Mitten in den 60er-Jahren starten die Zwillingsschwestern Isolte und Viola gemeinsam ins Leben. Die Abwesenheit eines Vaters nehmen sie kaum wahr, sind doch in der Kommune, in der sie mit ihrer Mutter leben, immer genügend Menschen um sie herum. Im Alter von zwölf Jahren tauschen sie das Kommunenleben gegen die Zurückgezogenheit der englischen Wildnis und leben mit ihrer Mutter im Wald. In der Nähe lernen sie die gleichaltrigen Zwillingsjungs John und Michael kennen. Die Freundschaft zwischen den Kindern ist ungebrochen und sie erleben zusammen zahlreiche Abenteuer. Doch dann passiert ein Unglück, das ihrer aller Leben für immer verändern wird.
Die Handlungsstränge von „Zertrennlich“ in knappe Worte zu fassen ist kaum möglich! In diesem Roman steckt so viel! Parallel zueinander wird das Leben der 12-jährigen Mädchen erzählt, aber auch aktuelle Erlebnisse aus dem Jahr 1987, als die Schwestern erwachsen sind und eine eigene Existenz aufgebaut haben. Dabei belastet sie nicht nur besagtes Unglück, sondern auch der nur wenige Zeit später stattgefunden habende Selbstmord der Mutter. Im Hier und Jetzt des Jahres 1987 lässt sich über Erfolg und Scheitern der Schwestern streiten. Isolte hat ihren Traum wahrgemacht und sich bei einem Magazin für Mode etabliert. Doch schnell wird klar, dass auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt. Viola hatte weniger Glück und befindet sich zurzeit auf einem ihrer vielen Krankenhausaufenthalte wegen ihrer Magersucht.
Saskia Sarginson beschreibt mit sehr viel Einfühlungsvermögen das Leben zweier Menschen, die einst eine Einheit waren. Für einen kurzen Moment, so leitet sie die Geschichte ein, seien sie sogar nur EIN Baby gewesen, ja für einen klitzekleinen Moment nur EIN Mensch. Dass diese Einheit viele Jahre später nur äußerlich den Anschein einer Trennung macht, wird schnell klar: Die Schwestern sind immer noch zutiefst miteinander verbunden, wenn auch vom Schicksal gezeichnet. Ihre Geschichte rührt an und ist toll erzählt, schwankt sie doch zwischen Hoffnung und Liebe, zwischen den Erwartungen auf ein tolles, interessantes Leben und der Resignation der jungen Erwachsenen, die in der Realität angekommen sind.
Die beiden Zeitschienen sind bestens aufeinander abgestimmt und immer gut auseinanderzuhalten. Durch die verschiedenen Perspektiven, weiß man zum einen immer, wer gerade erzählt, zum anderen helfen die verwendeten Zeiten, auseinanderzuhalten, ob man sich gerade in den Siebzigern oder Achtzigern aufhält. So entsteht ein Roman, der perfekt wirkt wie ein Kunstwerk. Toll geschrieben, interessant erzählt und mit zahlreichen kleinen und großen Aha-Momenten und Geheimnissen.
Eine wirklich tolle, empfehlenswerte Lektüre, die lange nachklingt!
Saskia Sarginson: Zertrennlich.
script 5, Juli 2014.
376 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.