Wrath James White: Der Totenerwecker

daleDer junge Dale hat es nicht einfach im Leben. Nachts hört der Junge aus dem elterlichen Schlafzimmer immer wieder Streit, dann fliegen die Fäuste seines Vaters, seine Mutter weint während ihr Mann sie brutal vergewaltigt. Der Junge ahnt, dass er eines Tages als Waise enden wird. Und wirklich, im Crack-Rausch verliert sein Vater auch die letzten Hemmungen, zerstückelt seine Frau während er sie noch bestialisch missbraucht. Als die von Dale gerufenen Polizisten den Mann erschießen, scheint Ruhe zu sein. Doch dann beatmet Dale die skalpierte und zerstückelte Leiche seiner Mutter und holt sie ins Leben zurück.
Warum nur hat Gott ihrem Sohn, der über keinerlei Gewissen verfügt die Macht gegeben, Tote Lebewesen wieder zu erwecken? Den Suizid der verzweifelten Mutter lässt er nicht zu, immer wieder holt er sie zurück, erst als sie sich und das Haus in Brand steckt gelingt es ihr, ihrem Sohn endgültig zu entfliehen.

Ein paar Jahre später zieht der inzwischen erwachsene Dale nach Las Vegas. Seine neuen Nachbarn, ein junges Paar begrüßt ihn, nur um anschließend des Nachts von ihrem Nachbarn heimgesucht zu werden. Immer wieder bringt Dale die Beiden um, vergeht sich an ihren Leichen und erweckt sie dann wieder zu neuem Leben. An den Missbrauch erinnern sich seine Opfer nicht. Als ihm das Paar dann doch auf die Schliche kommt, gerät Dale selbst erstmals in Gefahr – denn Sarah nimmt den Fehdehandschuh auf und versucht sich zu wehren …

Wrath James White schreibt Bücher, die nicht unbedingt Jedermanns Geschmack sind. Brutal, bestialisch, obszön, pervers, widerwärtig sind Adjektive, die mir hier in den Sinn kommen. Aber auch beeindruckend, kraftvoll, mitreißend ziehen seine Bücher die Leser in ihren Bann.

Vorab eine Warnung – wer die explizite Beschreibung von Gewaltszenen der abartigen Art nicht abkann, der lasse die Finger von dem Buch!

Hier greift der Autor auf, was anormal, verpönt und bestialisch ist, da geht es um nekrophilen Sex, um Missbrauch der schlimmsten Art und um Folter. Erstaunlich ist dabei aber, dass es White gelingt, uns als Leser die Vorkommnisse nachvollziehbar, die Figuren begreifbar zu machen. Sowohl Dale als auch Sarahs Ehemann wurden als Kind missbraucht. Der Eine musste hilflos die häusliche Gewalt miterleben, musste zusehen, wie sein Vater seine Mom bewusstlos prügelte, damit er die Wehrlose danach brutal in alle Körperöffnungen vergewaltigen konnte, der Andere wurde von Priestern und Mitschülern lange Zeit sexuell missbraucht.

Auf diesem, in sich überzeugenden Gerüst baut er seine Figuren auf. Nach der kurzen Einleitung aus dem Kindheit Dales geht es dann in Vegas in einer Mischung aus Thrillerelementen und brutalem Horrorszenario ans Eingemachte. Dale selbst ist ein Protagonist, der beim Leser nur Ablehnung hervorrufen kann. Selbstsüchtig, nur seinen Trieben folgend ohne jegliche Moral ist er der widerwärtigste, verkorkteste Charakter, der mir seit langer Zeit untergekommen ist. Der Leser wird ihn von der ersten Seite an hassen, obwohl man ihn nüchtern und emotionslos betrachtet eigentlich bemitleiden müsste. Doch seine abartigen Taten machen es schwer, hier auch nur einen Zipfel Mitleid oder gar Verständnis für den jungen Mann aufzubringen.

Als Gegenpart hat White dann das Ehepaar Sarah und Josh aufgebaut. Ein hart arbeitendes junges, glückliches Paar, das unversehens und unverschuldet zum Opfer eines Psychopathen wird. Das sind Charaktere, die den Leser packen, denen man fasziniert folgt, die man nicht vergisst. Während die traumatischen Geschehnisse in der Kindheit als Erklärung nur angerissen werden, werden die Taten Dales an dem Ehepaar grell beleuchtet und in Einzelheiten dargestellt. Das ist beileibe nichts für empfindliche Gemüter, ist abstoßend, widerwärtig aber gerade deshalb auch packend.

Wrath James White: Der Totenerwecker.
Festa, August 2013.
416 Seiten, Taschenbuch, 13,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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