Als ihre geliebte Oma Annelise am Tag ihrer Verlobung stirbt, weiß Marie nicht mehr, was sie tun soll. Ohne Oma macht das Aussuchen des Brautkleides keinen Spaß und bei Junggesellinnenabschied kommt es zum Streit. Im Nachlass ihrer Oma findet Marie Briefe von einem Paul aus Amrum, der Omas Jugendliebe gewesen zu sein scheint. Interessiert an der Geschichte der beiden, schreibt sie dem fremden Mann, der sicher um die 80 Jahre alt sein muss. Sie ahnt nicht, dass dessen Sohn, der ebenfalls Paul heißt, ihr alle Briefe beantwortet. Zwischen Arum und Hamburg entsteht eine rege Korrespondenz. Doch die Freundschaft gerät ins Wanken, als Marie den alten Paul besuchen will.
„All die Zeilen“ wird als große Liebe angekündigt, größer als das Meer. So toll romantisch und verliebt ist dieses Buch gar nicht! Aber doch macht es viel Spaß, es zu lesen! Abwechselnd berichten Marie und Paul (Junior) aus ihrem Leben. Sie steht kurz vor der Hochzeit mit einem erfolgreichen Anwalt, soll danach in die Familienkanzlei einsteigen und möglichst schnell ein paar Söhne in die Welt setzen. Er lebt mit der 7-jährigen Tochter Leonie auf Amrum im Haus seiner Eltern. Der Vater, Paul (Senior) lebt seit einiger Zeit im Altersheim und Leonies Mutter Inken ist vor einem Jahr einer schweren Krankheit erlegen. Als Witwer und alleinerziehender Vater hat Paul es nicht leicht auf der kleinen Insel, wo jeder jeden kennt. Aber er lässt sich nicht unterkriegen, versteckt seine Trauer so gut es geht und ist für seine kleine Tochter da. Die Briefe sind sowohl für Marie als auch Paul eine willkommene Abwechslung. Er hat erst Skrupel, sich als sein Vater auszugeben, dann gelingt es ihm aber doch, Marie als dieser zu schreiben.
Dieses Buch lehrt, Chancen zu ergreifen, statt sie sausen zu lassen. Das mag wohl die Grundaussage der Liebesgeschichte des alten Pauls und seiner Anneliese sein. Damit sie eine vernünftige Ehe eingehen kann, lässt er sie aufs Festland ziehen. Dies ist der Moment, in dem beide ihre Träume aufgeben und zumindest er nicht mehr zutiefst glücklich wird. Auch wenn das Gefühl fehlt, dass es sich bei der Liebe der beiden um etwas Riesengroßes gehandelt hat, ist dieser Roman doch überaus lesenswert. Der ständige Wechsel zwischen Paul und Marie, die kaum unterschiedlicher sein könnten, sorgt für angenehme Abwechslung und die Seiten fliegen nur so dahin.
Ein überaus netter Roman für schöne Lesestunden!
Sofie Cramer: All deine Zeilen.
rororo, April 2014.
400 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.