Thoreaus Buch „Walden“ wurde 1854 erstmals veröffentlicht und erscheint heute, in unserer schnelllebigen Gesellschaft, in der die Menschen nach Entschleunigung und Rückbesinnung auf alte Werte lechzen, aktueller denn je. Fast unwirklich mutet es an, dass Thoreau bereits im Jahr 1845 den Wunsch verspürte, vor der jungen aufstrebenden Industrialisierung in den USA zu flüchten, um sich fern der Zivilisation, fern der Massen, unter asketischen Bedingungen einen Weg zur Selbstverwirklichung zu suchen.
Thoreau wuchs in Concorde/Massachusetts, in der Nähe von Boston auf. Dort im Umkreis liegt der Waldensee, wohin Thoreau sich für zwei Jahre in eine selbstgebaute Blockhütte zurückzieht. Er baut Gemüse an, von dem er sich, außer dem, was der Wald ihm bietet, ernährt. Ein Dasein, das ihn selbstbestimmt, nonkonformistisch zu Selbsterkennung, zu einer neuen Bewusstseinsebene führen soll, ist Thoreaus Ziel.
Seine philosophisch geprägten Erkenntnisse, zu denen er während dieser Auszeit kommt, beschreibt er in achtzehn Kapiteln. Unter anderem stellt er Betrachtungen an über die Ökonomie, über höhere Gesetze, Wintertiere, Einsamkeit, Genügsamkeit, Töne, den Jahreskreislauf…
So schreibt er beispielsweise unter dem Kapitel Ökonomie: „Das meiste von dem, was man unter dem Namen Luxus zusammenfasst, und viele der sogenannten Bequemlichkeiten des Lebens sind nicht nur zu entbehren sondern geradezu Hindernisse für den Aufstieg des Menschengeschlechtes…“.
Gleichermaßen verfasst Thoreau poetische Sätze, wie zum Beispiel die Einleitung unter dem Kapitel Einsamkeit: „Es ist ein wunderbarer Abend, an dem der ganze Körper nur ein Sinn ist und Wonne einsaugt durch jede Pore. Ich gehe und komme mit einer seltsamen Freiheit in der Natur…“.
Walden ist eine faszinierende leidenschaftliche Botschaft, ein Plädoyer für die Rückbesinnung auf die Natur und das eigene Ich, für die Loslösung von Konventionen.
Henry David Thoreau: Walden: oder Leben in den Wäldern (1854).
Diogenes, März 2015.
512 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.