Beate Maly: Die Trümmerschule: Zeit der Hoffnung

Stella, eine junge Jüdin, kommt 1946 zurück nach Wien, in ihre alte Heimat. Voller Hoffnung und Zuversicht, dort wieder ein Zuhause zu finden, wieder heimisch zu werden und beim Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Stadt mitwirken zu können. Nicht nur mit ihrer Hände Arbeit, viel mehr mit ihrem Wissen und ihren pädagogischen Fähigkeiten. Stella will als Lehrerin den jungen Leuten Wissen vermitteln, sie lehren, frei zu denken und ihre Vorstellungen zu verwirklichen.

Stella hat als einzige aus ihrer Familie den Krieg überlebt. Ihre Eltern sind in Auschwitz ums Leben gekommen, auch Simon, ihr Verlobter, hat den Krieg nicht überlebt. Stella hatte das Glück, das sie manchmal aber im Nachhinein auch als Unglück empfindet, in trübsinnigen Momenten glaubt sie, ihre Familie im Stich gelassen zu haben, dank der Hilfe einer Bekannten, rechtzeitig aus Wien fliehen und in London im Exil leben zu können. Jetzt glaubt sie, es sei an der Zeit und gut, nach Wien zurückzukommen. Bei ihrer Freundin Feli kann sie erst einmal wohnen. Eine eigene Wohnung zu finden, wäre wohl kaum realistisch. Feli ist es auch, die ihr eine Anstellung als Lehrerin am Lindengymnasium verschafft, wo sie selbst als Schulsekretärin arbeitet. Englisch und Deutsch soll Stella unterrichten.

Direktor Pfeifer ist glücklich, eine junge, engagierte Lehrkraft gefunden zu haben, die das Kollegium ergänzen kann. Doch nicht alle Kollegen und Kolleginnen sind seiner Meinung. Leider gibt es nach wie vor einige, die ihre nationalsozialistische Gesinnung kaum verbergen können, aber glauben, sie könnten sich alles erlauben. Auch Direktor Pfeifer leidet darunter, weiß aber nicht, was er erfolgreich dagegen machen könnte. Stella mit ihren fortschrittlichen Methoden, ihrem Verständnis für die Nöte und Sorgen ihrer Schülerinnen und Schüler, ihrem Bemühen, auch Schwächere nicht auszugrenzen, sondern zu fördern, ist nicht sehr wohlgelitten an der Schule. Da außerdem grade ein Kampf um die Nachfolge des Direktors, der eigentlich schon im Rentenalter ist, tobt, spürt sie jeden Tag, was sie erwarten würde, wenn einer der Kollegen ihr neuer Vorgesetzter werden würde, die jetzt schon „keine jüdische Lehrerin an der Schule dulden“ möchten. Doch sie findet auch Freunde, die ihre Methoden und ihren Einsatz unterstützen und ihr helfen, die traurige Vergangenheit zu verarbeiten und wieder Fuß und Mut zu fassen.

Ein sehr berührender Roman, der sehr anschaulich die Lebensumstände im Wien der unmittelbaren Nachkriegszeit, die Sorgen und Nöte der Menschen, die Armut und Wohnungsnot, die noch immer herrschenden Ängste schildert. Man fühlt sich Stella und ihren Mitstreitern sehr nah, mittendrin. Sehr feinfühlig, emotional ohne pathetisch zu sein. Gut gezeichnete Figuren, realistisch dargestellte Zeit. Flüssig geschrieben. Flüssig zu lesen.

Beate Maly: Die Trümmerschule: Zeit der Hoffnung
Ullstein, Mai 2025
400 Seiten, Paperback, 12 Euro 99

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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