Joanna Cannon: Drei Dinge über Elsie

Florence ist 84 Jahre alt und lebt in einem Altersheim. Als ein neuer Bewohner einzieht, steht ihre Welt auf einmal Kopf, denn dieser Mann sieht haargenau aus wie jemand, der ihres Wissens 1953 in einem Fluss ertrunken ist. Mit ihrer Freundin Elsie berät sie, was zu tun ist. Und dann begeben sich die Frauen auf die Suche nach der Wahrheit. Das führt allerdings dazu, dass sie sich auch mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzen müssen. Denn einst passierte etwas Schreckliches, das bis heute nicht ans Licht gekommen ist.

Vielleicht habe ich zu viel von „Drei Dinge über Elsie“ erwartet und wurde deshalb enttäuscht. Alles beginnt erstmal ganz gut. Man lernt Florence kennen, später Elsie. Eine enge Freundschaft verbindet die beiden Frauen, man kann aber auch etwas Seltsames, Unerklärliches spüren. Dann geht bei der Geschichte aber irgendwie was schief. Man liest Kapitel über Kapitel und Kapitel nach Kapitel. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Rhiannon Navin: Alles still auf einmal

Zachs Klasse ist in hellem Aufruhr. Die Lehrerin hat sie angewiesen, sich alle leise im Wandschrank zu verstecken. Dort kauern sie nun, als die Schüsse zu hören sind. Peng. Peng. Peng. Immer wieder. Keines der kleinen Kinder traut sich, auch nur einen Laut von sich zu geben. Und dann ist alles vorbei. Niemand von ihnen ist verletzt. Zach findet im Tumult seine Mutter und ist glücklich. Doch das bleibt nicht lange so. Schnell wird klar, dass sein größerer Bruder Andy zu den Opfern des Attentats gehört. Super, denkt sich Zach, dann kann er mich endlich nicht mehr ärgern. Doch was es wirklich heißt, dass Andy tot ist, wird ihm erst nach und nach bewusst.

Rhiannon Navins Roman geht von der ersten Zeile an mitten unter die Haut. Es beginnt mit der Versteck-Situation im Klassenzimmer. Dem ungewissen Bangen, was dort draußen los sein könnte. Man hört im Halbdunkeln nur Geräusche. Geräusche, die nicht sonderlich gut klingen, vor allem aus Sicht eines Erwachsenen nicht. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Sharlene Teo: Schöne Monster

Singapur, 2003: Szu ist 16 Jahre alt und eine Außenseiterin in der Schule. Über die Berühmtheit ihrer Mutter, die einst in einem bekannten Horror-Film namens „Ponti“ mitspielte, versucht sie die Aufmerksamkeit ihrer Mitschülerinnen zu erlangen. Doch das klappt nicht wirklich gut. Erst als sie Circe, einem Mädchen aus ihrer Jahrgangsstufe, hilft, entwickelt sich zwischen den Mädchen ein Freundschaftsband, das seltsamer nicht sein könnte.

Sharlene Teos Geschichte entwickelt sich durch drei Figuren auf verschiedenen Zeitebenen. Begleitet wird Amisa, Szus Mutter, in den 1970er und 1980er Jahren, Szu selbst im Jahr 2003 und schließlich ihre Freundin Circe, als diese bereits erwachsen ist, im Jahr 2020. Der Schauplatz der Geschichte bleibt dabei meist gleich und man erlebt Singapur im Wandel der Zeit. Selbst der Sprung von 2003 bis 2020 ist wirklich eindrucksvoll, denn Circe ist erfolgreich, frisch geschieden und geht ihren Weg, undenkbar beispielsweise für Amisa im Jahr 1975. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Krystal Sutherland: Es muss ja nicht perfekt sein

Esthers Familie ist verflucht. Und das liegt alles nur an Erlebnissen, die ihr Großvater einst im Vietnamkrieg hatte. Dort traf er den Tod höchstpersönlich und wurde mit einem Fluch belegt. Seitdem stirbt ein jeder aus der Solar-Familie an seiner größten Angst. Esthers Zwillingsbruder Eugene fürchtet sich vor der Dunkelheit, der Vater verlässt wegen Agoraphobie den Keller nicht mehr und die Mutter ist abergläubig. Ein Onkel starb an seiner Angst vor Keimen und auch für Esther sieht es nicht gut aus. Sie kennt ihre größte Angst noch nicht, hat aber deshalb Angst vor allem Möglichen. Sie führt eine Liste, auf der sie all diese Dinge notiert. Als diese Liste in die Hände ihres ehemaligen Klassenkameraden Jonah gerät, ändert sich alles. Jonah möchte Esther helfen, sich ihren Ängsten zu stellen. Jeden Sonntag möchte er sich mit ihr treffen und eine der 50 auf dem Zettel notierten Ängste aufarbeiten. Esther ist wenig begeistert, willigt dann aber doch ein.

„Es muss ja nicht perfekt sein“ ist ein ganz besonderer Jugendroman. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht gerade deutlich wird. Denn es beginnt alles etwas holprig. Man lernt eine Familie kennen, die mehr als sonderbar ist. Alles wird aus Esthers Perspektive beschrieben. Sie ist eine Außenseiterin und hat nur eine wirkliche Freundin, Hephzibah, die an selektivem Mutismus leidet und mit niemandem spricht. Viele Jahre dachte Esther sogar, dass Hephzibah nur eine einbildete, nicht real existierende Freundin sei. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Rebecca Wait: Das Vermächtnis unsrer Väter

Tommy ist gerade einmal acht Jahre alt, als der Vater sich selbst, Tommys Mutter, den wenig älteren Bruder und seine kleine Schwester erschießt. Nach der Tragödie zieht Tommy für kurze Zeit zu seinem Onkel Malcolm im gleichen Ort. Doch dort kann er nicht bleiben und er verlässt das verschlafene schottische Dörfchen schon bald. Zwanzig Jahre später kehrt Tom, der seinen niedlichen Kosenamen längst abgelegt hat, an den Ort des Geschehens zurück und zieht ein paar Tage zu seinem Onkel ins Haus. Für beide kommen Erinnerungen hoch und es stellen sich die alten Fragen: Hätte man das Unglück verhindern können? Gab es irgendwelche Anzeichen, auf die man hätte achten müssen?

Der Roman wird überwiegend aus zwei Perspektiven erzählt. Die des erwachsenen Toms und seines Onkels Malcolm. Das Unglück liegt zu diesem Zeitpunkt gut zwanzig Jahre in der Vergangenheit. Man spürt aber an den Reaktionen aller Haupt- und Nebenfiguren, dass es noch nicht komplett verarbeitet und vielleicht niemals vergessen sein wird. Die Bewohner des kleinen Ortes reagieren irritiert, als sie Tom wiedersehen und er spürt ihre Ablehnung teilweise deutlich. Rebecca Wait trifft dabei immer genau den richtigen Ton und wirft ihre Fragen sehr behutsam auf. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Carmen Buttjer: Levi, gelesen von Jasna Fritzi Bauer

Levis Mutter ist tot und unversehens findet sich der 11-Jährige auf ihrer Beisetzung wieder. Dabei hat ihm niemand jemals erklärt, dass Mütter sterben. Oder so junge Menschen. Levis Welt steht Kopf und er weiß nicht, wie er mit seinem Vater allein klarkommen soll. Kurzerhand haut er von der Besetzung mit der Urne seiner Mutter ab. Er versteckt sich mit ihr in der Nähe seines Wohnhauses und beobachtet die Lage. Das gibt ihm außerdem viel Zeit zum Nachdenken über das Geschehene der letzten Wochen.

Gelesen wird das Hörbuch zu Carmen Buttjers Roman „Levi“ von Jasna Fritzi Bauer. Obwohl die Figuren, aus deren Perspektive der Roman erzählt wird – allen voran Levi selbst –, allesamt männlich sind, ist die junge Frau doch eine gute Wahl als Sprecherin dieses Hörbuchs. Sie gibt Levi eine ganz besondere, nachdenkliche und verwirrte Stimme, die ins Ohr geht. Trotz der Perspektive eines 11-jährigen Jungen handelt es sich bei „Levi“ um keinen Kinder- und Jugendroman, sondern um Lektüre für Erwachsene. Der junge Protagonist regt zum Denken an und hinterfragt die Welt der Erwachsenen. In nur knapp 6 Stunden Lesung ist tatsächlich der ganze, ungekürzte Roman verpackt. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Laura McHugh: Im Sog der Schuld

17 Jahre ist es her, dass Arden zuletzt einen Fuß in ihre Heimatstadt gesetzt hat. Damals war sie selbst noch ein Kind und ihre Zwillingsschwestern verschwanden auf mysteriöse Weise als Kleinkinder. Seitdem plagen Arden die Gedanken an die beiden Mädchen. Leben sie etwa noch? Und welche Rolle spielte sie selbst bei ihrem Verschwinden? Als Arden das alte Haus der Familie erbt, beschließt sie, dort einzuziehen und der Sache genauer auf den Grund zu gehen, auch wenn das Geschehene schon so viele Jahre zurückliegt.

„Im Sog der Schuld“ ist ein leicht zu lesender Mystery-Roman. Thriller wäre schon fast zu viel gesagt, denn wirklichen Thrill gibt es kaum. Die kleinen Mädchen waren eines Nachmittags weg und Arden versucht sich an genaue Details zu erinnern. Damals wurde ein Mann verhaftet, dessen Auto Arden am Tatort, dem elterlichen Garten, gesehen hatte. Doch hatte er wirklich etwas mit der Sache zu tun? War sie als Kind noch felsenfest davon überzeugt, ist sie sich in der Gegenwart nicht mehr so sicher. Zusammen mit einem interessierten Blogger, der sich mit mysteriösen Vermisstenfällen aus der Vergangenheit befasst, begibt sich Arden deshalb auf Spurensuche. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Oliver Plaschka: Der Wächter der Winde

Menschen aus unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten kommen in einen Sturm und finden sich danach an einem ganz anderen Ort wieder. Der exzentrische Erfinder Ross erschuf einst jene „Welt unter dem Winde“, um seine Tochter vor der Mutter zu schützen. Doch mittlerweile ist Mira 17 Jahre alt und fühlt sich in dem kleinen von Wind umtosten Stückchen Land eingesperrt. Sie will fliehen und die Welt unter dem Winde hinter sich lassen. Als sie hört, dass mehrere Fremde in ihre Welt gekommen sind, ist sie begeistert. Nur weiß sie nicht, was sie mit der Information anfangen soll, dass sogar ihre eigene Mutter unter den unfreiwilligen Gästen ist.

Oliver Plaschkas Idee zu seinem neusten Roman ist klasse. Er interpretiert Shakespeares Klassiker „Der Sturm“ neu und macht daraus eine ideenreiche Fantasy-Story. Sie ist angereichert mit einer Vielzahl von Figuren und besteht vor allem anfangs aus ebenso vielen Handlungssträngen, die nur sehr dezent miteinander verbunden sind. Viele der Figuren haben Namen und Eigenschaften aus Shakespeares Theaterstück. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Ray Celestin: City Blues Quartett 02: Todesblues in Chicago

Chicago, 1928: Seit knapp zehn Jahren haben sich Ida und Michael nun in der Stadt niedergelassen. Sie führen ein kleines erfolgreiches Ermittlungsbüro und können an ihre Erfolge in New Orleans anknüpfen. Ihr neuster Fall führt die beiden in die Reihen der Schönen und Reichen, aber auch ins Drogen- und Alkoholmilieu der Stadt. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der jungen Verlobten, die eines Nachts einfach verschwunden ist, und dem Anschlag auf ranghohe Tiere der Unterwelt? Ida und Michael nehmen die Ermittlungen auf und verbünden sich mit neuen Menschen, die ihnen für die Recherchen wichtig sein könnten.

Ray Celestin gelang im Vorjahr mit „Höllenjazz in New Orleans“ in meinen Augen ein wahres Glanzstück. Den vorliegenden zweiten Band kann man auch unabhängig lesen. Er findet zeitlich später und in einer anderen Stadt statt. Es sei allerdings dringend empfohlen, den ersten Band ebenfalls zu lesen – er ist es mehr als wert! Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Lotte Elstad: Mittwoch also

Die 33-jährige Hedda lebt in Norwegen. Dort hat ihre Affäre eben die Beziehung beendet und Hedda, irgendwie aus dem Lot geraten deswegen, stürzt sich in eine Reise. Über Umwege führt diese Reise sie in die Arme des Berliners Milo. Die beiden haben einen One-Night-Stand, danach sieht Hedda ihn nicht wieder. Doch die Folgen der Nacht reichen weiter als gedacht. Hedda ist ungewollt schwanger. Beim Gynäkologen erfährt sie, dass sie bis zur Abtreibung eine Bedenkzeit in Kauf nehmen muss, um sich ihren Entschluss genau zu überlegen. Mittwoch also wird ihre Abtreibung endlich stattfinden können. Es sei denn, Hedda entscheidet sich dagegen …

Lotte Elstads Roman ist ungewöhnlich und anders. Ihre Protagonistin Hedda lebt minimalistisch und muss sich mit ihren Mitmenschen und der Generation, zu der sie gehört, auseinandersetzen. Gerade befindet sich ihr eigenes Leben in einer Krise. Sie ist 33 Jahre alt, hat keinen festen Job mehr, war sehr verliebt in ihren Verflossenen und Vermögen besitzt sie auch keines. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten: