziehen die Jahreszeiten stoisch an ihm vorbei. Flora und Fauna wachsen und sterben in ihrem natürlichen Rhythmus. Im Frühling sind die „Nägelchen“ Celestinos leibliche Kinder. Und im Sommer, wenn aus den Stecklingen blühende Pflanzen geworden sind, betrachtet er sie glücklich und stolz zugleich. Nun lebt er für seine Pflanzen, seine gefühllose Familie im Garten. Sie liebt ihn nicht, sie umarmt ihn nicht, sie kommt und geht nach ihren eigenen Regeln.
Und je älter Celestino wird, umso häufiger schreckt ihn die Reue auf. Sie nimmt ihm allmählich den Frieden und seine Naturverbundenheit.
Angolas Kultur findet sich in der eigenwilligen Sprache der Autorin wieder. Sie zeigt eine Literatur, die mehr will, als nur unterhalten. Der naturverbundene Roman wurde aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita übersetzt.
Djaimilia Pereira de Almeida: Im Auge der Pflanzen.
Aus dem Portugiesischen übersetzt von Barbara Mesquita.
Unionsverlag, Februar 2022.
128 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.