Tim Parks: Morris Duckworth 01: Der ehrgeizige Mr. Duckworth

parkDas wie einem Krimicomic der fünfziger Jahre entlehnt anmutende Buchcover täuscht. Tim Parks beweist mit dem Inhalt einmal mehr, dass er ein Garant für gute und spannende Unterhaltung ist.

Diesen ersten Teil der Krimitrilogie um Morris Duckworth hat Tim Parks 1982 verfasst, und so spielt die Handlung in einer Zeit, in der Kontaktpflege ganz altmodisch über Festnetztelefone oder Briefkontakte gehalten wird. Genau davon lebt der Plot und macht den Reiz dieses Krimis, der bis zur letzten Seite überzeugt, aus.

Morris Duckworth, der in Verona als Englischlehrer arbeitet, fühlt sich vom Leben benachteiligt, will auch etwas vom Reichtum abbekommen, in dem sich seine Schüler, denen er privaten Nachhilfeunterricht erteilt, ganz selbstverständlich suhlen.
So reift der Plan in ihm, seine Schülerin Massimina Trevisan, die aus einer wohlhabenden Familie stammt, zu heiraten.
Die sehr behütet aufgewachsene Massimina ist Morris ganz und gar ergeben und wünscht sich nichts sehnlicher, als mit ihm eine Familie zu gründen.
Nach dem ersten Kennenlernen stellt sich Massiminas Familie gegen Morris, dessen angeberische Schwindeleien sie sehr wohl bemerkt haben.
Massimina läuft daraufhin von zu Hause weg und und bricht den Kontakt mit ihren Angehörigen ab, um zu demonstrieren, wie groß ihre Liebe zu Morris ist.
Um Zeit zu gewinnen, reist Morris mit Massimina durch Italien, inszeniert ohne Massiminas Wissen deren eigene Entführung und erpresst Lösegeld von der Familie. Im Gegensatz zu Massimina, die die Reise genießt und richtig auflebt, steht Morris permanent unter Strom. Schließlich muss er Massimina ständig im Auge behalten, damit sie nicht durch Zeitungen oder sonstwie erfährt, dass sie angeblich ein Entführungsopfer ist.
Die Verstrickungen werden immer engmaschiger und Morris entwickelt immer abstrusere Gedanken, die er in die Tat umsetzt. Immer wieder werden seine Pläne durchkreuzt und immer wieder kommt er auf neue, noch kuriosere Ideen, bei denen er im wahrsten Sinn des Wortes über Leichen geht. Er täuscht und blendet alle, samt der Polizei. Sein fanatischer Ehrgeiz den er dabei entwickelt, mündet in erschreckender Gefühlskälte und Skrupellosigkeit.

Tim Parks vermischt die hohe kriminelle Energie seines Protagonisten mit wahnwitzigen Verhaltensmustern. Mit spielerischer Kreativität setzt er treffsicher das Agieren eines schwer gestörten Psychopathen um, der Opfer väterlichen Fehlverhaltens geworden ist.
Parks arbeitet die Persönlichkeitsstörung aus Sicht seines Protagonisten stimmig auf, indem er unter anderem immer wieder Gedankenstränge zu der väterlichen Übermacht einbindet.
So ist Morris Duckworth sogar in der Lage, sich über seine eigene Kaltblütigkeit zu wundern und stellt Überlegungen über das Töten an. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass jeder Mensch gedanklich schon tausende Male getötet hat. Für Morris ist dies nur eine Frage, wie Wunsch und Gelegenheit zusammentreffen.

Tim Parks: Morris Duckworth 01: Der ehrgeizige Mr. Duckworth.
Antje Kunstmann, Mai 2015.
300 Seiten, Taschenbuch, 16,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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