Karen Inge Nielsen: Niemand rettet dich

Ein gelungener Abschluss der Trilogie um Verbrechen im deutsch-dänischen Grenzgebiet. Gut gezeichnete Charaktere, die uns von Anfang an eben sympathisch oder nicht sind, die sich entsprechend entwickeln im Laufe der Erzählung und uns vertraut werden. Eine Geschichte, die sich als roter Faden durch alle drei Bände zieht und eben im letzten ihren Abschluss, ihre Erklärung findet.

Der dänische Kommissar Mads Lundstrom ist besessen von dem Gedanken, dass sein Vater, ein verantwortungsvoller, guter Polizist, sich vor über zwanzig Jahren nicht selbst das Leben genommen haben kann, wie alle behaupten und wie es in der Akte steht. Mads kann und will das nicht glauben und ist so sehr in die Idee, das auch zu beweisen verbissen, dass er nicht selten seine aktuelle Arbeit als Kriminalkommissar vernachlässigt. Damit macht er sich nicht wirklich Freunde unter den Kollegen. Einzig sein Chef, Per Teglgard, hält ihm mehr oder weniger regelmäßig, wenn auch widerwillig den Rücken frei, wenn er wieder mal einen seiner häufigen Alleingänge durchzieht. Das hat jedoch ein jähes Ende als Per schwer krank in die Klinik eingeliefert wird und ausgerechnet Mads‘ ärgster Widersacher unter den Kollegen zum kommissarischen Nachfolger bestimmt wird.

Der vorprogrammierte Ärger endet damit, dass Torben Mads „vorläufig suspendiert“ und in den Keller zu den verstaubten Akten verbannt. Wie so oft verarbeitet Mads seinen Frust und seine Wut in übermäßigem Sport, was nicht immer hilft. So ganz ungelegen kommt Mads die „Verbannung“ allerdings auch wieder nicht, hat er so doch Zeit und Gelegenheit, seinen eigenen Ermittlungen intensiver nachzugehen. Aktueller Anlass für seine verstärkten Nachforschungen ist ein neuer Fall. Bei den Ermittlungen zur Ermordung einer älteren deutschen Frau in der Nähe von Birkelev taucht ein Fingerabdruck auf, den es eigentlich gar nicht geben dürfte. Er stammt von einem Mann, der vor dreiundzwanzig Jahren als Mörder verurteilt worden ist.

Damals soll er den Leiter einer Wohneinrichtung für Jugendliche ermordet haben. Mads‘ Vater war es, der damals den jungen Mann verhaftet hatte. Die alten Akten liegen noch bei Mads zuhause und lassen ihm keine Ruhe. Seinem Vater offenbar auch nicht, sonst hätte er sie nicht mitgenommen und mit Anmerkungen versehen, die Mads heute stutzig machen. Wie kann dieser Fingerabdruck an den Tatort gelangen? Und wie kann ein Projektil, das ebenfalls zu dem alten Fall in Birkelev passt, in die Wand des Arbeitszimmers von Mads‘ Vater kommen? Wo ist der Zusammenhang? Wo gab es Fehler bei der Ermittlung damals? Der Fall der älteren Frau bleibt nicht der einzige aktuelle, Mads arbeitet auch diesmal wieder erfolgreich mit seinem deutschen Kollegen Thomas Beckmann zusammen – trotz Mads‘ Suspendierung.

Die gemeinsamen Ermittlungen schweißen die beiden mehr und mehr zusammen und aus dem meist mürrischen deutschen Kommissar wird doch noch ein sympathischer Mann, der sich Mads als zuverlässig und vertrauenswürdig erweist. Mit ihren nicht ganz offiziellen Ermittlungen decken sie nicht nur Fehler bei den früheren Ermittlungen auf, sie kommen auch einer Menge Lügen, Geheimnisse und Vertuschungen auf die Spur, als sie die beiden aktuellen Fälle lösen. Mads kann jetzt endlich abschließen und die wahren Umstände um den Tod seines Vaters aufdecken. Dass das alles nicht reibungslos und ohne in Gefahr zu geraten vonstatten geht, versteht sich von selbst. Schwache Nerven werden auch in diesem dritten Teil wieder stark beansprucht.

Ein spannender, packender Krimi, den man zwar auch als Einzelkrimi ganz gut lesen kann, aber man sollte sich die beiden ersten Teile nicht entgehen lassen. Die Geschichte spinnt sich fort und nimmt eben hier ein gut erzähltes Ende.

Karen Inge Nielsen: Niemand rettet dich.
Piper, August 2025
368 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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