Pia Kirchhoff hat endlich geheiratet und ist quasi schon auf dem Weg in die Flitter-wochen. Da wird eine Frau auf einem Waldweg scheinbar vollkommen grundlos er-schossen. Es ist eine ländliche Gegend, man kennt sich, die Tochter führt einen Blu-menladen, die Familie ist beliebt in der Gegend. Es zeichnet sich überhaupt kein Motiv ab. Zunächst scheint es auch keinen Zusammenhang zu geben, zu der älteren Frau, die beim Backen in ihrer eigenen Küche durchs Fenster erschossen wird. Auch hier ist die Familie untröstlich und auch diese Frau hat keine Feinde gehabt. Pia schickt ihren Mann alleine in die Flitterwochen und ermittelt gemeinsam mit Oliver von Bodenstein in dieser seltsamen Sache. Etwas klarer sehen sie, als Bekennerschreiben auftau-chen Es scheint um Rache zu gehen für eine Frau, die vor mehreren Jahren eines natürlichen Todes verstorben ist. Zunächst sieht es so aus, als ginge es nur darum, dass eine geliebte Mutter vielleicht hätte Überleben können, wenn jemand ihr gehol-fen hätte, nachdem sie auf dem Waldweg zusammengebrochen war. Aber es mus noch um mehr gehen, Spuren führen auch in das behandelnde Krankenhaus. Erst langsam führen die Spuren mehrerer Morde zusammen, denn noch geht das Töten weiter. Viel zu spät – nach Pias Meinung – erkennen sie das System dahinter und können trotzdem noch einen Mord nicht verhindern.
Nele Neuhaus neuester Bodenstein/Kirchoff-Fall führt tief in die Probleme der Organ-spende ein – und das nicht auf eine Art und Weise, die dem Leser den Organspen-de-Ausweis schmackhaft macht. Das kann man im Angesicht vieler ehrlich arbeitender Kliniken und vieler Schicksale, die auf Spenderorgane warten kritisieren. Auf der an-deren Seite lässt sich sicherlich kein Krimi schreiben ohne Tat und es hat ja Fälle von Listenverschiebungen gegeben. Jeder muss für sich selbst beurteilen, was nach sei-nem Tod mit seinem Körper geschehen soll. Er sollte nur bitte keinen fiktiven Krimi als Entscheidungsgrundlage nehmen. Aus dieser Überlegung heraus bin ich hin- und hergerissen zwischen der guten Absicht der Autorin, sich des Themas angenommen zu haben und der möglichen Wirkung eines erfolgreichen Krimis, der an der Organ-spende kaum ein gutes Haar lässt.
Gelesen wird die überaus spannende Geschichte von Julia Nachtmann, die mit ihrer Eindringlichkeit den Zuhörer ganz nah an die Geschehnisse heranbringt. Das Zuhö-ren war also ein echtes Vergnügen. Man kann die Geschichte auch sehr gut hören, trotz der vielen Protagonisten. Nele Neuhaus und Julia Nachtmann schaffen es gemeinsam, dass man trotzdem den Überblick nicht verliert.
Nele Neuhaus: Die Lebenden und Toten, gelesen von Julia Nachtmann.
Hörbuch Hamburg, Oktober 2014.
8 CDs, 17,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.