Patricia Grob: Lobster, Mord und Meeresrauschen: Tante Tilli ermittelt

Tante Tilli ist einem gleich sympathisch! Herrlich, wie sie ihren „um ihr Wohl besorgten“ Neffen abblitzen lässt. Er will sie ins Seniorenheim stecken? So ein Quatsch!! Tilli ist zwar schon 70, aber topfit und vor allem keineswegs tüddelig! Also: Tilli muss handeln! Der liebe Neffe kommt mit schöner Regelmäßigkeit an jedem letzten Sonntag im Monat – fällt ihm schwer genug, wie Tilli weiß! Sie hat also einen Monat Zeit. Eine Reise ist die Lösung! Schnell entschlossen, flott gebucht und morgen schon angetreten! Nur dumm, dass Tilli ins falsche Flugzeug steigt und in Aarhus landet, statt wie geplant in Las Vegas. So ein Mist aber auch! Okay, was soll’s – dann ist sie nun halt in Dänemark. Nur für eine Nacht!

Und die verbringt sie in Grenaa. Ganz unbekannt ist der kleine Ort ihr nicht. Ihr Ex-Mann lebt noch dort, zwölf Jahre war sie mit ihm verheiratet, aber sie zieht es vor, Toshnicht anzurufen und um ein Bett für eine Nacht zu bitten. Stattdessen landet sie in einer ziemlich runtergekommenen Pension – „nur für eine Nacht“ halt. Dass daraus nichts wird, ist recht bald klar, nicht nur, weil der eher missgelaunte Filialleiter im Reisebüro am Flughafen es verbummelt hat, ihren Koffer in die Pension transportieren zu lassen.

Das alleine wäre für Tilli aber sicher kein Grund, ihre Reise doch noch in Richtung Las Vegas fortzusetzen – zumal bereits in der Zeitung von der älteren Dame berichtet wird, die auf dem Flughafen Dresden ohne gültiges Ticket in ein Flugzeug nach Aarhus gestiegen ist. Ups! Nicht, dass ihre geldgierige Familie Mathilde Clementine Salter doch noch auf die Schliche kommt und ihre Flucht vor dem Wiedersehen mit Neffen Alexander bemerkt. Nein, Tilli wird sozusagen ohne Umschweife „eingemeindet“. Katrine, die Pensionsinhaberin lässt Tilli so schnell nicht wieder ziehen. Als dann auch noch Tosh, Tillis Ex-Mann ermordet aufgefunden wird, kann Tilli natürlich überhaupt nicht mehr gleich wieder abreisen. Auch wenn sie keinen Kontakt mehr hatten, fühlt sie sich Tosh nach wie vor irgendwie verbunden. Sie hatten sich ja immerhin freundschaftlich getrennt. Die Lebensentwürfe haben einfach nicht mehr gepasst. Nach zwölf Jahren Ehe, Tosh immer auf See, Tilli in Dresden, bzw. in Grenaa, ging es einfach nicht mehr. Das erfahren wir alles so nebenbei, wie auch, dass Katrine und Tosh sich wohl auch mal näherstanden. Das macht es für Tilli allerdings schwieriger, unvoreingenommen und eher unauffällig zu ermitteln. Denn genau das ist es, was sie letztlich in Grenaa hält.

Ein leichter, locker geschriebener, unterhaltsamer „Krimi“. Nichts, was einen aufregt oder nachts schlecht schlafen lässt, eher was für die Lachmuskeln und entspanntes Lesen. Die Charaktere sind sehr lebendig und fröhlich beschrieben, man glaubt, sie vor sich zu sehen – egal ob den grummeligen Reisebüro Menschen Jakobsen, der ein bisschen verschroben rüberkommt, auch als „Privatmann“ Jakobsen, der leicht unbeholfen wirkt, wenn er auf etwas altmodische, aber auch liebenswerte Art Tilligentleman-like den Hof macht, oder Katrine, die manchmal mürrische Wirtin der runtergekommenen Pension, in der sich Tilli aber doch nach anfänglichem Schaudern wohl fühlt oder auch Tilli selber natürlich.

Eine sehr selbstbewusste ältere Dame, der es nicht wirklich an was fehlt, außer dem Gefühl, dass ihre Familie sie mal nicht wegen des zu erwartenden Erbes besucht. Flott, schwer fit und ein bisschen Miss Marple. Die Handlung ist manchmal ein bisschen unübersichtlich, ausschweifend und verwirrend, aber irgendwie auch manchmal eher nebensächlich. Ich hatte mir ein bisschen mehr versprochen. Dennoch: ein hyggeliger leichter Krimi so für zwischendurch.

Patricia Grob: Lobster, Mord und Meeresrauschen: Tante Tilli ermittelt
Piper, Februar 2024
284 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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