Ragnar Jonasson – Blindes Eis: Dark-Iceland-Serie 03

So stellt man sich Island wahrscheinlich meistens vor: dunkel, mystisch, erschreckend, wild. Und so stellt es Ragnar Jonasson in seinen Büchern auch dar, er ist geradezu Meister darin, eine Atmosphäre voller Bedrohung und Gefahr zu schaffen.

Das gilt für diesen neuen Roman in gleichem Maß wie auch für die früheren, die wahrhaftige Thriller waren, wenn auch mit manchem Abstrich. Und den muss ich ebenso bei dem vorliegenden Buch machen.

Mittelpunkt der Handlung ist – oder soll sein – ein sogenannter Cold Case. Der Polizist Ari wird eines Tages gebeten, in einem Fall aus den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts Nachforschungen anzustellen. Damals starb eine Frau unter mysteriösen Umständen in einem einsamen, völlig abgelegenen Bauernhof, der von ihr, ihrem Mann sowie ihrer Schwester und deren Mann bewohnt wurde. Der Sohn der Schwester der Toten, der damals noch ein Säugling war, möchte mehr herausfinden. Ari ist einer von zwei Beamten in der kleinen Stadt, die für diesen Bauernhof, der schon lange nicht mehr existiert, zuständig ist. Erschwert werden seine Ermittlungen, die er mehr aus Langeweile als auch Interesse aufnimmt, durch ein in der Gegend grassierendes Virus (vermutet wird Ebola oder ähnliches), weswegen die gesamte Region unter Quarantäne gestellt wird.

Daneben gibt es noch einen Handlungsstrang um ein junges Pärchen. Das Kind der Frau wird plötzlich entführt. Ein weiterer Handlungsfaden betrifft einen tödlichen Autounfall mit Fahrerflucht. In beiden Fällen, die sich in Reykjavik ereignen, wird die Reporterin Isrun tätig, die darüber hinaus auch noch mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hat.

Diese Isrun ist für mich auch eher die Protagonistin des Romans als der Polizist Ari. Aber das eigentliche Problem des Romans sind in meinen Augen die völlig voneinander unabhängig laufenden Handlungsstränge, zwischen denen der Plot hin und her hüpft. In den beiden Fällen aus der Hauptstadt finden sich die Täter relativ schnell und im alten Fall auf dem Land tut sich wenig. Spannung kommt in diesem angeblichen Thriller nirgendwo auf, an keiner Stelle folgt man der Handlung so atemlos, wie es dieses Genre eigentlich fordert.

Atmosphäre schaffen ist eine Kunst, reicht allein aber leider nicht aus.

Ragnar Jonasson:  Blindes Eis.
Aus dem Englischen von Helga Augustin.
btb, Oktober 2022.
Taschenbuch, 345 Seiten,  12,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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