Dies ist die surreale Geschichte des Jungen Luka: Das Kind ist böse.
Oder es wird einmal böse werden.
Wer weiß das? Die konkrete Voraussage ist das Ergebnis eines Persönlichkeitstests, den alle Menschen absolvieren müssen. Offenbar wird das Urteil akzeptiert, auch von Lukas Familie, die ihm nur den Rat mitgibt: Sei tapfer!
Zu welcher Zeit und an welchem Ort dies geschieht, bleibt unklar und die Geschichte so zu einer universellen Schreckensvision.
Die Idee der „Prädelinquenz“ erinnert an die Kurzgeschichte „Der Minderheitenreport“ von P.K. Dick, die Handlung geht jedoch in eine andere Richtung.
Wohin führt die Voraussage das Kind?
Wir begleiten Luka in eine Art Gefängnis oder Irrenanstalt, in der es weder Beschäftigung, noch Behandlung, noch Kontakt zur Außenwelt gibt.
Assoziationen mit psychiatrischen Einrichtungen, Altenheimen oder Sammelunterkünften der Gegenwart und Vergangenheit werden bei den unterschiedlichen Lesern sicherlich unterschiedlich sein und sind in jedem Fall erschreckend.
Es entsteht nun eine Hierarchie unter den Eingesperrten, es gibt den Philosophenkönig, den Türmer, den Wächter, den Autor, die Seherin und die Kinder Axel und Klara.
Klaras Schicksal als unbeschütztes Mädchen kann vorausgesehen werden, es wird sexuelle Gewalt erleben.
Ausgesetzt auf abgelegener Insel
Unerwartet ändert sich das Schicksal der Eingesperrten im zweiten Teil des Romans, denn sie werden auf einer abgelegenen Insel ausgesetzt. Gesellschaftliche Strukturen entwickeln sich, Machtgefüge verschieben sich.
Mehr will ich von der Handlung nicht verraten; nur der Spinnenmann soll noch erwähnt werden, eine phantastische (?) Figur, die die Kinder bedroht.
Die literarische Dystopie nimmt den Leser gefangen, aus der individuellen Geschichte von Luka und den Guten -wer sind diese? Die Eltern? Die Gefängniswärter? – wird immer wieder die Frage „Was würde ich tun?“ und das unklare Gefühl, dass diese Geschichte, so surreal sie ist, auch in unserer Wirklichkeit ankert.
Ein sehr lesenswerter Roman!
Roland Grohs: Luka und die Guten. Eine Dystopie
EDITION MEERAUGE, März 2023
144 Seiten, gebundene Ausgabe, € 21,90
Diese Rezension wurde verfasst von Corinna Griesbach.