Peter Grandl: Höllenfeuer

Ein Thriller, der den Begriff echt wert ist

Von Anfang an schafft es Peter Grandl, den Leser zu fesseln. Auch wenn man sich zunächst vielleicht fragt, warum wir so viel über den einst mächtigsten Mann des selbst ernannten „Islamischen Staates“, Abu Bakr Al-Baghdadi, und seine Ermordung erfahren, was ziemlich exakte Details über Anwerbung und Ausbildung von Kämpfern für diese Organisation zu bedeuten haben oder was der Begriff „Gefährder“ genau beinhaltet, es dauert nicht lange, bis all das klar ist und wir wissen, warum es durchaus wichtig ist, das zu erfahren. Präzise und detailliert, wie immer bestens recherchiert, fügt Grandl Fakten zusammen, die uns Hintergründe erklären und bewusst machen, die für den weiteren Verlauf der erschreckend realistischen Geschichte wichtig sind.

Grade vor den aktuellen politischen Geschehnissen bekommt dieser Thriller eine beängstigende Wirkung. Genauso könnte es – wenn wir uns das mal schonungslos eingestehen – jeden Tag überall passieren. In Anlehnung zu 9/11, das jedem von uns nach wie vor in schrecklicher Erinnerung sein dürfte – schafft Grandl hier ein Szenario „9/12“.

Ein ruhiger, sonniger Morgen im September – 9/12 -, alles scheint ganz normal. Bis in der Linie 6 der Münchner U-Bahn ein Islamist einen grausamen Anschlag verübt. Mit einer Sprühflasche verteilt er eine giftige Flüssigkeit, nebelt die Menschen um ihn herum ein und versucht, möglichst viele zu benetzen. „Es ist nur Wasser“, murmelt der Selbstmordattentäter dabei und hofft, seinem Schöpfer bald nahe zu sein. Hunderte Tote und Verletzte fordert dieser infame Anschlag, München ist im Ausnahmezustand, die Behörden arbeiten intensiv und fieberhaft zusammen, um die Hintermänner zu enttarnen und einen möglichen weiteren Anschlag zu verhindern. Der Attentäter selbst überlebt den Anschlag zunächst, wird schwer bewacht in einer Münchner Klinik behandelt, in der Hoffnung, von ihm mehr über seine Auftraggeber zu erfahren.

Die Generalbundesanwaltschaft übernimmt die Leitung der Ermittlungen in München. Entsandt wird Torge Prager. Ausgerechnet. Er trifft in München nicht nur auf das Horrorszenario nach dem Anschlag in der U-Bahn, er trifft auch auf seine Vergangenheit, die er unter allen Umständen aus den Ermittlungen raushalten muss. Gelingt nicht immer, denn ausgerechnet der bayerische Innenminister könnte Ziel des Anschlags gewesen sein. Er war möglicherweise in der betroffenen U-Bahn. Und ausgerechnet er ist der Vater von Oberregierungsrätin Antonia Himmel, die eine wesentliche Rolle in der Überwachung u.a. von Gefährdern in Deutschland spielt und die – ein bisschen Liebe muss sein – Torges große Liebe war. Die Wunden sind auf beiden Seiten nicht verheilt. Die Zusammenarbeit wird dadurch für beide manchmal zur Tortur, zumal der Mann, den Torge für den Hauptverdächtigen hält, für Antonia unbedingt unschuldig ist.
Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn es scheint sicher, dass ein weiterer Anschlag geplant ist, und zwar ganz sicher sehr bald. Die Bevölkerung ist in Panik, die Situation droht jederzeit zu eskalieren. Torge und sein Team müssen ungewöhnliche Wege gehen, um Torges Verdacht zu erhellen – oder eben zu entkräften.

Wir fiebern und zittern regelrecht mit. Immer, wenn man denkt, „jetzt“ – ist doch nichts klar. Erschreckend und unerwartet dann das Ende.

Von Beginn an schafft es Peter Grandl auch in „Höllenfeuer“ wieder, den Leser in Hochspannung zu versetzen. Aus der Hand legen, fällt schwer. Bestens recherchierte Hintergründe, Sachwissen, toll gezeichnete Charaktere, lebensnah, realitätsgetreu. Emotional fesselnd, erschreckend real und deshalb so bedrohlich. Ich benutze den Begriff „pageturner“ nicht gerne, aber hier trifft er zu.

Peter Grandl: Höllenfeuer
Piper Januar 2024
474 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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