Julia Mattera: Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach

Ein liebenswerter Grantler mit eigenwilligen Macken, eine wunderschöne Landschaft und dazu noch gutes Essen – also die perfekten Zutaten zu einem perfekten Roman. Die selbst im Elsass geborene Autorin siedelt die Handlung ihres ersten Romans für Erwachsene eben dort an und erzählt von Robert, dem Koch, der in der von seiner Schwester Elsa betriebenen Auberge für die kulinarischen Genüsse der Gäste sorgt.

Robert ist ein verschrobener, zurückhaltender Mann Anfang 50, der am liebsten allen Menschen, außer seiner Schwester und deren beiden Kindern, aus dem Weg geht. Viel lieber als mit Menschen unterhält er sich mit seinen Möhren, seinen Tomaten und den Zucchini, die er alle mit großer Achtung und Liebe behandelt.

In sein bisher geordnetes Leben bricht nun einmal der junge Hassan ein, der zusammen mit seiner Mutter Fatima in Elsas Auberge aushelfen und Robert zur Hand gehen soll. Aufgrund schlechter Erfahrung mit solchen Praktikanten ist Robert erst sehr skeptisch, doch mit vereinten Kräften, viel Geduld und Humor gelingt es den anderen, ihn dazu zu bringen, sich etwas mehr zu öffnen. Noch mehr ist das der Fall, als schließlich auch noch die Engländerin Maggie, eine Freundin von Fatima, in sein Idyll eindringt. Sie überwältigt ihn, er ist fasziniert von ihr und man ahnt, was kommen wird.

Da ich genau solche Figuren wie den eigenbrötlerischen Robert besonders mag, mochte ich auch diesen Roman sehr. Julia Mattera findet berührende und sehr plastische Worte für seinen Umgang mit Obst und Gemüse, für seine Tätigkeit in der Küche. Fast läuft einem beim Lesen selbst das Wasser im Mund zusammen bei ihrer Beschreibung der Gerichte, die Robert zaubert (die Rezepte finden sich übrigens am Ende des Buches). Auch die Landschaft, die Düfte und die Geräusche, all das kann sie wundervoll beschreiben.

Etwas hapert es dagegen, wenn sie die Gefühle von Robert und den anderen in Worte fasst. Dabei gleitet es dann doch immer mal in phrasenhafte ab – „sein Herz raste“ oder „das Herz schlug ihm bis zum Hals“ und ähnliches. Das mag aber auch der Übersetzung geschuldet sein, das kann man beim Lesen nur der deutschen Fassung natürlich nicht erkennen. Auch ging mir die Entwicklung von Robert vom fast autistischen Einsiedler zum offenen, den anderen zugewandten und sogar auf Reisen gehenden „normalen“ Mann dann doch etwas zu schnell, insbesondere wenn man das Alter des Protagonisten bedenkt. In diesem Alter ändert man sich normalerweise kaum noch und wenn, dann sicher nicht innerhalb weniger Wochen.

Das mag ein bisschen Erbsenzählerei sein, zumal mir wie gesagt der Roman grundsätzlich sehr gut gefiel. Handlung, Figuren und Erzählweise sind harmonisch. Dabei ist nichts übertrieben, wird vieles mit einem winzigen Augenzwinkern erzählt.

Julia Mattera: Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach.
Aus dem Französischen übersetzt von Monika Buchgeister.
Eichborn, März 2022.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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