Erster Eindruck
Was erwartete mich, der ich von dieser Autorin die Bodenseetrilogie als Crossover von Liebes- und Detektivroman und einen historischen Roman kannte, bei einem Krimi? Wie von mir vorhergesehen, fand ich Spannung, Tiefgang und jede Menge Gefühl. Und nach dem ersten Drittel wurde der Roman zum Pagerturner. Sibylle Baillon schreibt die Krimi-Reihe unter dem offenen Pseudonym Sibilla Bellini.
Inhalt
Bellini gibt zu Beginn des Romans ihren Lesern Zeit, sich mit der Hauptfigur, der erfolgreichen Profilerin Ricarda Antonini anzufreunden. Nach ihrer Scheidung und einem Burnout kehrt Rica mit ihrer Tochter Mia von Mailand in ihr beschauliches Heimatstädtchen Bornico am Gardasee zurück. Doch ihr letzter Fall, an dem sie zerbrach, scheint sie einzuholen. Ein neuer brutaler Mord geschieht nach genau demselben rituellen Muster mit den gleichen Verstümmelungen des Opfers. So schließt sich Ricarda gezwungenermaßen ihrem Bruder an, der als Leiter einer Polizeieinheit den neuen Mord aufklären will und die Unterstützung einer professionellen Profilerin willkommen heißt. Doch auch der aktuelle Mord wird nicht der letzte bleiben, und alle haben eine Gemeinsamkeit, die in eine bestimmte Richtung weist. Je näher Ricarda dem Mörder kommt, umso tödlicher wird die Gefahr für sie selbst und ihre Tochter. Dadurch wird ein spannender Krimi zum Thriller.
Schreibstil
Wie ich es von Sibylle Baillons Romanen her kenne, spielen Gefühle auch in „Süßer Tod am Lago di Garda“ eine große Rolle. Ricardas Burnout, ihre Kindheit und die Sorge um Mia nehmen viel Raum ein. Zu recht, dem Leser werden persönliche Verknüpfungen zu den Morden vorgestellt, die er nicht ignorieren kann. Geschickt legt die Autorin Spuren zu Verdächtigen, von denen sich manche auf den ersten Blick als falsch zeigen. Doch sind sie es auf den zweiten Blick immer noch? Auch ich, der ich selbst Kriminalromane schreibe, hatte dieses Ende nicht vorhergesehen. Rückblenden, die sich anfangs nicht eindeutig Ricarda, den Mordopfern oder dem Mörder zuordnen lassen, regen zusätzlich dazu an, in Gedanken mit Ricarda zu ermitteln. Mit ihren Blicken auf den Gardasee erweckt Bellini romantische Gedanken, die sie mit einem Fingerzeig auf die Grausamkeit und auf Ricardas Befürchtungen sofort wieder zunichte macht. Mit Verbindungen zwischen Ricardas noch lebenden Kindheitsbekanntschaften und deren verdächtigen Handlungen sowie zwischen den Hinweisen auf die Ziele der Mordopfer und Mias offenbar damit übereinstimmendem Hang zieht Bellini die Leser in ihren Bann. Authentische Gefühle, lebendige Dialoge und der Wechsel zwischen der Leichtigkeit frühsommerlichen Urlaubsflairs und der Düsternis der Verbrechen machen den Roman zu einem spannend und leicht zu lesenden Roman mit Tiefgang.
Fazit
Mit „Süßer Tod am Lago di Garda“ eröffnet Sibilla Bellini eine Krimireihe, die mit Kurzweil und Spannung beste Unterhaltung für Krimifans verspricht. Nicht übersehen dürfen Leserin und Leser die Betonung auf die persönlichen Gefühle der Protagonistin, die wir auch aus den anderen Genres kennen, in denen die vielseitige Autorin schreibt. Der vorliegende Krimi hat mich begeistert. Setting und Handlung sind logisch, die Spannung wächst unaufhaltsam ihrem Höhepunkt entgegen, und trotz der Verbrechen macht die Betrachtung des Gardasees den Roman zu einem der sogenannten „blauen Bücher“, die Urlaubsstimmung verbreiten. Auch mir machte er Appetit auf mehr.
Sibilla Bellini: Süßer Tod am Lago di Garda (Krimi/Thriller)
Gmeiner, 11. Juni 2025
Taschenbuch, 384 Seiten, 14 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Michael Kothe.