Vanessa Barbara: Salatnächte

salatIm Roman von Vanessa Barbara ist die Welt bunt. Bunt sind die Häuser einer abgelegenen Ortschaft, bunt sind die Bewohner der dünnhäutigen Wohnungen und so geschwungen, wie sich die Straßen über das Gefälle der Landschaft ziehen, so verlaufen die Biographien einiger Bewohner. Eine Übersetzerin zum Beispiel könnte Karriere machen, wenn ihre drei Hunde sie nicht völlig kontrollieren würden; ein alter Japaner erlebt nach seiner Demenzerkrankung den Zweiten Weltkrieg in seiner ganz persönlichen Interpretation; ein Briefträger, der grundsätzlich die Post falsch zustellt; ein Apotheker sammelt leidenschaftlich Erkenntnisse über die Nebenwirkungen der von ihm verkauften Medikamente; eine alte Inderin beschäftigt eine junge Büglerin, die nicht bügeln kann oder das in die Jahre gekommene Ehepaar Ada und Otto versorgt jeden mit Blumenkohlauflauf. Die bunte Gemeinschaft hält auf jeden Fall zusammen. Egal, was passiert.
Die Autorin Vanessa Barbara, geboren 1982 in São Paulo, ist bereits als Journalistin bekannt geworden, seit sie den Jabuti-Preis für Journalismus gewann und monatlich eine Kolumne in der New York Times verfasst. Darüber hinaus arbeitet sie als Übersetzerin und schreibt Novellen.
Den ungewöhnlichen Titel ihres Debütromans „Salatnächte“ wählte sie, weil der alte Otto wegen seiner Schlafstörungen jeden Abend von seiner Frau Ada Salattee bekommt, der ihm schnell jeglichen Geschmack von Salat verleidet. Die Schlafstörungen bleiben und die Routine des Salattees leider auch, bis Ada plötzlich stirbt. Die Geschichten der Bewohner hat die Autorin lose durch ein Ereignis verwoben, das Ada vor Otto zur Geheimniskrämerin macht. Am Ende wittert er überall Verrat und Intrige. Den kunstvoll geschriebenen Rahmen bildet Adas Tod, der nicht nur die feuchte Wäsche im Garten hinterlässt.
Insgesamt handelt es sich um einen Episodenroman, bei dem sich kleinere Spannungsbögen aneinanderreihen. Die stärkste Geschichte ist das Schicksal des Japaners, der am Ende des Zweiten Weltkrieges von seinem Befehlshaber einfach vergessen worden ist und über drei Jahrzehnte weiter an seiner imaginären Front kämpfte.

Vanessa Barbara: Salatnächte.
A1 Verlag, September 2014.
176 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,80 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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