Wieder ein neues Ermittlerteam für Hamburg. Ein recht ungleiches Team findet sich da zusammen, um einen alten, eigentlich längst zu den Akten gelegten Fall neu aufzurollen und Ermittlungen wieder aufzunehmen, die ein inzwischen verstorbener Kollege auch nach dem offiziellen Abschluss der Ermittlungen sozusagen privat weitergeführt hatte. Juha Korhonen, Kriminalhauptkommissar bei LKA Hamburg mit finnischen Wurzeln war damals noch recht jung, als er gemeinsam mit seinem damaligen Partner Werner Swoboda die Entführung eines 14-jährigen Jungen aufklären sollte. Das Lösegeld wurde gezahlt, durch einen Hinweis konnte der Junge auch gefunden werden. Verbuddelt in einer Kiste im Wald, die zwar über ein Belüftungsrohr verfügte, das aber durch herabfallendes Laub verstopft war. Der Junge hatte nicht überlebt. Wenig später wurde dann auch der vermeintliche Täter überführt – ein Jugendlicher, der Selbstmord begangen hatte. Seine Mutter hatte nach seinem Tod in seinem Schrank einen Rucksack und eine Decke gefunden, die dem Opfer zugeordnet werden konnten. Eigentlich alles klar. Und dennoch hat Swoboda keine Ruhe gegeben. Seine weiteren Erkenntnisse konnte er allerdings nicht mehr öffentlich machen, er starb wenig später an Krebs.
An diesen alten Fall wird Juha Korhonen jetzt erinnert, als er und sein junger Kollege Lucas Adisa, genannt Lux, zu einem aktuellen Entführungsfall zugezogen werden. Es sind kleine Details und doch sieht Juha Parallelen. Sein Bauchgefühl, weniger konkrete Hinweise, ist es, das ihn auf die richtige Spur bringt und ihn diesen aktuellen Fall sehr rasch zu einem guten Ende bringen lässt. Doch seine Erinnerungen und die Tatsache, dass sein Partner damals nicht aufgegeben hat, obwohl offensichtlich der Schuldige gefunden worden war, lassen ihn nicht ruhen. Er will wissen, was Swoboda herausgefunden hatte und wie weit er mit seinen Nachforschungen gekommen war. Juha und Lux nehmen den alten Fall wieder auf und stoßen auf alte Verbindungen. Verbindungen von ehemaligen Freunden aus dem Feuerwehrverein, die heute schon lange nichts mehr miteinander zu tun haben. Und doch hängen sie alle irgendwie mit drin in der damaligen Geschichte. Ein Wespennest, in das Juha und Lux da gestochen haben. Lux unterstützt seinen älteren Partner zwar unbedingt, kommt aber nicht immer damit klar, dass Juha den ein oder anderen gefährlichen Alleingang unternimmt, ohne ihn einzuweihen. Mehr als einmal muss er ihm zu Hilfe kommen. Mehr als einmal geht es grade noch gut, lässt der Chef sie grade nochmal weitermachen. Es sind eine ganze Menge loser Enden, die da zusammengebracht werden müssen, immer wieder Knoten in den Fäden, die erstmal entwirrt werden müssen, was es dem Leser nicht immer leicht macht, die Gedankengänge der beiden Kommissare unmittelbar nachzuvollziehen. Immer wieder neue Ansätze, die verfolgt werden und immer wieder Beharrlichkeit und mühevolle Detektivarbeit zahlen sich dann auch aus.
Zwei sympathische Protagonisten, eine gute und spannende Story, der allerdings manchmal ein bisschen den Nervenkitzel eines packenden Krimis vermissen lässt.
Nikolas Kuhl, Stefan Sandrock: Das Dickicht
Rowohlt; September 2024
336 Seiten; Taschenbuch; 14,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.